Ahrensburg. Politiker sind gegen die Pläne der Deutschen Bahn, sechs Meter hohe Mauern in Ahrensburg zu bauen und sehen Gefahr für Kammmolche.
Die fünf in der Ahrensburger Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen haben gemeinsam fristgerecht Einwendungen zum zweiten Planfeststellungsabschnitt (PFA2) für den Bau der neuen S-Bahnlinie 4 eingereicht. Grüne, CDU, SPD, FDP und Wählergemeinschaft WAB listen auf 17 Seiten Bedenken und Fragen zum rund 9,5 Kilometer langen Abschnitt zwischen der Luetkensallee in Hamburg und der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein auf. Ein wichtiger Aspekt, der auch für den PFA3 (Landesgrenze bis Ahrensburg-Gartenholz) große Bedeutung haben könnte: Es wurden offenbar nicht alle Alternativen zu sechs Meter hohen Lärmschutzwänden geprüft.
Auch für den Ahrensburger Stadtbereich sind Sechs-Meter-Wände vorgesehen, die im Zentrum transparent sein sollen. „Das ist doppelt so hoch wie die Berliner Mauer“, sagt der Stadtverordnete und WAB-Vorsitzende Detlef Steuer, der die Einwendungen im Namen aller anderen Orts- und Fraktionsvorsitzenden unterzeichnet hat. Diese optische Teilung durch den Lärmschutz hat in der Schlossstadt bereits viele Diskussionen ausgelöst.
S4-Lärmschutz für Ahrensburg: Reichen 1,32 Meter hohe Noise Breaker?
Das Ahrensburger Team hat den mehr als 5200 Seiten starken PFA2-Antrag durchgearbeitet. „Es gibt viele Bürger mit Fachwissen, die uns unterstützt haben“, so Steuer. So fiel auf, dass niedrigere Schallschutzwände mit einer Höhe von nur 1,32 Meter nicht geprüft worden sind. Das System mit dem Namen Noise Breaker steht nahe an den Gleisen, erlaubt einen freien Blick und einen problemlosen Zugang für Rettungskräfte. Laut Hersteller haben die Aluminiumelemente auf Betonsockeln hervorragende Schalldämpfungseigenschaften.
Die Kritik: Die Deutsche Bahn habe in erster Linie die Wirkung von hohen konventionellen Schallschutzwänden untersucht und in geringerem Maße die Wirkung von Schienenschutzdämpfern, Schienenstegabschirmungen und „Besonders überwachten Gleisen“ (BÜG). Niedrige Schallschutzwände mit 53 und 74 Zentimetern seien als ungeeignet verworfen, die 1,32-Meter-Variante aber nicht berücksichtigt worden.
Auch ein Tempolimit könnte zur Lärmreduzierung beitragen
Die Ahrensburger nennen auch weitere Maßnahmen wie Kunststoffschwellen, Schwellenbesohlung, Kunsthohlschwellen, Unterschottermatten, Masse-Federsysteme und Flüsterbremsen. „Der kombinierte Einsatz all dieser Mittel sollte, gerade auch im Hinblick auf den PFA3 und das spezielle Ahrensburger Lärmschutzproblem, ausführlich und nicht ausschließlich unter Kostengesichtspunkten geprüft werden“, so die Forderung. Das häufig genannte Kosten-Nutzen-Prinzip sollte für die historische Substanz der Ahrensburger Innenstadt kein Argument sein. Steuer: „Zusätzlich könnte auch ein Tempolimit für weniger Lärm sorgen.“
Diskrepanzen wurden bei den für 2030 prognostizierten Zugzahlen entdeckt. Mal sind 389 Züge täglich in den Unterlagen zu finden, dann wieder 352. „Unter dem Strich wird es in jeder Stunde 20 Minuten für Mensch und Tier störenden Zuglärm geben“, sagt Detlef Steuer. Bei jedem vorbeifahrenden Personenzug sei mit einer Minute zu rechnen und bei jedem Güterzug mit zwei Minuten.
Rechnerisch fährt alle 3,7 Minuten ein Zug vorbei
Die Aussage der Bahn, „dass der Schienenverkehr im Unterschied zum Dauerlärm stark befahrener Straßen eine Abfolge von sehr intensiven Schallereignissen von jeweils kurzer Dauer erzeugt“, ist aus Ahrensburger Sicht fehlerhaft. Das gelte auch für die Folgerung, dass für die meisten Brutvogelarten die festgestellte Wirkung des Schienenverkehrslärms derjenigen von schwach befahrenen Landstraßen entspreche.
Die Ahrensburger Gruppe sieht das anders. Rechnerisch fahre alle 3,7 Minuten ein Zug – auch durch die Naturschutzgebiete Höltigbaum und Tunneltal. Ihr Fazit: „Es handelt sich daher nicht um vergleichsweise kurze Störzeiten, sondern um eine dauernde Lärmbelastung, die akustisch keineswegs mit schwach befahrenen Landstraßen zu vergleichen ist.“ Die DB Netz wird aufgefordert, die Auswirkung dieser permanenten Lärmbelastung auf die Tierwelt zu untersuchen.
Lärmschutzwände sollten im erschütterungsfreien Verfahren errichtet werden
Lärmschutzwände in den Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH) werden aus Ahrensburg grundsätzlich abgelehnt. Sollten sie in Teilen nicht zu umgehen sein, sollte zur Gründung ausschließlich das erschütterungsfreie Drehdruckverfahren verwendet werden – ebenso im gesamten Ahrensburger Stadtgebiet. Für die FFH-Gebiete sollte zudem Lärmschutz durch begrünte Erdwälle untersucht werden.
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Auch an der Objektivität von einzelnen Gutachten kommen aus Ahrensburg Zweifel. „Viele Studien sind schon sehr optimistisch“, sagt Steuer. Ein Beispiel seien die Kammmolche. Aus internationalen Studien über Umsiedlungen dieser Tiere gehe einheitlich hervor, dass in aller Regel größere Verluste zu erwarten seien.
Für Kleintiere und Amphibien müsse es zudem Möglichkeiten zur gefahrlosen Querung des künftig etwa 40 Meter breiten Schotterbetts geben. Dazu sollten ausreichend Tunnel unter den Gleisen geschaffen werden oder auch Wildbrücken.
Wiedereinfädelung auf zwei Gleise ab Gartenholz könnte Güterzug-Staus auslösen
Ein weiteres großes Problem zeichnet sich im PFA3 ab: die Wiedereinfädelung des gesamten Zugverkehrs auf die beiden Bestandsgleise hinter der Haltestelle Ahrensburg-Gartenholz. „Dort ist ein Nadelöhr programmiert“, sagt Detlef Steuer. Logistikunternehmen hätten bereits auf die Gefahr von Staus für Güterzüge hingewiesen. Dies sei Ende des Monats sogar Thema bei einem Symposium in Lübeck.
Die S4, die nach jüngsten Schätzungen 1,8 Milliarden Euro kostet, soll ab 2029 zwischen Bad Oldesloe, dem Hamburger Hauptbahnhof und Altona pendeln. Von Hasselbrook bis Ahrensburg werden auf 17 Kilometern zwei zusätzliche Gleise gebaut und bis zum Stadtteil Gartenholz auf drei Kilometern ein weiteres Gleis. In der Hauptverkehrszeit ist ein Zehn-Minuten-Takt bis Ahrensburg vorgesehen. Bis Bargteheide fahren die Züge durchgängig im 20-Minuten-Rhythmus und bis Bad Oldesloe einmal die Stunde.
Umweltausschuss Ahrensburg Mi 14.6., 19.30, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9