Ahrensburg. 26-Jähriger soll die behinderte Frau an Brüsten, Gesäß und im Intimbereich unsittlich berührt haben. Doch es gibt erhebliche Zweifel.

Vor dem Amtsgericht Ahrensburg ist am Donnerstag der Fall eines Pflegehelfers verhandelt worden, der sich an einer Patientin sexuell vergangen haben soll. Laut Anklage soll der 26 Jahre alte Patrick T. (Name geändert) die 41-Jährige aus Großhansdorf bei einem Besuch im September 2021 an den Brüsten, am Gesäß und im Intimbereich angefasst und sexuelle Handlungen vorgenommen haben.

Der Mitarbeiter eines ambulanten Pflegedienstes hatte die Betreuung der Frau, die unter einer spastischen Behinderung leidet, demnach erst einen Tag zuvor übernommen. Seine Aufgabe sei es gewesen, der Geschädigten am Morgen aus dem Bett in den Rollstuhl zu helfen, sie zu waschen und anzukleiden.

Prozess: Pflegehelfer soll sich an Patientin sexuell vergangen haben

Als er eine wunde Stelle am Oberkörper der 41-Jährigen mit einer Creme behandelt habe, habe T. mit beiden Händen nach ihren Brüsten gegriffen und diese mehrere Minuten lang massiert, obwohl sie ihn dazu aufgefordert habe, das zu unterlassen. „Er hat gesagt, dass ich eine schöne Frau bin“, sagte die Patientin vor Gericht. Auch andere Komplimente zu ihrem Körper soll T. ihr gemacht haben.

In ihrer Aussage bei der Polizei hatte die Frau angegeben, der 26-Jährige habe ihr zudem den Intimbereich gestreichelt und ihr einen Klaps auf das Gesäß gegeben. Daran wollte sich die 41-Jährige im Gerichtssaal aber nicht mehr mit Sicherheit erinnern.

Der 26-Jährige stand laut Zeugenaussagen unter Drogeneinfluss

Sie habe ihren damaligen Lebensgefährten, der sich in einem Nachbarzimmer aufhielt, zur Hilfe gerufen, der den Pflegehelfer weggeschickt habe. Für sie beide sei klar gewesen, dass T. unter Drogeneinfluss gestanden habe.

„Er war gar nicht bei sich, total überdreht“, so die Großhansdorferin. Er habe geweitete Pupillen gehabt. „Der war vollkommen zugekifft“, sagte der Lebensgefährte. Außerdem habe T. nach Cannabis gerochen. T. wurde nach Angaben der Leiterin des Pflegedienstes infolge des Vorfalls fristlos gekündigt. „Er war insgesamt nur eine gute Woche bei uns tätig“, sagte sie.

Auch andere Kunden des Pflegedienstes hatten sich beschwert

Der Pflegehelfer sei auch in anderem Zusammenhang negativ aufgefallen. „Uns haben mehrere Beschwerden von Kunden erreicht, die den Verdacht hatten, dass er Drogen konsumiert“, so die Vorgesetzte des Angeklagten. Ein daraufhin von der Polizei vorgenommener Drogentest habe „auf THC und mehrere andere Substanzen“ angeschlagen.

Doch während der Verhandlung kamen auch Zweifel am Tatgeschehen auf, begonnen bei zahlreichen Widersprüchen zwischen den Aussagen der 41-Jährigen und ihres Lebensgefährten. Etwa in der Frage, wann genau die Großhansdorferin ihren Partner zur Hilfe rief und wie dieser wiederum seine Freundin im Zimmer vorfand.

Zwischen den Aussagen der Frau und ihres Partners gibt es Widersprüche

Der 57-Jährige gab an, seine Partnerin sei unbekleidet gewesen, er habe ihr BH und T-Shirt angezogen. Die Frau selbst hingegen sagte, T. habe sie vollständig angezogen und einen BH habe sie wegen der wunden Stelle zu dem Zeitpunkt gar nicht getragen.

Während der Vernehmung der Großhansdorferin wurde bekannt, dass inzwischen auch gegen den damaligen Lebenspartner ermittelt wird. Die 41-Jährige hat ihn angezeigt, wirft ihm vor, sie Anfang des Jahres missbraucht zu haben.

Der 26-Jährige beteuert vor Gericht seine Unschuld

Patrick T. beteuerte unterdessen seine Unschuld. „Ich habe ganz normal meine Arbeit gemacht“, sagte der 26-Jährige erkennbar aufgelöst. Seinen Beruf habe er gern und mit viel Herz ausgeübt. T. gab zu, ein Drogenproblem zu haben. „Ich rauche ab und an einen Joint, aber nicht bei der Arbeit“, sagte er.

Zurzeit versuche er, vom Drogenkonsum loszukommen und sei in einer Substitutionsambulanz in Behandlung. Ob er noch weitere Stoffe neben Cannabis konsumiere, sagte der 26-Jährige nicht. Allerdings sei er schon mehrfach wegen psychischer und Drogenprobleme stationär behandelt worden. Ein psychiatrischer Gutachter bescheinigte dem Angeklagten aufgrund des Betäubungsmittelkonsums eine mutmaßlich verminderte Schuldfähigkeit.

Verteidigerin spricht von Unklarheiten und fordert Freispruch

Für Verteidigerin Lena Alpay-Esch waren die Beweise angesichts der vielen Widersprüche und Unklarheiten nicht ausreichend für eine Verurteilung ihres Mandanten. Auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft deutete an, auf einen Freispruch zu plädieren.

Einen solchen Schritt wollte das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Ulf Thiele nicht mitgehen. Zumindest für das Massieren der Brüste gebe es glaubwürdige Anhaltspunkte, das restliche Tatgeschehen bleibe aber zweifelhaft. Thiele schlug auch angesichts der psychischen Beeinträchtigung des Angeklagten vor, das Verfahren einzustellen.

„Diese Option sieht die Strafprozessordnung für den Fall vor, wenn die Möglichkeit einer Straftat im Raum steht, diese aber nur mit einer geringen Schuld verbunden wäre“, erklärte er. Dem konnten die anderen Verfahrensbeteiligten folgen.