Ahrensburg. Nein zu Sechs-Meter- Lärmschutzwänden, Güterzüge auf Ausweichstrecken: Stadt beteiligt sich doch am Verfahren auf Hamburger Gebiet.
Nach langem Hin und Her beteiligt sich die Stadt Ahrensburg nun doch am aktuellen Genehmigungsverfahren zum Bau der neuen Bahnlinie S 4. Die Stadtverordneten haben einstimmig beschlossen, Bedenken gegen den rund 9,5 Kilometer langen zweiten Planfeststellungsabschnitt (PFA 2) zwischen der Luetkensallee in Hamburg und der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein einzureichen. Inhaltliche Basis ist eine Resolution zu dem 1,8-Milliarden-Euro-Projekt, die das Gremium schon Ende 2017 verabschiedet hatte.
Vertreter von Grünen, CDU, SPD, FDP und Wählergemeinschaft WAB hatten das weitere Vorgehen bei Treffen erarbeitet. „Wir bringen unsere Einwendungen als Anrainer ein, denn die Hamburger Stadtgrenze geht direkt bis Ahrensburg“, sagte Detlef Steuer (WAB), der den Antrag stellvertretend für alle Fraktionen erläuterte.
Ahrensburg hat doch Einwendungen zum Bau der S 4 auf Hamburger Gebiet
Für die Kommunalpolitiker steht fest, dass die Entscheidungen im zweiten Abschnitt präjudizierend für die weiteren Umsetzungen im PFA 3 sind, der von der Landesgrenze auf Ahrensburger Gebiet bis zum Bahnhof Gartenholz reicht. „Wir möchten erreichen, dass die Bahn sich bereits jetzt zu unseren Einwendungen äußert“, heißt es in dem Schreiben, das sämtliche Fraktions- und Ortsvorsitzenden von Grünen, CDU, SPD, FDP und WAB sowie Bürgervorsteher Matthias Stern (SPD) unterzeichnen werden.
Ein Kernpunkt im zweiten Abschnitt ist der Bau von zwei zusätzlichen Gleisen bis zur Grenze Hamburg–Ahrensburg. Die dürften kaum im Nichts enden. Im dritten Abschnitt sollen diese Zusatzgleise über die neue Station Ahrensburg West bis zum Regionalbahnhof weitergeführt werden. Bis zum Gartenholz ist ein weiteres Gleis geplant. Von dort bis nach Bargteheide und Bad Oldesloe soll die S 4 auf den beiden bestehenden Gleisen rollen.
Innenstadt und Tunneltal sollen von hohen Lärmschutzwänden frei gehalten werden
Die Auslegung der Unterlagen für den PFA 3 wurde mehrfach verschoben. Frühester denkbarer Termin ist jetzt nach den Sommerferien, die bis Ende August dauern. Sobald das Datum feststeht, wird Ahrensburg eine Einwohnerversammlung zum Thema einberufen.
Eine Kernforderung der Stadt ist der weitgehende Verzicht auf sechs Meter hohe Lärmschutzwände, die den Ort zweiteilen würden. Der 450 Meter lange Innenstadtbereich zwischen Bahnhof und Manhagener Allee sowie das gesamte Naturschutzgebiet Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal sollen von mehr als einen Meter hohen Wänden frei gehalten werden – bei gleichbleibendem Lärmschutz.
Bis zu 835 Meter lange Güterzüge sollen andere Strecken nehmen
„Wir haben beispielsweise entdeckt, dass die Bahn nur einen 75 Zentimeter hohen Lärmschutz untersucht hat und dann gleich auf sechs Meter gesprungen ist“, sagte Detlef Steuer. Andere Möglichkeiten wie 1,20 Meter hohe Mauern seien gar nicht geprüft worden. Für die ehrenamtlichen Stadtverordneten sei es eine Herausforderung, die 5000 Seiten umfassenden Unterlagen durchzuarbeiten. „Deshalb appellieren wir auch an die Bürger, weitere Sachen mitzuteilen, die uns betreffen“, so Steuer. Bis zum 12. Juni muss die Stellungnahme bei der Behörde für Wirtschaft und Innovation in Hamburg vorliegen.
- Fabian Harloff singt Stormarn-Lied mit Kita-Chor
- Ahrensburgs Grüne übernehmen die Führungsrolle
- Reihenhäuser statt Kleingärten- Plan gestoppt
Die zweite Hauptforderung aus Ahrensburg lautet, den gesamten Kreis Stormarn vom Fern- und Güterverkehr, der nicht das Ziel Hamburg hat, „signifikant zu entlasten“. Mit Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels werden deutlich mehr Bahnen die Vogelfluglinie nutzen, darunter auch bis zu 835 Meter lange XXL-Züge. Die Ausweichroute Lübeck–Büchen–Lüneburg sollte durchgängig elektrifiziert und teilweise zweigleisig ausgebaut werden. Außerdem könnte der Güterverkehr teilweise über die Osttrasse Lübeck–Bad Kleinen–Stendal geführt werden.
Rechtsgutachten betont, dass das Ortsbild bestmöglich geschont werden muss
Die Ahrensburger stützen ihre Argumentation auf ein Rechtsgutachten, das bei der Dortmunder Partnergesellschaft BSU Legal in Auftrag gegeben wurde. Der Fachanwalt kommt zu dem Schluss, dass sich Ahrensburg gegen eine Beeinträchtigung des Stadtbilds, der Strukturen und Prägung der Stadt durch sechs Meter hohe Lärmschutzwände auf die verfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung berufen kann. Die Planung müsse das Ortsbild bestmöglich schonen.
„Beschränkungen des Baus von Schallschutzwänden lassen sich grundsätzlich durch anderenfalls drohende Beeinträchtigungen des Ortsbilds, Verschattungen und Sichtbeeinträchtigungen rechtfertigen“, schreibt Anwalt Bernd H. Uhlenhut. Und weiter: „Angesichts der Bedeutung der Sichtachsen für die Prägung der Stadt Ahrensburg kann das einen (teilweisen) Verzicht auf Lärmschutzwände, niedrigere Wände, transparente Elemente oder sogar eine Verlegung der Strecke in eine tiefere Lage oder einen Tunnel rechtfertigen.“
S 4 soll auch in Wochenendnächten durchgehend fahren
Im jüngsten Bau- und Planungsausschuss hatte es noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Politik und Verwaltung über das weitere Vorgehen gegeben. Das Rathaus hatte betont, sich als sogenannter Träger öffentlicher Belange (TOB) erst im dritten Bauabschnitt auf eigenem Gebiet zu beteiligen. Alles andere sei nicht sinnvoll. Das wiederum kritisierten die Parteien: Das Rathaus habe sich zu wenig vorbereitet und die Politik nicht ausreichend informiert.
Die S 4 soll ab 2029 zwischen Bad Oldesloe, dem Hamburger Hauptbahnhof und Altona pendeln. In der Hauptverkehrszeit ist ein Zehn-Minuten-Takt bis Ahrensburg vorgesehen. Bis Bargteheide fahren die Züge durchgängig im 20-Minuten-Rhythmus und weiter bis Bad Oldesloe einmal die Stunde. Für die Wochenendnächte ist bis Rahlstedt ein 20-Minuten- und in Stormarn ein 60-Minuten-Takt geplant.