Sylt. 8000 Flaschen stehen im Tipken‘s zur Auswahl – kuratiert von Sommelier Bernd Ahlert. Wie er vom Quereinsteiger zum Experten wurde.
Der Gourmetführer GuideMichelin hat vor einigen Tagen in der Hamburger Handelskammer die begehrten Sterne verliehen. Auf Sylt durften sich vier Restaurants über diese Auszeichnung freuen. Darunter ist mit dem Tipken’s by Nils Henkel im Severin‘s Resort & Spa in Keitum ein Neuzugang. Das Restaurantkonzept in dem Luxushotel, das auf die nordische Variante der Flora- und Faunaküche setzt, gibt es erst seit gut einem Jahr.
Spitzenkoch Nils Henkel hat dem Gourmettempel seinen Namen gegeben und steht dem Team beratend zur Seite. Sein ehemaliger Mitarbeiter René Verse ist für die Küche verantwortlich.
Sylt: Bernd Ahlert ist Sommelier im frisch gekrönten Sternerestaurant Tipken‘s in Keitum
Und natürlich hat das Tipken‘s auch einen „Mundschenk“, wie sich Bernd Ahlert selbst mit einem kleinen Grinsen auf dem Gesicht bezeichnet. Noch mehr freut sich der Sommelier des Restaurants aber natürlich über die Michelin-Auszeichnung – und konnte eine kleine Anekdote zum Besten geben: „Wir haben schon ein wenig auf einen Stern hingearbeitet und waren deshalb in den vergangenen Wochen etwas kribbelig.“
Die Aufregung sollte sich noch steigern, denn es gab ein kleines Malheur: „Die E-Mail mit der Einladung vom Guide Michelin zur Verleihung ist im Spam-Ordner verloren gegangen. Wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben und uns aufs nächste Jahr vertröstet, bis der erlösende Anruf mit der Nachfrage kam, ob wir keine Lust hätten, nach Hamburg zu kommen, oder warum wir uns nicht zurückgemeldet hätten.“
Restaurant auf Sylt: Die Weinkarte im Tipken‘s umfasst stolze 64 Seiten
Aber zurück auf die Insel: Wie es sich für ein Fünf-Sterne-Superior-Haus gehört, hat das Severin‘s einen standesgemäßen Weinkeller. „Hier lagern rund 8000 Flaschen, darunter Raritäten, für die Gäste, die bereit sind, auch mal ein wenig tiefer in die Urlaubskasse zu greifen“, sagt der 49-Jährige. Auf der 64-seitigen Weinkarte sind mehr als 800 Positionen zu finden. „Darunter eine schöne Jahrgangstiefe an gereiften Mouton Rothschilds.“
Aktuell freut sich der Sommelier über eine kleine Allokation des Kultweinguts Coche-Dury aus dem Burgund. Dafür habe er schon ein wenig baggern müssen, berichtet Ahlert und führt weiter aus: „Auch die international renommierte Star Wine List empfiehlt den Severin‘s-Keller. Insbesondere die Auswahl an gereiften Tropfen aus Kalifornien begeisterte die Weinkartentester.“
Im Tipken‘s werden zwei Menüs angeboten. Eines heißt Flora und ist – wie der Name vermuten lässt – vegetarisch. Bei der Variante Fauna werden auch Gänge mit Fisch und Fleisch serviert. Die Gäste können zwischen vier, fünf oder sechs Gängen wählen und dabei aus beiden Menüs kombinieren. Wer mag, kann die von Ahlert kuratierte Weinbegleitung dazubuchen.
Sylt: Sommeliermeister Ahlert lädt die Gäste in den hauseigenen Weinkeller ein
In der nächsten Woche wird es wieder neue Menüs geben, und natürlich durfte der Sommelier schon mal vorkosten: „Das Ziel ist, dass Wein und Speisen perfekt aufeinander abgestimmt sind. Und deshalb muss ich natürlich vorher die einzelnen Gänge mit dem von mir ausgewählten Wein probieren.“
Der Sommelier sieht sich als Ratgeber, vor allen Dingen, wenn es um den passenden Flaschenwein geht. „Meine wichtigste Aufgabe ist es, nach einem kurzen Gespräch mit dem Gast zu wissen, welcher Wein seinen Geschmack trifft.“
Und in diesem Jahr möchte Ahlert Interessierte zu verschiedenen Events in den gemütlichen Weinkeller einladen. Die Gäste können dann vom langen Holztisch auf die edlen Tropfen hinter Glas schauen und natürlich auf Wunsch eine Führung machen. An dem finalen Programm wird derzeit noch gefeilt.
Bernd Ahlert kam als Quereinsteiger in die Gastronomie und entdeckte seine Leidenschaft für Wein
Ahlert hat viele Jahre damit verbracht, ein echter Experte zu werden – denn Wein ist eine Wissenschaft für sich. Der gebürtige Grevener – eine Stadt im Münsterland – hat seine Sommelierprüfung bei der IHK Koblenz abgelegt. Nach einem kurzen Studium am Weincampus in Neustadt an der Weinstraße hat Ahlert seinen Sommeliermeister gemacht.
Es gebe in Deutschland weniger als 20 Kollegen, die diesen Titel tragen, weiß er zu berichten. „Ich bin ein Fan des lebenslangen Lernens, und das gilt gerade beim Thema Wein.“
Dabei hatte er mit dieser Materie zunächst wenig Berührungspunkte: Ahlert studierte Rechtswissenschaften an der Universität Münster bis zum ersten Staatsexamen und war viele Jahre als freier Journalist tätig. Als Quereinsteiger kam er in die Gastronomie, eröffnete 2009 im heimischen Münster das Restaurant Brust oder Keule, das sich mit seiner gehobenen Küche einen Namen machte. „Ich war der Gastgeber und habe mich um die Weinkarte gekümmert, die dann zuletzt auch schon mehr als 300 Positionen hatte. Das hat meine Leidenschaft geweckt.“
Sylt: Bernd Ahlert hat schon in seiner Kindheit Urlaub auf der Insel gemacht
Nach zehn Jahren Selbstständigkeit gab Ahlert das Lokal ab, das heute noch in der Kurzform BOK existiert und inzwischen ebenfalls einen Michelin-Stern hat.
Es folgte eine kurze Station als Restaurantleiter in Hamburg an der Hafenkante. Doch dann kam 2020 Corona, und durch Zufall ging es auf die Insel. Dort arbeitete Ahlert zunächst für eine Sommersaison im legendären Dorfkrug in Kampen, im April 2022 hat er dann im Severin‘s Resort & Spa angeheuert.
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Zur Insel hat der Genussexperte eine lange Beziehung, schon in seiner Kindheit hat er hier Urlaub gemacht, und daran sollte sich auch als Erwachsener nichts ändern. „Ich schätze das dörfliche Leben auf Sylt. Klar, im Sommer ist es echt voll, aber in der Nebensaison ist es eher einsam.“
Der Sommelier, dessen Herz übrigens für deutschen Riesling und französische Weine aus dem Burgund schlägt, genießt in seiner Freizeit Spaziergänge in der Braderuper Heide. „Dort geht mir schon ein wenig das Herz auf.“
Sylt: Der Sommeliermeister ist auch ein leidenschaftlicher Hobbykoch
Jetzt könnte man denken, dass Ahlert schon von Berufswegen her häufig in der Sylter Gastronomieszene unterwegs ist. Aber dort macht er sich eher rar. Der leidenschaftliche Hobbykoch probiert lieber zu Hause neue Rezepte aus.
Und wenn er danach noch Lust auf einen Absacker hat, braucht der Sommelier nur vor seine Kampener Haustür zu treten: Bernd Ahlert lebt an der Whiskymeile – die offiziell „Strönwai“ heißt – und dort gibt es eine reiche Auswahl an Lokalen.