Ahrensburg. Benjamin Stukenberg (40) übernimmt höchstes Amt in der Schlossstadt. Was er anders machen möchte als seine Vorgänger.
Es ist nicht nur eine Premiere für Ahrensburg, sondern auch für den Kreis Stormarn: Mit Benjamin Stukenberg bekleidet seit Mitte Juni erstmals ein Grüner den Posten des Bürgervorstehers. Zuvor war das Amt des höchsten Repräsentanten der Stadt zwei Jahrzehnte lang in der Hand der CDU. Wird mit dem Wechsel des Parteibuchs in der Hand des Bürgervorstehers nun alles anders?
Nein, sagt Stukenberg. „Das Amt des Bürgervorstehers ist vor allem repräsentativ“, so der 40-Jährige. Da spiele die Parteifarbe eine untergeordnete Rolle. „Ich bin Vertreter der Stadt und ihrer Bürger und denke, dabei ist es wichtig, eine gewisse Überparteilichkeit zu bewahren“, sagt Stukenberg, der in seiner Funktion auch den Vorsitz in der Stadtverordnetenversammlung führt.
Benjamin Stukenberg ist der erste grüne Bürgervorsteher in Ahrensburg
Dennoch wolle er dem Posten seinen eigenen Anstrich verleihen. „Ich möchte Menschen zusammenbringen und die Bürger stärker einbinden“, sagt Stukenberg. Roland Wilde, der von 2012 bis zu seinem Tod im Juni 2022 Bürgervorsteher war, habe das Amt geprägt wie kaum ein Anderer. „Er hat den Posten ausgefüllt wie einen Vollzeitjob. Das werde ich nicht leisten können.“
Im Gegensatz zu Wilde und zu Matthias Stern, der anschließend übernahm, ist Stukenberg voll berufstätig. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker ist als Teamleiter im Bereich E-Commerce für ein großes Logistikunternehmen mit Sitz in Münster tätig. Das Ehrenamt schultert er nebenbei.
Junges Alter und Berufstätigkeit sieht der 40-Jährige als Vorteile
„Ich habe Vertrauensarbeitszeit, bin überwiegend im Homeoffice“, sagt Stukenberg. Das gebe ihm die nötige zeitliche Flexibilität. Dennoch verlagerten sich offizielle Termine nach Möglichkeit eher in den späten Nachmittag oder Abend. Und auch seine beiden Stellvertreter, Michaela Knaack (CDU) und Markus Kubczigk (SPD), möchte Stukenberg stärker mit einbeziehen.
Sein im Vergleich mit den Vorgängern junges Alter und seine Berufstätigkeit sieht der Ahrensburger nicht als Nachteil, im Gegenteil. „Ich stehe mitten im Leben und kann vielleicht auch stärker die Perspektive junger Menschen einnehmen“, sagt der Grüne. Er wolle dem Klischee entgegenwirken, dass Kommunalpolitik nur von Senioren gemacht werde.
Stukenberg ist seit 18 Jahren in der Kommunalpolitik aktiv
Erfahrung bringt der 40-Jährige reichlich mit. In der Ahrensburger Politik ist er quasi schon ein alter Hase. Seit 2005 vertritt er die Grünen im Werkausschuss der Stadt, der für die Belange des Bauhofs und der Stadtentwässerung zuständig ist. Nach der Kommunalwahl 2018 wurde Stukenberg als Nachrücker Stadtverordneter, nachdem zwei andere Grüne auf ihr Mandat verzichtet hatten.
18 Jahre lang gehörte er dem Werkausschuss an, erst jetzt, mit der Wahl zum Bürgervorsteher, hat er sich zurückgezogen. „Damals hat die Fraktion jemanden gesucht, der sie als Bürgerliches Mitglied in dem Ausschuss vertritt“, erzählt Stukenberg. „Wegen meines technischen Hintergrunds als Informatiker hat man mich gefragt, und seitdem bin ich dabei.“
Der Vater ist seit Jahrzehnten überzeugtes FDP-Mitglied
Ein Jahr zuvor war der Ahrensburger bei den Grünen eingetreten. Es sei vor allem der damalige grüne Bundesaußenminister Joschka Fischer gewesen, der ihn mit seiner pragmatischen Politik zum Parteieintritt inspiriert habe. Die Nähe zu den Grünen war Stukenberg keineswegs in die Wiege gelegt. Vater Michael ist seit den 1960er-Jahren überzeugtes FDP-Mitglied. Bis zur Kommunalwahl am 14. Mai saß der Senior für die Liberalen im Ahrensburger Stadtparlament. „Auch wenn es natürlich mal die eine oder andere Meinungsverschiedenheit gibt, ein Problem war das nie“, sagt Stukenberg junior.
Auch seinem Vater liege der Klima- und Umweltschutz am Herzen. „Er betont gern, dass die FDP die erste Partei war, die ein umweltpolitisches Programm hatte.“ Für den neuen Bürgervorsteher, der seit seiner Geburt in Ahrensburg lebt, waren grüne Themen schon als Kind wichtig, wie er sagt. „Ich wollte immer die Welt retten“, erzählt Stukenberg schmunzelnd. Auch die Waldorfschule in Hamburg-Farmsen, die er besuchte, habe Wert auf eine naturnahe Bildung gelegt.
Termine möchte der neue Bürgervorsteher mit dem Fahrrad wahrnehmen
Ahrensburger werden den Bürgervorsteher künftig häufiger auf dem Fahrrad sehen. „Ich verzichte auf das Auto, wo es geht, und werde Termine wenn möglich per Fahrrad wahrnehmen.“ Sein Auto habe er im vergangenen Jahr nur 2000 Kilometer bewegt. Kein Wunder, dass ihm vor allem die Verbesserung der Radinfrastruktur in seiner Heimatstadt am Herzen liegt.
Den Ausbau der Veloroute über den Katzenbuckel zum U-Bahnhof Ahrensburg West mit dem Mini-Kreisverkehr am Wulfsdorfer Weg, in den Fahrradfahrer gleichberechtigt mit Autofahrern einfahren und die Straße queren können, sieht Stukenberg als Vorbild. „Das Befriedigende an der Kommunalpolitik ist, dass man direkt Anregungen einbringen und vor Ort sehen kann, wie sich etwas verändert“, sagt er.
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Die Politik ist nicht der einzige Bereich, in dem sich der Ahrensburger ehrenamtlich engagiert. Zusätzlich ist er beim Technischen Hilfswerk (THW) aktiv – und das bereits seit 21 Jahren. „Ich habe mich 2002 für sechs Jahre verpflichtet, um dem Wehrdienst zu entgehen“, erzählt er. „Und es hat mir so gut gefallen, dass ich geblieben bin.“
Beim Elbehochwasser 2003 füllte Stukenberg in Lauenburg Sandsäcke
Einer der ersten großen Einsätze mit dem THW war beim Elbehochwasser 2003. „Ich war noch in der Grundausbildung, als wir angefordert wurden, um in Lauenburg Sandsäcke zu füllen.“ Inzwischen übernehme er als Verwaltungsbeauftragter vor allem administrative Aufgaben. Auch wenn es nun voraussichtlich zeitlich enger werde, möchte er versuchen, weiterhin beim wöchentlichen Training vorbeizuschauen.
Wenn neben all den Ehrenämtern noch Zeit übrig bleibt, ist der neue Bürgervorsteher auf den zahlreichen Wald- und Wanderwegen anzutreffen. „Ich laufe gern und regelmäßig.“ Einmal im Jahr absolviert er den Halbmarathon in Hamburg. „Das hat inzwischen Tradition.“
Wahlsieg der Grünen kam für den 40-Jährigen überraschend
Dass er einmal Bürgervorsteher werden würde, damit hat Stukenberg bis zum Wahlabend am 14. Mai nicht gerechnet. „Ich habe zwar schon ein gutes Ergebnis für die Grünen erwartet, weil wir in Ahrensburg immer deutlich stärker waren als im Bundes- und Landestrend. Aber dass wir stärkste Kraft werden könnten, habe ich nicht gedacht.“ Nicht nur das: Stukenberg holte in seinem Wahlkreis Heimgartenschule I auch das Direktmandat.
Als feststand, dass die Grünen die Wahl in Ahrensburg gewonnen und damit die Aufgabe hatten, einen Bürgervorsteher vorzuschlagen, habe die Suche nach einem geeigneten Kandidaten begonnen. Stukenberg brachte die notwendige zeitliche Flexibilität mit, konnte außerdem bereits Erfahrung in der Leitung von Sitzungen vorweisen. Der Ahrensburger ist seit 2007 Kreisvorsitzender der Grünen und hat bereits sowohl durch Kreisparteitage als auch als Präsidiumsmitglied durch Landesparteitage geführt. Als die Fraktionsspitze ihn fragte, habe er kurz überlegt, dann aber gesagt: „Ich traue mir das zu.“
An der Stormarnschule hielt der neue Bürgervorsteher seine erste offizielle Rede
Viel Zeit zum Einfinden in das neue Amt hatte Stukenberg indes nicht. Schon kurz nach seiner Wahl besuchte der 40-Jährige als Teil einer Delegation mit dem ebenfalls neu gewählten Stellvertretenden Bürgermeister Klaus Korte (CDU) Ahrensburgs Partnerstadt Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern – selbstverständlich per Fahrgemeinschaft. „Dort war ich erstmal nur Zuhörer.“ Seine erste offizielle Rede hat der neue Bürgervorsteher bei der Abitur-Entlassungsfeier der Stormarnschule gehalten.