Ratzeburg. Zahl der betrunkenen Autofahrer und Handynutzer am Steuer steigt weiter an. Stormarner Beamte wollen den Kontrolldruck erhöhen.
„Wir werden den Kontrolldruck weiter erhöhen.“ Die Worte von Stormarns Polizeichef Jürgen Funk klingen wie eine Kampfansage. Sie sind an Autofahrer gerichtet, die unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen fahren oder wegen ihres Handys abgelenkt sind. Denn immer häufiger zieht die Polizei insbesondere Handysünder aus dem Verkehr. 1073 Autofahrer sind im vergangenen Jahr in Stormarn von der Polizei mit ihrem Smartphone in der Hand erwischt worden. Das sind 414 mehr als im Vorjahr und damit eine Steigerung von gut 63 Prozent.
Wie viele Unfälle auf das Konto dieser Verkehrssünder gehen, wird statistisch nicht erfasst. „Wir vermuten jedoch, dass insbesondere bei den Bagatellunfällen, bei denen die Fahrer kurz abgelenkt waren, das Handy eine Rolle gespielt hat“, sagt Andre Lutz, Verkehrkehrsexperte bei der für den Kreis Stormarn zuständigen Polizeidirektion in Ratzeburg. Lutz hat zusammen mit Jürgen Funk, Leiter der Behörde, am Dienstag den Verkehrssicherheitsbericht 2018 in Ratzeburg vorgestellt.
6569 Unfälle (Autobahn nicht mitgerechnet) registrierte die Polizei auf Stormarns Straßen. Statistisch kommt es damit täglich zu 18 Verkehrsunfällen im Kreis. Im Vergleich zum Vorjahr sind es 235 Fälle mehr. Im Zehnjahresvergleich ist es sogar eine Steigerung um 2747 Unfälle (2009). Lutz: „Die Zunahme ist auf die S 3-Unfälle zurückzuführen, die heute statistisch besser bei der Polizei erfasst werden.“ Im Polizeijargon sind damit Bagatellunfälle gemeint, die zwar von der Polizei registriert, aber nicht aufgenommen werden.
Sieben Menschen sind bei Verkehrsunfällen gestorben
Auch der Anstieg gegenüber 2017 ist auf Parkrempler und ähnliche Zusammenstöße zurückzuführen. 5184 dieser Bagatellunfälle sind der Polizei 2018 gemeldet worden – 219 mehr als im Vorjahr. Erfreulich ist hingegen, dass die Zahl der Unfälle, bei denen Menschen verletzt oder gar getötet wurden, von 835 leicht auf 820 zurückgegangen ist. 875 (2017: 907) Verkehrsteilnehmer sind dabei leicht, 124 (135) schwer verletzt worden. Sieben Menschen sind auf Stormarns Straßen bei Verkehrsunfällen getötet worden, einer weniger als 2017.
Bei 65 Unfällen spielte Alkohol eine Rolle. Die Polizei hat damit zwar nur zwei Alkoholunfälle mehr als im Vorjahr aufgenommen, doch die Beamten wissen, wie tragisch solche Unfälle enden können. So kamen beispielsweise drei Männer im vergangenen Jahr auf der A 1 bei Lasbek ums Leben, weil sie ein betrunkener Fahrer mit seinem Auto von der Fahrbahn gerammt hatte. Ein Alkoholtest ergab, dass der Verursacher mit 1,7 Promille im Blut unterwegs war.
Um solche Unfälle künftig zu vermeiden, kündigt Polizeidirektor Jürgen Funk an, dass die Erkennung von alkoholisierten Autofahrern sowie denen, die unter dem Einfluss von Drogen unterwegs sind, ein Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit in diesem Jahr sein wird. „Genauso wie das Benutzen des Handys beim Autofahren“, fügt Funk hinzu und kündigt an, dass die Verkehrsüberwachung zu diesem Zweck personell aufgestockt werde.
Bezirksrevier bekommt zusätzliche Beamte
Das Bezirksrevier in Bad Oldesloe, das für Verkehrskontrollen zuständig ist, bekommt zwei zusätzliche Polizisten. „Zudem haben wir schon zwei große Schwerpunktkontrollen geplant“, sagt Andre Lutz.
2018 hat die Polizei 223 Autofahrer bei Kontrollen aus dem Verkehr gezogen, die mindestens 0,5 Promille im Blut hatten. In 148 Fällen hatten die Autofahrer sogar mindestens 1,1 Promille im Blut. 2017 wurden 193 Alkoholsünder bei Verkehrskontrollen angetroffen, 133 hatten 1,1 Promille oder mehr. Laut Jürgen Funk beobachtet die Polizei seit Jahren, dass die Alkoholpegel immer höher werden. In Ratzeburg wurde beispielsweise im November 2018 ein Lastwagenfahrer gestoppt, der 2,5 Promille im Blut hatte.
Ein weiterer Schwerpunkt der Polizei soll die Sicherheit von Radfahrern sein. Im vergangenen Jahr hat die Polizei 324 Unfälle registriert, bei denen ein Radfahrer beteiligt war, 32 mehr als im Vorjahr. 328 Menschen sind 2018 bei Fahrradunfällen verletzt, ein Radfahrer sogar getötet worden. In mehr als der Hälfte (190) dieser Unfälle war der Fahrradfahrer der Verursacher.
Senioren verursachten in einem Jahr 216 Unfälle
Bei knapp jedem fünften Fahrradunfall saß ein Kind auf dem Rad. Von diesen 70 Unfällen war in 38 Fällen der Junge oder das Mädchen Schuld an dem Unfall. „Um dämpfend auf dieses Unfallgeschehen einzuwirken, werden wir weiter an den Schulen Kinder fit für das Fahrradfahren machen“, sagt Jürgen Funk. So besuchen Verkehrslehrer der Polizei jede Grundschule in Stormarn und nehmen den Kindern eine Fahrradprüfung ab. Zudem beteiligen sich die Polizeibeamten an Ferienpassaktionen.
Ein weiteres Augenmerk legt die Polizei auf junge Autofahrer sowie Senioren. In einer gesonderten Statistik werten die Beamten deren Unfallbeteiligung aus. So waren bei den 1385 aufgenommen Unfällen im Kreis (ohne S 3) in 396 Fällen Senioren beteiligt. Bei 216 Unfällen waren die Autofahrer ab 65 Jahren auch die Verursacher. In 127 dieser Fälle waren die Senioren sogar älter als 75 Jahre. 145 Verkehrsteilnehmer wurden bei den von Senioren verursachten Unfällen verletzt, zwei starben. „Viele dieser Unfälle sind darauf zurückzuführen, dass die Reaktionszeit bei den Senioren deutlich länger ist“, sagt Andre Lutz und betont an dieser Stelle, dass in dieser Statistik Parkrempler und kleinere Unfälle nicht erfasst werden.
Bei 232 von der Polizei aufgenommenen Unfällen, also bei gut jedem sechsten, war ein junger Autofahrer zwischen 18 und 24 Jahren beteiligt. Bei mehr als der Hälfte (152) waren die Fahranfänger auch schuld. Verletzt wurden dabei 94 Menschen.
Sechs Menschen sterben auf den Autobahnen in Stormarn und Lauenburg
Die Unfälle auf den Autobahnen werden von der Polizei gesondert erfasst und fließen nicht in die Unfallstatistik für die Kreise ein. 2018 hat die Polizei auf der A 1, A 20, A 21, A 24 und A 25 in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg 1320 Unfälle gezählt und damit 368 weniger als 2017. 366 Menschen sind bei Unfällen auf den Autobahnen verletzt, sechs Menschen getötet worden. 2017 wurden 364 Menschen verletzt, fünf getötet. Bei 18 Unfällen war der Verursacher alkoholisiert, in elf Fällen stand der Autofahrer unter dem Einfluss von Drogen. Bei 215 Unfällen war ein Lastwagenfahrer beteiligt. Das sind 19 Prozent weniger als 2017. Häufigste Unfallursache auf Autobahnen ist laut Polizei nicht angepasste Geschwindigkeit. Zu geringer Sicherheitsabstand ist ein weiterer Grund für Unfälle auf den Autobahnen. 7032 Auto- und Lastwagenfahrer sind von der Polizei auf den Autobahnen kontrolliert worden. In 2933 Fällen hatte die Polizei einen Grund zur Beanstandung. In 1079 Fällen haben die Berufskraftfahrer ihre Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten.