Ahrensburg. CDU wird als stärkste Partei abgelöst. Ex-Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) gewinnt Direktmandat.
Es ist so etwas wie ein Generationswechsel in der Ahrensburger Stadtverordnetenversammlung. Die Grünen, in den vergangenen fünf Jahren bei vielen Entscheidungen der Juniorpartner der CDU, haben bei der Kommunalwahl die bislang größte Fraktion stimmenmäßig überholt. „Das hat selbst uns total überrascht, damit haben wir vorher überhaupt nicht gerechnet“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin Nadine Levenhagen.
Die Tochter des langjährigen CDU-Fraktionschefs Detlef Levenhagen – er hatte den Posten im Januar an Wolfdietrich Siller abgegeben – ist auch persönlich durchaus ein passendes Symbol für die veränderten Machtverhältnisse. Sie sieht einen Grund für den Erfolg im bürgeroffenen Dialog ihrer Partei. „Jeder, der sich mit einem Anliegen an uns gewandt hat, hat auch eine Rückmeldung bekommen“, sagt sie.
In Ahrensburg überholen die Grünen erstmals die CDU
Zudem hätten die Kandidaten „an fast jeder Haustür“ geklingelt, um sich persönlich vorzustellen. Andererseits sei die Partei auf Facebook und Instagram äußerst aktiv gewesen. So gewannen die Grünen im Vergleich zu 2018 fast 500 Stimmen hinzu und sogar fünf Wahlkreise direkt (Stefan Gertz, Elke Dullweber, Christian Schubbert, Lasse Thieme, Benjamin Stukenberg).
Grüne und CDU liegen 1,2 Prozentpunkte auseinander, stellen künftig jeweils acht Stadtverordnete. Wer Nachfolger von Bürgervorsteher Matthias Stern und der stellvertretenden Bürgermeisterin Carola Behr (die beiden CDU-Politiker wurden nicht wiedergewählt) wird, steht noch nicht fest. „Da die CDU und wir gleich viele Sitze haben, werden wir in den nächsten Wochen Gespräche über das Zugriffsrecht führen“, sagt Nadine Levenhagen.
Genau gleich viele Stimmen: Los entscheidet zwischen CDU und SPD
Ebenfalls völlig überrascht wurden die Christdemokraten – allerdings negativ. Entgegen dem Landestrend verloren sie deutlich und bekamen gut 1000 Stimmen weniger als vor fünf Jahren. „In Fraktion und Vorstand werden wir nun analysieren, was die Gründe waren“, sagt Spitzenkandidat Siller. Tatsächlich hatte Schwarz-Grün viele Beschlüsse gemeinsam durchgesetzt, was sich im Wahlergebnis ganz und gar nicht widerspiegelt.
„Möglicherweise spielt der große Einwohnerzuwachs von Menschen aus Hamburg eine Rolle, die in Neubaugebiete wie Erlenhof oder an der Hamburger Straße ziehen“, sagt Siller. Da werde das Wahlverhalten quasi mitgenommen. Der CDU-Fraktionschef muss selbst bis zum Gemeindewahlausschuss am Dienstag, 16. Mai (17 Uhr, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9), warten, um zu erfahren, auf welchem Weg er in die Stadtverordnetenversammlung einzieht. Das Los entscheidet über das Direktmandat im Wahlkreis 7, in dem Siller und Ursula Ebert (SPD jeweils 209 Stimmen bekamen.
SPD ist erleichtert über kleinen Zugewinn und Direktmandate
Wird Siller gezogen, ist er direkt gewählt. Falls nicht, bekommt er sein Mandat über Listenplatz eins. Bei der SPD erhält entweder Ursula Ebert (falls ihr Name gezogen wird) oder Maike Eckert (über die Liste) den siebten Sitz.
„Nach den schlechten landesweiten Prognosen sind wir sehr erleichtert, dass wir sogar leicht hinzugewonnen haben“, sagt SPD-Spitzenkandidat Bela Randschau. Nun werde man erst mal schauen, „wie sich die Lage nach der Verschiebung von Schwarz-Grün zu Grün-Schwarz entwickelt“. Silke von Stockum und Randschau errangen sogar Direktmandate, das dritte für Ebert könnte noch folgen.
FDP katapultiert sich in den zweistelligen Prozentbereich
Den Reigen der großen Überraschungen setzt der frühere Landeswirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) fort. Im Wahlkreis 4 (Stormarnschule I) bekam er die meisten Stimmen. „Auch wenn ich niemals damit gerechnet habe, nehme ich das Direktmandat selbstverständlich an“, sagt der Landtagsabgeordnete. Ehefrau Inga Jensen-Buchholz gelang fast der gleiche Coup: Im Wahlkreis 5 (Stormarnschule II) lag sie nur 15 Stimmen hinter Sieger Uwe Gaumann (CDU).
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„Dort wo wir aktive Ortsverbände haben, die klare Meinungen äußern, wird das auch honoriert“, sagt FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi über den Sprung von 8,5 auf 14,9 Prozent. Die Liberalen hatten sich beispielsweise als Einzige klar für den erfolgreichen Bürgerentscheid zum Erhalt der Parkplätze in der Innenstadt positioniert. „Wir werden der Stachel im Fleisch der Verwaltung und politischen Konkurrenz sein“, meint Bellizzi. In der Stadtverordnetenversammlung erwartet er durchaus Bewegung: „Die CDU sollte nach der erneuten klaren Wahlniederlage überlegen, ob es sinnvoll ist, sich weiterhin so eng an die Grünen zu ketten.“
Mehr Gewicht in der von derzeit 40 auf künftig 31 Sitze verkleinerten Stadtverordnetenversammlung (Überhang- und Ausgleichsmandate fallen weg) hat auch die Wählergemeinschaft WAB. „Das ist ein solides Ergebnis“, sagt Spitzenkandidat Peter Egan über 1,8 Prozentpunkte Plus. Für die Gruppe sei es immer eine große Herausforderung, sich gegen die bekannten Parteien zu behaupten. „Die Fluktuation bei den Einwohnern von Ahrensburg ist groß, viele Neubürger sind überrascht, dass es überhaupt eine Wählergemeinschaft gibt“, so Egan. Bei den Plakaten habe man deshalb auch bewusst auf Themen und nicht auf Porträts gesetzt.
Wahlergebnis: Grüne 26,1 % (plus 4,4 Punkte, acht Sitze), CDU 24,9 % (minus 6,6, acht Sitze), SPD 21,6 % (plus 0,6, sieben Sitze), FDP 14,9 % (plus 6,4, vier Sitze), WAB 12,5 % (plus 1,8, vier Sitze), Linke nicht angetreten (zuletzt 6,6 %)