Westerland. Am Mittwochabend kommt Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen nach Sylt. Dort warten Fragen einer Bürgerbewegung.
Es ist das große Thema auf der Insel Sylt. Nein, gemeint sind nicht die Punks, die Westerland vermutlich schon bald wieder verlassen werden. Die Rede ist von der Wohnraumnot. Oder wie es die Sylter nennen: Der Ausverkauf der Insel. An diesem Mittwoch erwartet Sylt eine der spannendsten Veranstaltungen zu diesem Thema seit langer Zeit. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (49) kommt nach Keitum und stellt sich den Bürgern vor.
Der Bürgerinitiative „Merret reicht’s – aus Liebe zu Sylt“ ist mit der Zusage des Ministers ein echter Coup gelungen. Die Insulaner sehen in der Bürgerversammlung eine große Chance. Vielleicht sogar die letzte Chance. „Wem gehört die Insel? Wir müssen reden“, heißt der Titel der Podiumsdiskussion, an der neben Ruhe Madsen auch der Stadtentwicklungsexperte Uwe Mantik von der Beratungsgesellschaft CIMA teilnimmt.
Der Lübecker hatte vor einigen Monaten im Auftrag der Gemeinde Sylt ein Gutachten erstellt, in dem er ein Überangebot an Ferienwohnungen auf der Insel nachweisen konnte. Das eindeutige Ergebnis des Gutachtens: Die Balance zwischen bezahlbaren Dauerwohnungen und Ferienunterkünften ist gekippt.
Sylt: Neues Beherbergungskonzept soll den Tourismus begrenzen
Birte Wieda, Insulanerin und Initiatorin von „Merret reicht´s“, sagte nach der Präsentation des Gutachtens am 3. Mai: „Nun haben wir es Schwarz auf Weiß: Die kommunale Politik hat es über Jahre versäumt, mit eindeutigen B-Plänen die Bauwut auf der Insel in die richtigen Bahnen zu lenken.“
Durch das Gutachten wurde auch das geplante neue Beherbergungskonzept für Sylt weiter vorangetrieben. Ob es umgesetzt wird, muss die Kommunalpolitik entscheiden. Viele Sylter sehen in dem Konzept die letzte Chance, das endgültige Ausplündern der Insel zu stoppen. Immer neue Hotels hochziehen, immer mehr Betten bauen, immer mehr Besucher auf die Insel holen: Dieses Investoren-Motto, das Sylt lange dominiert hat, könnte dann ausgedient haben.
Das neue Konzept sieht vor, die Genehmigung neuer Ferienwohnungen und Hotels zu begrenzen. Gleichzeitig geht es aber auch um die Zweckentfremdung von Dauerwohnraum durch die Bewohner Sylts. Fest steht, dass durch den aktuell fehlenden bezahlbaren Wohnraum auf der Insel fast alle Gastronomen unter Personalmangel leiden, weil die Mitarbeiter keine Unterkünfte mehr finden. Stattdessen sollen auf Sylt mittlerweile rund 200 Immobilienmakler ansässig sein.
Sylter Schrifstellerin Susanne Matthiessen moderiert die Diskussion in Keitum
Moderiert wird die Veranstaltung im Friesensaal von Keitum von der Journalistin, Schriftstellerin und Sylterin Susanne Matthiessen. Die 59-Jährige lebt zwar mittlerweile in Berlin, hat aber noch immer zwei Häuser auf Sylt und kennt die Problematik nur zu gut. Sie hat in diesem Jahr das Buch „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen“ veröffentlicht.
Angelehnt an den Titel „Westerland“ von den Ärzten beschreibt sie darin ihr Leben auf Sylt in den 80er Jahren. Im Abendblatt-Podcast sagte Matthiessen im März, dass der „Ausverkauf der Insel auf den Höhepunkt zusteuert“. Sie engagiert sich selbst für die Bürgerbewegung auf Sylt, will die Podiumsdiskussion aber völlig neutral moderieren. Die Zuschauer können sich zumindest sicher sein, dass sie die richtigen Fragen stellen wird.
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Die Nachfrage für die Veranstaltung war laut Matthiessen „enorm“. Alle Karten sind bereits vergeben. Der NDR plant sogar eine Live-Schalte. Neben Birte Wieda, der Goldschmiedin aus Keitum, nimmt auch Dirk Erdmann teil. Er ist stellvertretender Bürgermeister von Kampen sowie Hotelier und Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands.
Gäste in Keitum kommen aus allen Bereichen der Insel Sylt
Die Gäste kommen aus allen Bereichen Sylts. Feste Zusagen gibt es aus der Inselverwaltung, von den Sylter Unternehmern, Dehoga, der Sylter Tafel, der Pendlerinitiative, der Westküstenallianz, Rotary, Lions, Feuerwehr, Heimatverein Sölring Foriining, von einigen Bürgermeistern der Inselorte, Sylt Marketing, Kurverwaltung, Naturschutzgemeinschaft, Schutzgemeinschaft Wattenmeer, Kirchen und Gemeindevertretern.
Um 19.30 Uhr geht es los. Die Veranstaltung inklusive anschließender Diskussion soll zwei Stunden dauern. Die Organisatoren sind sich aber sicher, dass der Abend noch viel länger dauern wird…