Ahrensburg. Gibt es Alternativen zur Strecke durch die Innenstadt? Wurden Sie ausreichend geprüft? Stadtverwaltung soll Planungsbehörden befragen.

Welche Alternativstrecken gibt es zur aktuell geplanten Trasse der S-Bahnlinie 4 durch Ahrensburg und Stormarn? Wurden sie geprüft und in welchem Umfang? Darüber will die Stadt Ahrensburg nun mehr Informationen erhalten. Der Umweltausschuss hat einstimmig ohne weitere Debatte einen Antrag der Grünen beschlossen, dass die Stadtverwaltung von den Planungsbehörden der S 4 Auskünfte über sämtliche Alternativen zur aktuellen Trassenführung anfordert, die geprüft oder eingebracht wurden.

Der Hintergrund: Ende 2027 soll die S 4 zwischen Hamburg-Altona und Bad Oldesloe pendeln. Im Berufsverkehr gibt es einen Zehn-Minuten-Takt nach Ahrensburg, einen 20-Minuten-Takt nach Bargteheide und einen Stundentakt nach Bad Oldesloe. Die Inbetriebnahme bis Hamburg-Rahlstedt ist 2025 geplant.

Anwohner und betroffene Kommunen üben Kritik

Für die S 4 werden zwischen Hamburg-Hasselbrook und Ahrensburg auf 17 Kilometern zwei zusätzliche Gleise neben der bestehenden Bahnstrecke verlegt, danach auf drei Kilometern bis Ahrensburg-Gartenholz ein neues Gleis. Für den ersten Bauabschnitt zwischen Hasselbrook und Luetkensallee in Hamburg haben die Arbeiten im Mai dieses Jahres begonnen. Die bestehenden und freiwerdenden Bahngleise wiederum sollen vor allem für den Güterverkehr genutzt werden, insbesondere nach dem Bau des Fehmarnbelt-Tunnels zwischen Deutschland und Dänemark. Gutachter erwarten täglich etwa 120 Güterzüge.

Doch was für Befürworter des Projekts ein „Meilenstein“ im öffentlichen Nahverkehr ist, stößt bei Anwohnern, Bürgerinitiativen und betroffenen Kommunen entlang der Strecke auf Ablehnung und Kritik. Sie befürchten Zerstörung von Natur, krankmachenden Dauerlärm, Landschaftsverschandelung und Unfallrisiken. In Ahrensburg sorgen vor allem die Pläne der Deutschen Bahn (DB), bis zu sechs Meter hohe Lärmschutzwände entlang der Strecke zu errichten, für Aufregung. Die Stadtverwaltung und alle Fraktionen der Kommunalpolitik sehen darin eine Zerstörung des Stadtbildes und der historischen Sichtachsen und befürchten, dass die Wände zum Ziel von Graffiti-Schmierereien werden.

Bürgerinitiative für Verlegung der Gleise an die Autobahn

Sie sehen wie die anderen Kritiker des Projekts unter anderem eine andere Trassenführung für den Güterverkehr als Lösung und sind mit der bisherigen Planung unzufrieden. So gibt es Forderungen, den Güterverkehr über die Trasse Lüneburg–Büchen zu führen oder für ihn eine neue Bahnstrecke mit zwei Gleisen entlang der Autobahn 1 zu bauen. Für letztere macht sich auch die „Bürgerinitiative an der Bahnstrecke Hamburg–Lübeck“ stark, die von einer „A 1 der Schiene“ spricht. Die Ahrensburger Stadtverordneten fordern in zwei Resolutionen unter anderem, dass der künftige Güterverkehr auf andere Trassen verteilt werden soll.

Erster Spatenstich für die S 4 (v.l.): Ministerpräsident Daniel Günther, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Bahnvorstand Ronald Pofalla und Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher.
Erster Spatenstich für die S 4 (v.l.): Ministerpräsident Daniel Günther, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Bahnvorstand Ronald Pofalla und Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. © dpa | Markus Scholz

Was die Trassenführung der S 4 betrifft, soll die Verwaltung nun mit dem Eisenbahnbundesamt und der Bahn klären, welche Trassenalternativen eingereicht und geprüft wurden. „Mit welchen Begründungen wurden Alternativen verworfen?“ ist eine der Fragen der Stadt Ahrensburg an die Planungsbehörden. Und vor allem: „Mit welcher Begründung wurde die aktuelle Trassenführung gegenüber anderen Trassenführungen ausgewählt?“ Die Stadt erhofft sich von ihrem Vorgehen mehr Klarheit über die Trassenauswahl und die Entscheidung für die geplante Strecke zu erhalten. Letztere soll so besser öffentlich diskutiert werden können.

Für die Bahn ist die jetzige Planung die nachhaltigste und umweltverträglichste

Fraglich ist, ob Ahrensburg die erhofften und detaillierten Antworten erhält. Auf entsprechende Anfragen des Abendblatts antwortet die Deutsche Bahn allgemein: „In einem frühen Stadium der Planung wurde die Strecke so gewählt, dass private Grundstücke und städtische Erholungsbereiche so wenig wie möglich in Anspruch genommen werden.“ Eine alternative Strecke über Lüneburg–Büchen sowie die Bündelung der Verkehre an der A 1 habe bei der Untersuchung schlechter abgeschnitten. „Mit dem aktuellen Streckenverlauf hat die DB die nachhaltigste und umweltverträglichste Lösung gefunden“, so die Bahn.

Bezüglich der geplanten Lärmschutzwände gibt sich die Bahn gesprächsbereit: „Grundsätzlich ist es das Anliegen der DB, gemeinsam mit den Kommunen die beste Lösung hinsichtlich der Gestaltung für die Lärmschutzwände zu finden. Die DB geht kurzfristig auf die Stadt Ahrensburg zu, um über die Möglichkeiten der Lärmschutzmaßnahmen zu sprechen.“

Stadt kann sich noch im Planverfahren beteiligen

Unabhängig davon kann die Stadt ihre Bedenken noch juristisch vorbringen. Derzeit läuft noch das Planfeststellungsverfahren für den Stormarn betreffenden dritten Bauabschnitt von der Landesgrenze bis Ahrensburg-Gartenholz. Eine Auslegung der Unterlagen ist nach Auskunft der Bahn so bald wie möglich vorgesehen. Geschieht dies, kann die Stadt ebenso wie Privatpersonen Einwendungen gegen die Streckenplanung erheben. Diese werden mit den Beteiligten besprochen und abgewogen. Dann ergeht der Planfeststellungsbeschluss für den Bauabschnitt.

Gegen diesen können die Stadt und betroffene Bürger, aber auch Verbände und Initiativen, Klagen erheben. Über sie entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. So sind gegen den bereits ergangenen Beschluss für den ersten Bauabschnitt schon Klagen anhängig. Und gegen die noch ausstehenden Planfeststellungsbeschlüsse für die zweiten und dritten Bauabschnitte haben Bürgerinitiativen bereits Klagen angekündigt.

So oder so werden die S-Bahnlinie 4, deren Auswirkungen und eventuelle juristische Schritte einige der Hauptaufgaben des künftigen Ahrensburger Bürgermeisters sein, der am 26. September gewählt wird.