Hoisdorf/Großensee. Das Interesse an den Sensationsfunden ist nach wie vor riesig. Unterwasserarchäologe hält erneut einen Vortrag über die Schiffswracks.

Der Großensee: Viele kennen das bis zu 17 Meter tiefe Gewässer als Badesee, Ausflugsort und Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Doch dass er darüber hinaus ein mehr als hundert Jahre altes Geheimnis hütet, war lange nicht bekannt. Entsprechend sorgten die Sensationsfunde der Schiffswracks in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten für großes öffentliches Interesse.

Bereits vor Jahrzehnten hatte eine Tauchersportgruppe auf dem Grund des 73 Hektar großen Gewässers zwei historische Boote entdeckt. Eines von ihnen war über neun Meter lang und gut erhalten. 2012 war es erstmals von Wissenschaftlern untersucht worden. Allerdings wurde die Erforschung damals vorzeitig abgebrochen, weil das Landesamt anderen Projekten höhere Priorität beimaß.

Elmar Klemm hat die Wracks im Auftrag des Archäologischen Landesamts erforscht

Dem Großenseer Elmar Klemm ist es zu verdanken, dass man dem Ursprung der Wracks auf die Spur gekommen ist. Er ließ nicht locker. Im Auftrag des Archäologischen Landesamtes hat der ehrenamtliche Unterwasserarchäologe dann doch viele Tauchgänge im Großensee gemacht. In Zusammenarbeit mit erfahrenen Vertretern der norddeutschen Wracktauch-Szene wurden insgesamt fünf Bootswracks im Großensee aufgespürt.

Die Sonderausstellung im vergangenen Jahr zeigte die aus dem Großensee geborgenen Gegenstände – unter anderem einen der Anker.
Die Sonderausstellung im vergangenen Jahr zeigte die aus dem Großensee geborgenen Gegenstände – unter anderem einen der Anker. © Juliane Minow

Zwei fast zehn Meter lange Kähne sind Relikte eines Fischereibetriebs, der bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Sie sind vermutlich nach der Stilllegung des Unternehmens 1935 im Großensee versenkt worden. Nachdem die Forschergruppe im Herbst 2020 eines der Wracks umfassend untersucht hatte, war sie im März 2021 auf ein weiteres gestoßen, dessen Alter die Verantwortlichen auf etwa 100 Jahre geschätzt hatten.

„Auch bei diesem Boot handelt es sich um einen Fischerkahn, einen sogenannten Nachen“, so Klemm. Jene Boote seien früher häufig zum Fischfang genutzt worden. Fortbewegt wurden sie mutmaßlich durch Rudern oder Staken. „Das zweite Wrack ist mit 8,75 Metern Länge und 1,35 Metern Breite geringfügig kleiner als das erste“, sagt Klemm. Bei beiden Booten handele es sich um Holzkonstruktionen mit Metallbeschlägen.

Eigentümer der Kähne war wahrscheinlich ein Fischereibetrieb

Das erste Wrack war auf das Baujahr 1901 datiert worden. „Wir haben noch eine Flasche mit Glasprägung gefunden“, sagte Klemm im Frühjahr 2021. Sie stamme aus einer Ahrensburger Brauerei, die vermutlich in den 1920er-Jahren existiert habe. „Das passt zumindest in den zeitlichen Kontext.“

Klemm und sein Team gingen damals auch der Frage nach dem zweiten Wrack nach – ein Mysterium, das die Forscher unbedingt hatten lösen wollen. „Die Mitglieder der Tauchsportgruppe, die das erste Wrack entdeckt haben, haben immer behauptet, dass es noch ein zweites gebe“, sagte der Unterwasserarchäologe. Lange hatte davon jede Spur gefehlt.

Im vergangenen Jahr wurden die Forschungsergebnisse in einer Ausstellung präsentiert

Entdeckt hat Klemms Team die Überreste ganz in der Nähe des ersten Wracks. „Es liegt etwa 42 Meter weiter nördlich im Uferbereich.“ Das Wasser sei dort besonders flach, dies könne ein Grund dafür sein, dass das Boot lange nicht entdeckt wurde. Mit dem Fund des zweiten Wracks wurden die Untersuchungen der Forschergruppe im Großensee im Frühjahr 2021 abgeschlossen. Schon damals war klar, dass man die Ergebnisse in einer Ausstellung präsentieren möchte. Seinerzeit hatte man das Ende der Corona-Pandemie abwarten wollen.

Unterwasserarchäologe Elmar Klemm hat die Untersuchungen geleitet. Er zeigt die 3D-Simulation eines Bootswracks aus dem Großensee auf seinem Computer.
Unterwasserarchäologe Elmar Klemm hat die Untersuchungen geleitet. Er zeigt die 3D-Simulation eines Bootswracks aus dem Großensee auf seinem Computer. © Filip Schwen

Im vergangenen Jahr wurde das interessante Kapitel Regionalgeschichte mit einer Ausstellung im Stormarnschen Dorfmuseum in Hoisdorf erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es war die erste Sonderausstellung in der Einrichtung nach einer zweijährigen pandemiebedingten Zwangspause. „Wir freuen uns sehr, dass wir wieder durchstarten können und dann auch noch mit so einem spannenden Thema“, sagte damals Museumsleiter Klaus Bustorf.

Der Vortrag von Elmar Klemm wird wegen des großen Interesses erneut angeboten

Von August bis Oktober war eine Sonderausstellung zu sehen. In zwei großen Vitrinen wurden Fundstücke ausgestellt, darunter viele Haushaltsgegenstände wie Keramiken und Töpfe. Sie wurden vermutlich auf einer seinerzeit bewirtschafteten Insel im Großensee genutzt, stammen schätzungsweise aus der Zeit zwischen 1770 und 1800. Auch 3D-Modelle, Infoplakate und ein umfassendes Begleitprogramm gehörten zur Sonderausstellung.

Projektleiter Klemm arbeitet im kaufmännischen Bereich. Privat hat er allerdings einen Sporttaucherschein und verschiedene Fortbildungen zum Thema Unterwasserarchäologie gemacht, ist auch im Verband Deutscher Sporttaucher aktiv ist. Er hielt unter anderem im März dieses Jahres den Vortrag „Der Großensee gibt sein Geheimnis preis: Faszinierende Tauchgänge im Großensee und Einblicke in die Unterwasserforschung“. Seinerzeit war das Interesse riesig. Wegen der starken Nachfrage konnten längst nicht alle Anmeldungen berücksichtigt werden.

Doch nun die guten Nachrichten für alle, die damals leer ausgegangen sind, und weitere Interessierte: Der Vortrag wird erneut angeboten. Auf Einladung des Heimatbundes Stormarn spricht Elmar Klemm im Stormarnschen Dorfmuseum über seine Arbeit als ehrenamtlicher Unterwasserarchäologe. Dabei wird er auch die jahrhundertealte Fischereigeschichte beleuchtet.