Reinbek. Drei Doggen sind in Reinbek nahe der A24 ausgesetzt worden. Wer kennt diese Rassehunde und wem gehören sie? Es gibt einen Verdacht.

Plötzlich standen sie mitten auf dem Feldweg: drei Deutsche Doggen. Ausgewachsene Rüden können auch schon einmal ein Lebendgewicht von 90 Kilogramm und eine Schulterhöhe von 90 Zentimeter erreichen. Diese Rasse gilt eigentlich als sehr menschenbezogen. Nicht so dieses von ihren Menschen verlassene Trio: Ihr Finder konnte sie absolut nicht anlocken und schon gar nicht berühren. Deshalb alarmierte er die Polizei und diese schließlich die Tierrechtsorganisation Einhorn.

Den Tierschützern gelang es gemeinsam mit der Kreisveterinärin, die drei halbwüchsigen und dennoch imposanten Vierbeiner einzufangen. „Einer der beiden Rüden ist sehr unterwürfig, ihn konnten wir ins Auto locken. Den anderen beiden konnten wir irgendwann endlich ein Halsband anlegen“, berichtet Karen Schönbrodt, Gründerin und seit fast 30 Jahren Leiterin der Tierrechtsorganisation. Ihr war sofort klar, dass die drei ihren Besitzern nicht weggelaufen, sondern ausgesetzt worden waren.

Drei Junghunde einfach in der Feldmark ausgesetzt

„Ihr Verhalten zeigte eindeutig, dass sie überhaupt nicht wussten, wo sie sind. Sie haben gewartet“, sagt sie und hofft darauf, dass sich jemand meldet, der Näheres weiß. Denn: „Wer hat schon drei Doggen?“, stellt sie fest. „Das fällt doch auf, wenn die auf einen Schlag nicht mehr da sind.“ Sie geht allerdings davon aus, dass die Täter nicht aus Reinbek kommen. „Deshalb werden wir ohne die Medien bei der Suche nach ihnen nicht weiterkommen.“

Die Tiere sind weder registriert noch gechippt. Ihr Verdacht: „Jemand hat geglaubt, mit den Rasse-Welpen viel Geld machen zu können. Das hat aber nicht geklappt und als der Welpenbonus herausgewachsen war, kosteten diese drei nur noch Geld“, vermutet sie. Die Tierärztin schätzt das Alter der Hunde anhand der Zähne und des Körperbaus auf eineinhalb Jahre.

Eine Dogge braucht ein Kilogramm Futter pro Tag

„Einer der Hunde frisst pro Tag etwa ein Kilogramm Fleisch oder Trockenfutter“, erläutert Schönbrodt. „Das heißt, so ein Hund kostet in diesem Alter 100 Euro pro Monat allein für das Futter – anstatt Geld einzubringen.“ Auf den Onlineplattformen werden Doggenwelpen für 1600 bis 2600 Euro angeboten, erwachsene Tiere kosten weniger als 1000 Euro.

Die Tierschützerin ist sicher: „Mit denen ist noch nie jemand spazieren gegangen. Daisy und Leevi haben sich erst einmal platt auf den Boden gelegt, nachdem wir ihnen die Halsbänder angelegt hatten. Offenbar kannten sie das überhaupt noch nicht.“ Einhorn kümmert sich im Auftrag der Stadt um Reinbeks Fundtiere, 50 sind es etwa im Laufe des Jahres. Mit den Tieren, die abgegeben wurden, leben um die 170 Tiere in der Herberge am Senefelder Ring, die meisten davon, etwa 60, sind Katzen, außerdem 60 Kleintiere, 45 Vögel sowie acht Hunde. Als Fundtiere leben auch die drei jungen Hunde jetzt erst einmal dort.

Rüde Milo ist sehr schüchtern. Mit den anderen beiden Doggen versteht er sich nicht mehr.
Rüde Milo ist sehr schüchtern. Mit den anderen beiden Doggen versteht er sich nicht mehr. © Karen Schönbrodt | Tierrechtsorganisation Einhorn

Einhorn hat die Junghunde chippen und impfen lassen

Glücklicherweise gibt es zwei Quarantäne-Stationen für Hunde in der Tierherberge, wo die Doggen getrennt untergebracht werden konnten. Die Hunde-Youngster wurden nach der Grunduntersuchung zuerst gechippt und vorsichtshalber geimpft. Schönbrodt bedauert, dass die Gesetzgeber bisher noch keine Chippflicht durchgesetzt haben.

„Für Hunde gibt es eine Meldepflicht“, erklärt die Tierfreundin. „Das Tier kann aber nur gemeldet werden, wenn er auch gechippt ist. Daher haben wir als Fundtiere weitaus mehr Katzen als Hunde. Zurzeit haben wir acht Hunde aufgenommen.“ Den Besitzer der Doggen scheint dies allerdings ohnehin nicht interessiert zu haben, da er auch der Meldepflicht nicht nachgekommen ist.

Erziehung der halbwüchsigen Hunde wird nachgeholt

Allerdings leben die Doggen nicht mehr als Trio bei Einhorn. „Leider mobbt die Hündin den kastrierten Rüden, den wir Milo getauft haben“, erzählt die Tierfreundin. „Die schwarz-weiß gefleckte Daisy weist ihn immer wieder zurück. Nur Leevi, den anderen lackschwarzen Rüden mit weißer Brust, duldet sie in ihrer Nähe. Die beiden haben sich auch schon recht gut eingelebt, sie spielen miteinander und albern auch mal herum.“ Sie stärkten sich gegenseitig.

Ganz anders stehe es um Milo, der voller Ängste sei. „Er sucht die Nähe zu den beiden anderen, aber Daisy lässt das nicht zu“, hat Karen Schönbrodt beobachtet. Die Ehrenamtlichen von Einhorn versuchen jetzt, einiges an Erziehung nachzuholen, was bei den Dreien offenkundig bisher versäumt worden ist, gewöhnen sie an Halsband und Leine und zeigen ihnen, dass die Menschen mit ihnen auch spazieren gehen wollen.

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Kosten für den Tierschutz sind immens gestiegen

Das Ziel ist, die drei an Menschen zu vermitteln, die Erfahrung mit Hunden haben und ausreichend Platz für die bewegungsfreudigen Doggen haben. „Ideal wäre ein Haus mit Garten in ländlicher Umgebung“, erklärt Karen Schönbrodt. „Denn wenn diese Hunde bellen, wird es ziemlich laut.“ Aktuell wäre es den Ehrenamtlichen am liebsten, wenn Daisy und Leevi ein gemeinsames Zuhause finden, damit sie ihre gerade wiedererlangte Sicherheit behalten.

Auch die Tierschützer haben mit den Kosten zu kämpfen: Neben dem erhöhten Mindestlohn, den enorm gestiegenen Energiekosten von monatlich etwa 900 auf knapp 1600 Euro sowie den teils um 100 Prozent gestiegenen Futterkosten – der Preis für eine Dose Katzenfutter etwa ist von 0,49 auf einen Euro gestiegen – beschert die im November 2022 in Kraft getretene Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) Preiserhöhungen von bis zu 160 Prozent.

Spenden für die Vierbeiner sind willkommen

Spenden braucht die Tierrechtsorganisation daher gerade jetzt mehr denn je. „In der Vergangenheit hatten wir so viele Futterspenden erhalten, dass wir diese teilweise weiter gespendet haben“, erzählt Karen Schönbrodt. „Beispielsweise an Auffangstationen in Polen und in der Ukraine. Jetzt aber sind auch unsere Regale leer.“ Der Verein ist unter Telefon 0171/5360631 erreichbar.

Am Sonntag, 8. Oktober, eröffnet Einhorn (Senefelder Ring 46) daher einen Tier-Shop, in dem Interessierte von 14 bis 18 Uhr gespendetes Zubehör und Utensilien – neu und gut erhalten – für ihre geliebten Vierbeiner zugunsten der Einhorn-Schützlinge kaufen können. Der Tier-Shop öffnet jeden ersten Sonnabend im Monat von 13 bis 15 Uhr. Der Verein arbeitet größtenteils ehrenamtlich. Er beschäftigt einen Tierpfleger in Vollzeit sowie eine Auszubildende.