Sylt. Sylterin, Journalistin und Schriftstellerin Susanne Matthiessen veröffentlicht ein neues Buch - und macht sich Sorgen wegen der Insel.

„Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen“ – das ist eine Zeile aus dem Kulthit Westerland der Punkrockband Die Ärzte. Und es ist nun auch der Titel von Susanne Matthiessens neuem Buch. In diesem Roman beschreibt die Insulanerin ihre Jugend auf Sylt in den 80er Jahren. „Die Ärzte haben 1988 das Abschlusskonzert ihrer Tournee in Westerland gegeben. Den Leuten von der Kurverwaltung war gar nicht bewusst, was die Ärzte für eine Bedeutung für die Punkrockszene hatten und für uns war es eine Sensation“, erzählt Susanne Matthiessen, die jetzt zu Gast im Sylt-Podcast des Hamburger Abendblatts war. „Auf die Insel kamen damals tausende Punks mit der Bahn an und die haben einiges durcheinandergebracht“, sagt die Autorin lächelnd.

Was damals genau passierte, dass erfahren die Leser in einem Kapitel in ihrem zweiten Buch, das am 10. März im Ullstein Verlag erscheint. Mit ihrem Debüt „Ozelot und Friesennerz“ landete die 59-Jährige einen Überraschungserfolg. „Eigentlich hatte ich das Buch ja für die Sylter geschrieben, aber dann wurde es mehr als 100.000 Mal verkauft. Damit hatte keiner gerechnet.“ 2020 nach dem ersten monatelangen Lockdown erschien ihr Werk, in dem sie sich mit ihrer Kindheit in den 70er Jahren auf Sylt beschäftigte.

Sylt-Buch mit vielen Weggefährten

Wie im ersten Buch, spielen auch viele Sylter Weggefährten eine Rolle in „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen.“ Susanne Matthiessen geht mit viel Humor und Selbstironie ans Werk, aber es werden auch zahlreiche kritische Themen aufgearbeitet und Familientragödien kommen zu Tage. „Ich habe denen, die in meinem Buch erwähnt haben, die entsprechenden Passagen vorgelesen. Die Freunde vertrauen mir und sind glücklich damit, dass sie Teil des Buchs sind. Nur eine Person, wollte nicht erwähnt werden.“

Auch ihre Eltern sind im zweiten Buch wieder präsent. „Meine Eltern hatten ein Pelzgeschäft an der Friedrichstraße in Westerland und waren sehr erfolgreich. Aber auch das kommt in den 80er Jahren unter die Räder. Der Tierschutz spielt eine große Rolle. Es ist nicht mehr besonders schick, sich in Pelzen zu kleiden.“ Vater Peter gehörte damals zu den einflussreichsten Menschen auf der Insel. „Er war Gründer und 30 Jahre Vorsitzender des Vereins Sylter Unternehmer, außerdem Präsident des Golfklubs und hat ständig in der Politik mitgemischt.“ Und in den 80er Jahren seien er und seine Mitstreiter dann gefordert gewesen, Probleme wie die Algenpest, eine Jahrhundertsturmflut oder das Robbensterben zu bekämpfen.

Die Eltern der Autorin spielen eine große Rolle in dem Buch

Gefällt es ihren Eltern, dass sie zu Protagonisten ihrer Bücher geworden sind? „Meine Mutter hat das erste Buch nicht wirklich gelesen, lässt sich aber von ihren Freundinnen über den Inhalt berichten. Das ist typisch für sie.“ Ihr Vater hat das Debüt seiner Tochter gelesen und kennt auch schon viele Passagen aus dem zweiten Buch. Der alte Herr sei durchaus selbstkritisch. „Mein Vater mit über 80 gehört zu der Generation, die immer alles bestimmt hat und das bis heute tut. Diese Generation ist der Meinung, dass sie alles auf Sylt erschaffen hat. Sich selber, die Kinder, die Wirtschaft.“

Die Generation ihrer Eltern habe die Insel zu dem gemacht, was sie heute ist. Die 80er Jahre seien von der Professionalisierung des Tourismus geprägt gewesen. „Die Zeit der Frühstückspensionen hatte ausgedient, stattdessen wurden Apartments gebaut“, sagt Matthiessen im Sylt-Podcast. Die ersten Immobilienspekulanten hätten Einzug gehalten auf der Insel und im wahnsinnigen Tempo Einfamilienhäuser aufgekauft und anschließend daraus Mini-Apartments gemacht.

Matthiessen beginnt mit der Urlaubssaison 2021

In ihrem neuen Buch steigt Matthiessen mit der Urlaubssaison 2021 ein. Die Menschen waren nach dem langen Lockdown – da gehörte Sylt nur den Insulanern - geradezu ausgehungert nach Reisen. Von einer „Flutung“ der Insel durch die Urlauber ist in dem Buch die Rede. Und dann schreibt die Autorin einen Satz, der schon auf Seite elf steht und die Leser sehr nachdenklich stimmen dürfte. „Für mich fühlt es sich an, als strebe der Ausverkauf der Insel, den ich als Jugendliche in den Achtzigern das erste Mal wahrgenommen habe, seinem großen Finale zu.“ Matthiessen macht sich Sorgen darüber, dass „immer mehr Immobilien aus den Händen der Insulaner gehen.“

Aber die Erfolgsautorin sagt auch: „Sylt war immer eine Urlaubsinsel, ist ein Mythos, und wir leben vom Tourismus.“ Auf Sylt lebt Matthiessen schon seit Jahrzehnten nicht mehr, kommt aber häufig aus ihrer Wahlheimat Berlin zu Besuch. Nach dem Abitur hat sie in München die renommierte Deutsche Journalistenschule absolviert. Matthiessen hat für Zeitungen geschrieben, bei RSH (Radio Schleswig-Holstein) gearbeitet und danach die politischen Talkshows für sich entdeckt. Sie hat unter anderem als Redaktionsleiterin für die TV-Formate Sabine Christiansen und Dunja Hayali gearbeitet. Aber eigentlich wollte Matthiessen von Anfang an Schriftstellerin werden. „Das kam aber für meine Eltern nach dem Abitur gar nicht in Frage.“ Deshalb schlug die Nordfriesin die journalistische Laufbahn ein.

Zweites Werk ab 10. März im Handel erhältlich

Mit „Ozelot und Friesennerz“ erfüllte sie sich den Traum vom ersten Buch und nun folgt das zweite Werk am 10. März im Buchhandel. Sie mache jetzt nur noch das, was ihr Spaß mache, sagt Matthiessen. Übrigens soll „Ozelot und Friesennerz“ an Originalschauplätzen auf der Insel verfilmt werden. Die Rechte dafür hat sich die Produktionsfirma Con­stantin zusammen mit der Regisseurin Doris Dörrie gesichert.

Wird Matthiessen in einer Nebenrolle zu sehen sein? „Nein, ich bin keine gute Schauspielerin, werde aber der Produktion beratend zur Seite stehen.“ Vielleicht steckt Susanne Matthiessen ihre Energie bald in ein drittes Sylt-Buch – genügend Geschichten dafür dürfte sie in petto haben.