Reinbek. Arzneimittelhersteller Allergopharma will Reinbek einen öffentlichen Weg abkaufen und ist jetzt ein Stück vorangekommen.

Der Arzneimittelhersteller Allergopharma ist seinem Ziel, der Stadt einen öffentlichen Weg abzukaufen und damit sein Betriebsgelände zusammenzuführen, ein Stück näher gekommen. Der Bau- und Planungsausschuss stimmte auf seiner jüngsten Sitzung dem städtebaulichen Vertragsentwurf sowie dem geänderten Entwurf des Bebauungsplanes zu. Dazu beschloss das Gremium im Zuge der Wegeänderung die Errichtung von drei Querungshilfen an der Hermann-Körner-Straße im Gewerbegebiet für Fußgänger und Radfahrer. Die Kosten dafür soll das Unternehmen tragen.

Für die 1969 gegründete Firma baute Mutterkonzern Merck vor rund zwei Jahren ein 42 Millionen Euro teures Produktionsgebäude, das von den Bestandsimmobilien durch eben jenen Pfad getrennt ist. Das neue Haus ist Grundlage für ehrgeizige Expansionspläne in den USA. Um eine Lizenz in Übersee zu erhalten für den Verkauf der Produkte, bedarf es einer Zusage der zuständigen Fachbehörde Food and Drug Administration (FDA). Diese, so argumentiert Allergopharma, werde nur bei einem geschlossenen Areal zustimmen. Einen Nachweis dafür bleibt die Geschäftsführung bis heute schuldig mit dem Hinweis, dass die Vorschriften in den USA nicht so detailliert formuliert sind wie in Deutschland.

Politiker Hans-Peter Puls zweifelt an Aussagen des Unternehmens

Der fraktionslose Stadtverordnete Klaus-Peter Puls glaubt den Ausführungen der Firma nicht. Er ist Jurist und hat sich schlau gemacht. Der Kommunalpolitiker sagt: „ Keine dieser Vorschriften ist einschlägig. Nach meiner Auffassung ist es nicht zwingend notwendig, den Weg einzuziehen.“ Dieser Meinung ist auch eine Bürgerinitiative, die für den Erhalt des öffentlichen Weges zwischen Herrengraben und Hermann-Körner-Straße kämpfte.

Weil es nicht schnell genug voranging, änderte Allergopharma seine Pläne und will nur den vorderen Teil des Weges kaufen, ab der Mitte auf dem eigenen Grundstück als Ersatz einen Privatweg schaffen bis zur Scholtzstraße, die in die Hermann-Körner-Straße mündet. Dieser soll für die Öffentlichkeit zugänglich sein – eine Variante, die auch in der Politik auf Gegenliebe stößt. „Allerdings muss das Unternehmen neben der Summe für den Weg auch alle Querungshilfen zahlen“, sagt Puls und bezieht sich damit auf den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan. Spielt Allergopharma da mit? „Für uns gilt immer noch der alte Sachverhalt, zwei Querungshilfen zu unterstützen“, so eine Unternehmenssprecherin. Einen Grundstückskaufvertrag gibt es noch nicht.

Kritisch begleitet auch die FDP das Verfahren. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Volker Dahms sagte, er habe Gerüchte gehört, wonach Allergopharma schon einen Lizensierungsantrag gestellt habe. Er sprach dabei bewusst im Konjunktiv, sagt aber: „Wenn die Zertifizierung im aktuellen Zustand erfolgt, kippt die Geschichte.“ Grünen-Fraktionschef Günter Herder-Alpen befürwortet das Projekt und betont, dass die Antragstellung reine Spekulation sei. „Sollte das aber zutreffen und eine Zusage erteilt werden, bevor unser Bauleitverfahren abgeschlossen ist, bin ich der Erste, der die Notbremse zieht.“ Auf Abendblatt-Nachfrage zu den Gerüchten teilte Allergopharma mit: „Ein Dossier für die Produktzulassung unseres neuen Präparats ist noch nicht eingereicht. Das ist für Anfang 2019 vorgesehen. Wir erwarten Inspekteure aus den USA spätestens sechs Monate danach.“

FDP will im Verkaufsfall Überbauungsverbot für den Weg beantragen

Der Liberale Dahms lehnt das Projekt nicht grundsätzlich ab. „Wenn die Firma unter den jetzigen Bedingungen prüfen lässt und es ein Veto der US-Behörde gibt, wird sich kein Kommunalpolitiker dem Vorhaben in den Weg stellen.“ Eines will er aber verhindern, sollte der Pfad verkauft werden: dass auf ihm zu einem späteren Zeitpunkt Gebäude entstehen. Der FDP-Politiker: „Zu gegebener Zeit werden wir einen Antrag auf Überbauungsverbot stellen.“

Allergopharma beschäftigt in Reinbek mehr als 400 Menschen und ist einer der größten Gewerbesteuerzahler der Stadt. Sie ist auf die Einnahmen von Betrieben angewiesen, um sich weiterzuentwickeln. Der Schuldenstand wird von aktuell 21 Millionen Euro voraussichtlich auf mehr als 30 im kommenden Jahr steigen. Unter anderem ist der Bau einer Feuerwache auf dem Grandplatz am Mühlenredder geplant. Später kommt noch die Sanierung und Erweiterung des Schulzentrums Mühlenredder hinzu. Dieses Projekt könnte bis zu 27 Millionen Euro kosten.