Was kommt im nächsten Jahr auf Sie zu? Was sind die bedeutenden Projekte vor Ihrer Haustür? Das Abendblatt gibt einen Überblick.
Der Job des Bürgermeisters in Ahrensburg erforderte 2015 forciertes Multitasking. Neben seinen alltäglichen Amtsgeschäften musste Michael Sarach mit seiner Verwaltung, unterstützt von der Politik, die Unterbringung vieler Flüchtlinge bewältigen. Außerdem führte der Bürgermeister im Herbst „nebenbei“ noch den Wahlkampf um das Bürgermeisteramt. 2016, am Beginn seiner zweiten Amtszeit, wird er sich vor allem um zwei Themen kümmern: die zusätzlichen Flüchtlinge und die Großprojekte, die Ahrensburg zukunftsfähig machen sollen. Zudem steht er vor der Herausforderung, den defizitären Haushalt auszugleichen.
1 Der neue Flächennutzungsplan soll Ahrensburgs Zukunft definieren
Im neuen Flächennutzungsplan, der 2016 verabschiedet werden und bis etwa 2030 gültig sein soll, werden die Ziele der Stadtentwicklung abgesteckt. Der Plan soll zum Beispiel festlegen, welche Grundstücke in Ahrensburg bebaut werden dürfen, welche für Gewerbe geeignet sind und welche als Grünflächen unbebaut bleiben sollen. Schwerpunkte sind die sogenannte Innenverdichtung, der Bau von Wohnraum, auch bezahlbarem, sowie eine Modernisierung der Innenstadt.
2 Rathaussanierung startet: Von oben nach unten, von innen nach außen
Probebohrungen haben gezeigt, dass der Beton in sehr gutem Zustand ist. Die Sanierung beginnt 2016 mit Brandschutzmaßnahmen, dem Bau einer Fluchttreppe und Sicherheitstüren. Danach wird Etage für Etage, von oben nach unten, von innen nach außen, abgearbeitet, wahrscheinlich bis 2017.
3 Neue Modelle zur Unterbringung von Flüchtlingen überregional diskutieren
Zurzeit werden Ahrensburg jede Woche 15 bis 20 Flüchtlinge zugewiesen. Ende 2015 leben hier 400. Laut aktueller Prognose wird es vorerst so weitergehen. Unterkünfte gibt es am Bornkampsweg, am Reeshoop, an der Langen Koppel, in der alten THW-Unterkunft am Weinberg, in der Schulturnhalle Fritz-Reuter-Straße, demnächst auch im früheren Gemeindehaus der St. Johanneskirche an der Rudolf-Kinau-Straße. Kapazitäten, mit denen die Stadt bis zum Frühjahr über die Runden kommen will. Der Bürgermeister will mit dem Innenministerium, dem Kreis und Nachbargemeinden Modelle diskutieren, wie zusätzlicher sozialer Wohnraum geschaffen werden könnte, zum Beispiel in Kooperation mit Genossenschaften oder in einem gemeinsamen Projekt.
4 Drei zusätzliche Stellen für die Arbeit mit Flüchtlingen wurden bewilligt
Die Verwaltung ist durch die zusätzliche Arbeit für die Flüchtlinge überlastet. Deshalb hat die Politik drei zusätzliche befristete Stellen bewilligt für Mitarbeiter, die sich vor allem um Wohnangelegenheiten der Asylbewerber kümmern. Der Bürgermeister sagt aber auch, dass die Aufgaben ohne das starke Engagement der Bürger nicht zu schaffen wären. Deshalb hofft er, dass dieser Einsatz anhält.
5 Alte Reitbahn: Politik soll über eine Bebauung entscheiden
Zwei Interessen- und Investorengruppen konkurrieren um die Bebauung der Alten Reitbahn. Beide planen ein Kino. Die Firma P & B Bau Consulting will das Kino in ein Wohn- und Geschäftsgebäude an der Alten Reitbahn integrieren, die Konkurrenten wollen ein Kino an Stelle des sanierungsbedürftigen Edeka-Marktes an der Bahnhofstraße bauen und einen größeren Supermarkt mit zusätzlicher Wohn- und Gewerbebebauung an der Alten Reitbahn errichten. Anfang des Jahres wird es eine Empfehlung für das eine oder andere Projekt geben, dann muss die Politik entscheiden, wer den Zuschlag bekommt, aber auch über die Frage des weiteren Verfahrens, also über eine Anhandgabe oder einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan.
6 Ein neuer Eigentümer ist bei der Entwicklung des Lindenhofs im Spiel
Der Bau verzögert sich, weil noch kein vorhabenbezogener Bebauungsplan vorliegt. Das dürfte daran liegen, dass ein Käufer ins Spiel kommt, für den der Baukonzern Hochtief als Eigner nach bewährter Methode einen Neubau entwickelt, der „maßgeschneidert“ sein soll.
7 Badlantic: Die Frage nach Neubau oder Sanierung wird entschieden
Das Badlantic ist sanierungsbedürftig, vor allem aus energetischen Gründen. 2015 musste die Stadt, seit einem Jahr alleiniger Eigentümer, 1,7 Millionen Euro Verlust ausgleichen. Im November empfahl ein Gutachter, auf kleinerer Fläche neu zu bauen. Die Politik diskutiert das fraktionsintern und entscheidet wohl im Frühjahr, ob saniert oder neu gebaut wird. Egal wie, die Erneuerung dürfte bis 2020 dauern.
8 Ahrensburg hat den Breitbandausbau in eigener Regie gestartet
Ahrensburg hat vor drei Jahren im Gewerbegebiet Nord und am Erlenhof den Breitbandkabelausbau begonnen und will 2016 auch die Vermarktung des Angebots in städtischer Regie starten. Bürgermeister Sarach sieht das schnelle Internet als Standortfaktor mit hoher Priorität. 2020 soll der Ausbau in Ahrensburg abgeschlossen sein.
9 Neue Verhandlungen über die Nordtangente mit Delingsdorf
Das Uralt-Thema einer nördlichen Umgehung wird durch den neuen Flächennutzungsplan wieder aktuell. Ahrensburg hat erneut Gespräche mit der Nachbargemeinde Delingsdorf aufgenommen, über deren Gebiet Teile der Tangente führen würden. Der Bürgermeister hofft, die Delingsdorfer mit der Aussicht auf ein neu zu erschließendes Gewerbegebiet, von dem auch sie profitieren würden, für Ahrensburgs Pläne zu gewinnen. Ob das gelingt, sollte Mitte 2016 geklärt sein.
10 Arbeitsgruppe soll zeigen, wie sich die Marke Ahrensburg verkaufen lässt
Die Lenkungsgruppe für das Stadtmarketing, der alle Interessengruppen angehören, hat Interessen sowie Wünsche formuliert. Eine Arbeitsgruppe definiert jetzt konkrete Inhalte für die Marke Ahrensburg. Danach soll schon bald über geeignete Partner und Maßnahmen entschieden werden.
11 Haushaltsdefizit hat die Erhöhung von Steuern zur Folge
Stoff für politische Kontroversen bietet der Entwurf des Haushalts für 2016. Demnach ist ein Defizit von 5,26 Millionen Euro im Ergebnishaushalt zu erwarten, 5,5 Millionen Euro für dringende Investitionen sollen über Kredite finanziert werden. Das Defizit wird vor allem mit einem Einnahmeausfall bei der Gewerbesteuer von mehr als fünf Millionen Euro erklärt, aber auch mit der zusätzlichen Belastung durch das Finanzausgleichsgesetz. Ob sich für die vorgeschlagenen Steuererhöhungen eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung findet, ist fraglich.
12 Im Frühjahr beginnt die Erschließung des Gewerbegebiets Beimoor-Süd
In Sachen Gewerbesteuer hofft Ahrensburg auf die zügige Erschließung und Vermarktung der Flächen in Beimoor-Süd. Die Stadt hat das neue Gewerbegebiet für rund sieben Millionen Euro an die Vermarktungsprofis der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) verkauft. Die WAS übernimmt auch die etwa ebenso hohen Kosten der Erschließung, mit der im Frühjahr begonnen werden soll.
DAS SAGEN DIE BÜRGER
„Häuser sind superteuer“
Melanie Seidler, 32, Sonderschulpädagogin: „Ich bin durch mein Referendariat nach Ahrensburg gekommen und so glücklich, dass ich nicht wieder weg will. Wir leben seit fünf Jahren hier. Die Stadt hat alles, was man braucht. Und sie ist schön grün. Außerdem können wir durch die gute Bahnverbindung auch das kulturelle Angebot in Hamburg nutzen. Schwierig ist es allerdings, als junge Familie bezahlbaren Wohnraum zu finden. Wir wohnen zur Miete, würden aber gern ein Haus kaufen, doch das ist in Ahrensburg superteuer. Auch bei der Betreuungssituation gibt es noch Verbesserungsbedarf. Der Betreuerschlüssel in Krippen und Kitas könnte besser sein. Wir haben für unsere zweieinhalb Jahre alte Tochter Glück gehabt, weil sie einen Platz in einer kleinen Krippe bekommen hat. Aber ich weiß von anderen Eltern, dass ihre Kinder in zu großen Gruppen mit zu wenig Personal sind.“
„Katastrophale Radwege“
Gisela Krickhahn, 72, Rentnerin: „Ich wohne seit 1975 in Ahrensburg. Ich lebe eigentlich gern in der Stadt, ärgere mich aber über einiges. Hier wird vieles über Jahre diskutiert, aber es passiert dann nichts. Nehmen Sie die Radwege als Beispiel dafür. Schon lange ist die Rede davon, dass das Netz ausgebaut werden soll. Die Realität sieht aber so aus, dass viele Radwege in einem katastrophalen Zustand sind oder so unsinnig geplant wurden, dass sie im Nirgendwo enden. Ich versuche trotzdem, die meisten Wege mit dem Fahrrad zu machen, aber das ist oft beschwerlich und auch gefährlich. Ich ärgere mich auch über so offensichtliche Missstände wie am Eingang vom CCA, wo die frühere Ladenfläche von Fisch Schloh seit Jahren leer steht. So etwas ist keine gute Werbung für unsere Stadt. Noch haben wir in der Innenstadt eine schöne Auswahl an Geschäften – aber wir müssen aufpassen.“
„Chancen besser nutzen“
Jörg Boy, 60, Inhaber von Delikatessen Boy: „Mich stört, dass Diskussionen immer weiter fortgeführt werden, dass man aber oft nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Das führt dazu, dass jahrelang über Themen wie Innenstadtkonzept, Stadtmarketing oder Nordtangente geredet wird, aber Entscheidungen ausbleiben. Schade ist auch, wenn Chancen ungenutzt bleiben. An den Adventssonnabenden fiel mir auf, dass viele Auswärtige bei uns eingekauft haben. Einige klagten darüber, dass viele Geschäfte in der Stadt schon am frühen Nachmittag geschlossen waren. Es wäre gut fürs Image, wenn das einheitlicher geregelt wäre. Als positiv habe ich empfunden, dass eine neue Generation von einheimischen Kunden kommt, etablierte junge Familien. Das ist ein gutes Zeichen für den Ahrensburger Einzelhandel. Gefallen hat mir das große ehrenamtliche Engagement für Flüchtlinge.“
Was wurde aus den Projekten der Agenda 2015?
Nicht alles, was Ahrensburg sich für 2015 vorgenommen hatte, wurde auch umgesetzt. Das prestigeträchtigste Projekt aber, die Sanierung des Schlosses, konnte nach sechs Jahren vollendet werden. Die Modernisierung von Gebäude und Park kostete etwa 3,5 Millionen Euro. Nach der feierlichen Wiedereröffnung aller Räume erscheint das Schloss prachtvoller denn je.
Ein halbes Jahr dauerte die Sanierung des Ende Oktober wiedereröffneten Parkhauses Alter Lokschuppen. Statt der veranschlagten 2,3 Millionen Euro wurden nur etwa zwei Millionen ausgegeben. Nach der Erneuerung des Betons, dem Verlegen einer neuen Elektrik und Beleuchtung ist das Parkhaus deutlich benutzerfreundlicher.
Zumindest eine Verbindung stellt die marode Brücke am Moorwanderweg zuverlässig her: die von einem Haushalt zum nächsten. Im dritten Jahr in Folge wurde der für den Brückenneubau veranschlagte Betrag wegen der Haushaltsdefizite gestrichen und aufs kommende Jahr verschoben. Auch 2016 steht nur Geld für Ausbesserungen zur Verfügung, damit die Brücke nicht gesperrt werden muss.
Der etwa 4,9 Millionen Euro teure Neubau an der Grundschule am Reesenbüttel startet jetzt erst in den Sommerferien 2016 und soll im Sommer 2017 beendet sein. Der Bau- und Planungsausschuss hat dem Bau von Sozialwohnungen an der Kastanienallee bereits zugestimmt. Gespräche mit Investoren werden geführt, ein vorhabenbezogener Bebauungsplan soll vorbereitet werden. 2017 könnte Baubeginn sein.
Noch wirkt es eher alibimäßig, dass ein mühsam gestützter Teil der historischen Fassade der alten Klinik an der Manhagener Allee noch steht, doch das Bauprojekt mit 29 Wohneinheiten dahinter dürfte im Jahr 2016 fertig werden.
Am 30. September war Bürgermeisterwahl. Nach einem fairen Wahlkampf lag Amtsinhaber Michael Sarach (SPD) mit 46,1 Prozent vor Christian Conring (CDU, 37,6 Prozent) und Jörg Hansen (Grüne, 16,4 Prozent). In der Stichwahl am 11. Oktober wurde Sarach mit 55,2 Prozent der abgegebenen Stimmen wiedergewählt. Seine zweite Amtszeit beginnt am 1. Mai 2016