Ahrensburg. Experte erläutert der Politik die Bedeutung des wertvollen Areals. Doch Begeisterung kommt bei den Ausschussmitgliedern nicht auf.

Wie können mehr Menschen für die archäologischen, geologischen und natürlichen Schätze des Ahrensburger Tunneltals begeistert werden? Das herauszufinden war das Ziel einer 19.000 Euro teuren Machbarkeitsstudie, die die Hamburger Beratungsfirma fwi im Auftrag des Kreises erstellt hat. Doch die Begeisterung für die vorgeschlagenen Schritte hielt sich bei der Präsentation vor den betreffenden Ausschüssen des Kreises und der Stadt bei einem Großteil der Ahrensburger Politiker offenbar in Grenzen.

Vor etwa 15.000 Jahren jagten im Tunneltal späteiszeitliche Rentierjäger.
Vor etwa 15.000 Jahren jagten im Tunneltal späteiszeitliche Rentierjäger. © HA | Musé départemental de préhistoire de Solutré

Berater Andreas Konrath hob die Besonderheiten des Gebietes hervor: „Die Verbindung aus eiszeitlich geprägter Moorlandschaft, archäologischen Funden und das Naturschutzgebiet sind ein Alleinstellungsmerkmal“. Die Bedeutung sei archäologisch vergleichbar etwa mit den bei Helmstedt (Niedersachsen) gefundenen Schöninger Speeren (älteste Waffenfunde weltweit). „Um dieses enorme Potenzial heben zu können, ist zuerst einmal ein Konzept für eine einheitliche Präsentation nötig“, sagte Konrath, der einen Acht-Punkte-Plan vorstellte. Er beginnt mit einer Homepage, die das vorhandene, aber verstreute Angebot zum Tunneltal zusammenfassen soll. „Denn die Vermittlung eines Landschaftsraumes ist schwierig“. Das Problem: Dass das Moor von Gletschern geformt wurde, erschließe sich dem Betrachter nicht gleich, die Spuren späteiszeitlicher Rentierjäger seien nicht mehr sichtbar und Tiere wie der Kammmolch müssten vor Störung geschützt werden. Auch der Begriff Tunneltal allein sei nicht aussagekräftig genug für Außenstehende. „Er sollte nicht gestrichen, aber ergänzt werden“, sagte der Berater. „Am besten unter dem Leitthema Eiszeit“, sagte er und zeigte Bilder von Rentierjägern.

Informationsangebot könnte sukzessive ausgeweitet werden

Sukzessive hinzukommen könnten ein beschilderter Rundwanderweg, der mit Hilfe von QR-Codes auf dem Smartphone das historische Landschaftsbild sichtbar macht. Dazu Treffpunkte an den naheliegenden U-Bahnhöfen West und Ost, eine App und eine Wanderausstellung zum Beispiel im Schloss. Denkbar sei auch eine Aussichtsplattform, etwa an der im Zuge des S-Bahn-Ausbaus geplanten Brücke am Braunen Hirsch sowie ein Besucherzentrum. Während rund 20 Zuschauer klatschten, nahmen die anwesenden Politiker die Präsentation sehr unterschiedlich auf. Die Kreistagsabgeordnete Sigrid Kuhlwein (SPD) hatte die Studie mit initiiert. Sie sagte: „Anlässlich des Bahn-Ausbaus sollten wir das Thema diskutieren.“

Ihre Spuren entdeckte Alfred Rust bei Ausgrabungen im Jahr 1939.
Ihre Spuren entdeckte Alfred Rust bei Ausgrabungen im Jahr 1939. © HA | Ingo Clausen

Hintergrund ist, dass das archäologische Landesamt bei Grabungen im Zuge des Streckenausbaus weitere bedeutende Funde erwartet. CDU-Politiker Matthias Stern entgegnete: „Lasst uns das in der Stadt besprechen“. Er ließ durchblicken, dass die Diskussion in Ahrensburger Gremien gehöre. Christian Schubbert (Grüne) verwies auf die Schwierigkeiten zwischen einer stärkeren Erschließung und dem Naturschutz. Gerhard Bartel von der SPD brachte eine andere Idee ein: „Die neue S-Bahnstation könnte Tunneltal heißen.“ Für Berater Andreas Konrath ist der Naturschutz kein Ausschlusskriterium: „Sie müssen keine Angst haben, dass hier auf einmal Menschenmassen einfallen“, sagt der studierte Betriebswirt bei der Präsentation in der Stormarnschule.

Kreispolitikerin mit Diskussion unzufrieden

Sigrid Kuhlwein zeigte sich nach Ende der Sitzung unzufrieden: „Ich hatte mir ein stärkeres Interesse aus Ahrensburg gewünscht“, sagte sie dem Abendblatt. Berater Konrath hofft, mit seiner Studie die Grundlage für weitere Diskussionen gelegt zu haben. Sagt aber: „Wobei mir auch ein bisschen die Aufbruchsstimmung in der Sitzung gefehlt hat.“ Weitergehende Punkte wie das Besucherzentrum habe er bewusst nur als Möglichkeit formuliert. „Das ist eine Langfristig-Perspektive“, wenngleich es sie an anderen Orten von ähnlicher Bedeutung gebe.

Bürgermeister Michael Sarach zeigte sich dennoch angetan von der Studie: „Sie gibt viele Ansatzpunkte, die wir aber erst einmal sacken lassen müssen.“ Was dann geschehe, sei eine politische Entscheidung. Stormarns Kreiskulturreferentin Tanja Lütje sagt: „Auf dieser Basis kann Ahrensburg entscheiden, was es tun will.“ Das Gespräch der beteiligten Akteure sei eine Chance, gemeinsam aktiv zu werden. „Ich kann aber auch damit Leben, wenn die Stadt das nicht will“, so Lütje.

Naturschutz erschwert touristische Erschließung

© HA | Marc R. Hofmann

Für CDU-Mann Stern ist eine touristische Erschließung aus Naturschutzgründen ausgeschlossen: „Der Wanderweg und die Beschilderung müssen attraktiver werden, aber vor allem für unsere Bürger.“ Nicht versanden lassen will der Bildungsausschussvorsitzende Christian Schubbert die Diskussion. „Ich habe das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung setzen lassen.“ Möglichst bis Frühjahr, wenn die neue Moorwanderwegbrücke fertiggestellt wird, soll es ein erstes Konzept geben. Bedingung für die 50-prozentige Förderung durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sind Infotafeln, die auf die Besonderheiten des Gebiets hinweisen.

Die Mitglieder der Interessengemeinschaft sind einen Schritt weiter. Während die Politik noch berät, haben sie eine in Eigenregie erstellte Website online gestellt: www.tunneltal.de