Westerland. Die 133 geplanten Mietwohnungen in Hörnum-Nord werden nicht gebaut. Erste Reaktion: “So ist Sylt nicht zu helfen.“ Die Hintergründe.

Es war das größte geplante Bauprojekt auf Sylt. Mit Hörnum Nord sollten bis 2024 insgesamt 133 Wohnungen entstehen, davon 121 Dauerwohnungen und 55 mit niedrigen Mieten. Bis zum Freitag. Da zog der Bauträger, die Adlershorst Baugenossenschaft EG mit Sitz in Norderstedt, den Stecker für das ganze Projekt.

„Irgendwann geht es nicht mehr“, erklärte Uwe Wirries, der Adlershorst Vorstandsvorsitzende von Adlershorst. „Wir bedauern diese Entwicklung, aber am Ende müssen wir aufgrund der zu weit gehenden und teilweise nicht erfüllbaren Forderungen von diesem Projekt Abstand nehmen.“ Hörnums Bürgermeister Rolf Speth sagte zu dem Rückzug von Adlershorst: „Für den Ort ist das desaströs.“

Sylt: Bürgerbegehren lässt Bau von 133 Wohnungen platzen

Gegen den Bau der 133 Wohnungen in zwölf Wohnblöcken am Ortseingang von Hörnum auf dem Gelände des Fünf-Städte-Heims hatten drei Hörnumerinnen ein Bürgerbegehren gestartet und damit Erfolg. Der Kreis Nordfriesland gab der Initiative recht: Die Gemeinde müsse in den Planungen alle Kritikpunkte berücksichtigen und Änderungen vornehmen. „Sollen sie sich doch auf die Schulter klopfen", sagt Speth. Das Thema sei falsch breitgetreten worden. "Ich glaube, dass diese Initiative auch von der CDU mit angeschoben wurde. Dabei braucht Hörnum dringend Sozialwohnraum. Und den bekommen Sie nicht in einem Einfamilienhaus mit großem Garten", so der Bürgermeister.

In den vergangenen Monaten hätte Adlershorst dennoch versucht, das Projekt voranzutreiben, hieß es vonseiten der Baugenossenschaft. Vergeblich. „Die Hürden und Anforderungen wurden so hochgelegt, dass sowohl eine wirtschaftliche Realisierung als auch die Einhaltung der genossenschaftlichen Grundsätze nicht mehr möglich sind. Leidtragende sind vor allem die Sylter, die dringend eine bezahlbare Dauerwohnung suchen.“, sagte Wirries' Vorstandskollege Hendrik Pieper.

Auf dem Gelände sollten in Hörnum zwölf Gebäude mit drei Etagen entstehen, jeweils 14,9 Meter hoch.
Auf dem Gelände sollten in Hörnum zwölf Gebäude mit drei Etagen entstehen, jeweils 14,9 Meter hoch. © Plan2A Architekten / Adlershorst Baugenossenschaft

Von den 121 Dauerwohnungen für Insulaner hätten 55 öffentlich gefördert mit niedrigen Mieten angeboten werden sollen (ab 6,25 Euro pro Quadratmeiter Mietfläche). Also beispielhaft 312 Euro Kaltmiete für eine 50-Quadratmeterwohnung. Außerdem waren zwölf Gästewohnungen für Genossenschaftsmitglieder geplant.

Leidtragende sind vor allem Sylter, die eine bezahlbare Wohnung suchen

Das Bürgerbegehren hätte aber die entscheidende Verzögerung des Projektablaufs verursacht. „Der enorme Anstieg der Baukosten sowie die stark erhöhten Kapitalmarktzinsen haben nunmehr auch Auswirkungen auf die Nettokaltmiete der geplanten freifinanzierten Wohnungen. Dies können wir nicht mehr alleine abfedern“, sagt Wirries.

Das Fünf-Städte-Heim in Hörnum an der Südspitze Sylts. Auf dem Gelände sollen zwölf mehrgeschossige Neubauten entstehen.
Das Fünf-Städte-Heim in Hörnum an der Südspitze Sylts. Auf diesem Gelände sollten die Neubauten entstehen. © picture alliance

Wirries rechnet vor: Angesichts des anfallenden Inselzuschlags bei den Baukosten in Höhe von 30 Prozent sei im Bereich der frei finanzierten Wohnungen eigentlich eine Nettokaltmiete in Höhe von 21 Euro pro Quadratmeter Mietfläche erforderlich.

Für eine Dreizimmerwohnung mit 70 Quadratmetern wären also 1400 Euro plus Nebenkosten fällig. Als Kompromiss, hieß es von Adlershorst, sei Rolf Speth für diese Wohnungen eine Nettokaltmiete von 19,50 Euro angeboten worden.

"So ist Sylt nicht zu helfen"

Speth habe in dem Gespräch aber deutlich gemacht, so Adlershorst weiter, dass den Vertretern des Bürgerbegehrens Nettokaltmieten von 10,50 Euro erwartet würden. Damit war bei der Baugenossenshaft der Zeitpunkt für den Abschied gekommen: Wir ziehen uns zurück.

Adlershorst-Vorstand Pieper weist beispielhaft darauf hin, dass selbst ohne einen Inselzuschlag die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen aus Kiel gerade erst 16 Euro als angemessene Nettokaltmiete für Neubauten genannt hätte.

„Sylt, quo vadis? Dauerwohnungen dringend gesucht und dann erfolgreich verhindert", schrieb die Baugenossenschaft über ihre Mitteilung. Und auch Andreas Breitner, der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen kritisierte das Aus des Wohnungsbauprojekts auf Sylt scharf: „Das versteht kein normaler Mensch: da will mit der Adlershorst Baugenossenschaft ein anerkannter sozialer Vermieter auf Sylt 121 Wohnungen für die Inselbewohner bauen – und die Menschen vor Ort sperren sich. 55 dieser Wohnungen sollten öffentlich gefördert und zu einem Mietpreis ab 6,25 pro Quadratmeter angeboten werde – aber das spielt bei den Kritikern offenbar keine Rolle.“

Sylt: Scharfe Kritik vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen

Leidtragende, so Breitner, seien jene, die auf Sylt keinen bezahlbaren Wohnraum fänden und vom Festland pendeln müssten: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Zivilgesellschaft, die sonst stets rasch dabei ist, soziale Ungerechtigkeit zu beklagen, ihre Stimme erhebt. Stattdessen stand die Adlershorst Baugenossenschaft allein. Eine Genossenschaft übrigens, die erst von wenigen Monaten bei einer bundesweiten Befragung von Mieterinnen und Mieter die höchste Zufriedenheitswerte erreichte. So ist Sylt nicht zu helfen."

Auf die Frage, ob er einen neuen Bauträger suche, sagte Speth: „Für mich ist das verbrannte Erde, ich werde keinen neuen Anlauf auf dem Gelände unternehmen, unter diesen Voraussetzungen macht das keinen Sinn. So kann überhaupt keiner mehr Politik machen.“