Kampen/Westerland. „Freiheit für Sylt“ war das Motto, unter dem Linksextremisten nach Kampen ziehen wollten. Doch aus dem Marsch wurde ein kleiner Rundgang.

Sylt war vorbereitet auf die erste Demo des 9-Euro-Sommers. Die linke Szene hatte sich für Sonnabend ab 18 Uhr angekündigt – unter dem Motto „Freiheit für Sylt“. Niemand auf der Insel wusste so recht, was das bedeuten sollte. Da die Demo von Westerland nach Kampen verlaufen sollte, waren Gastronomen am Zielort in Sorge, ob sie an dem Abend überhaupt öffnen sollten.

Doch zum geplanten Beginn der Kundgebung war es in Westerland überaus ruhig. Etwa 20 bis 30 Polizisten inklusive Hundestaffel zeigten in der Innenstadt Präsenz. Von Demonstrierenden war zunächst gar nichts zu sehen.

Etwa 20 bis 30 Polizistinnen und Polizisten warteten in Sylt-Westerland auf den angekündigten Demonstrationszug nach Kampen.
Etwa 20 bis 30 Polizistinnen und Polizisten warteten in Sylt-Westerland auf den angekündigten Demonstrationszug nach Kampen. © Elisabeth Jessen

Sylt: Aufatmen in Kampen – Demozug wird zum Rundgang

Erst etwas später setzte sich dann doch ein sehr überschaubarer Protestzug in Bewegung. „Es hat sich eine Spontandemo mit 18 Teilnehmern gebildet, die einen kleinen Rundgang durch Westerland machen“, sagte Jan Krüger von der Polizeidirektion Flensburg am Abend. Alles verlaufe friedlich. Um 19.15 Uhr endete die Kundgebung am Bahnhof.

In Kampen wird man es mit Erleichterung registriert haben. Die Sorgen vor allem der dortigen Gastronomen waren groß. Denn die erwarteten Demo-Teilnehmer wurden dem linksextremen Spektrum zugerechnet. Im Netz kursierten schon reichlich Bilder, Symbole und Sprüche wie das große schwarze Anarchisten-A sowie die Ausdrücke „FCK CPS“ (Fuck Cops) und „FCK NZS“ (Fuck Nazis).

Die Polizei beobachtete die Szene, die zum Demo-Publikum gezählt wird, genau: „Wir sind gut aufgestellt“, sagte Sandra Otte, Sprecherin der Polizeidirektion Flensburg, die für die Insel Sylt zuständig ist. Eine genau Zahl der Einsatzkräfte gebe man aus taktischen Gründen nicht bekannt. Logistisch gesehen sei ein Einsatz auf einer Insel wie Sylt natürlich etwas schwieriger vorzubereiten. Angemeldet hat die Demonstration laut dem Kreis Nordfriesland eine Einzelperson.

Punks rauchen im Zug nach Sylt – Bundespolizeieinsatz

Laut Otte beobachtete die Bundespolizei den Anreiseverkehr auf die Insel und wertete die Lage immer wieder aus. Abfangen könne man mögliche Störer nicht bzw. davon abhalten, auf die Insel zu reisen, solange im Zug keine Straftaten geschehen.

Am Sonnabend kam es in einer Regionalbahn nach Sylt zu einem kleineren Zwischenfall. Vier Punks sollen dort geraucht haben. Als die Bundespolizei sie am Bahnhof Heide aus dem Zug holen wollte, traf sie sie allerdings schon nicht mehr an.

Kampen: Das sagen Gastronomen zur Demo

In Kampen waren Betreiber wegen der angekündigten Demo verunsichert: „Einige Restaurants überlegen tatsächlich, ob sie morgen öffnen“, sagte ein Gastronom dem Abendblatt. Dirk Erdmann, 1. Vorsitzender des Dehoga Sylt und Betreiber des Hotels Rungholt in Kampen, sagte allerdings, dass ihm von geplanten Schließungen bislang nichts bekannt sei.

Die vielen Demonstrationsankündigungen im Juli seien schwierig für die Insel, aber Demos seien zulässig in einer Demokratie, „ich hoffe, dass es keine unschönen Szenen gibt“, sagte Erdmann.

Gelassen blieb der Chef des berühmten Gogärtchen: „Wir warten ab und sind ganz entspannt.“

Pius Regli vom Manne Pahl in Kampen sagte: "Ich bin entspannt, wir werden gucken, wie es wird." Sein Laden sei "ausreserviert". Und er fügte hinzu: "Ich kann ja nicht jeden Einzelnen anrufen und absagen." Dafür sehe er im Augenblick keinen Grund. Er sei auch am Abend in seinem Lokal zur Skatrunde verabredet. Sollten doch Steinewerfer unter den Demonstranten sein, dann hoffe er auf die Polizei. "Dann kann ich meine Gäste immer noch durch den Hintereingang rauslassen."

Inzwischen gibt es drei Demos im Juli auf Sylt

Auch für den 16. Juli 2022 wurde inzwischen eine Demonstration auf Sylt angemeldet. „Da die Kooperationsgespräche jedoch noch ausstehen, können wir hierzu noch keine weiteren Auskünfte erteilen“, sagte Laura Berndt, Sprecherin des Kreises Nordfriesland.

Schon vor Wochen war in den sozialen Medien dazu aufgerufen worden, Mitte Juli in Massen auf die Insel zu fahren. Nun wird konkret zu einer Demo aufgerufen.

Sylt: Demo von Rechtsextremen am 30. Juli

Für den 30. Juli hat die Partei „Die Rechte“ eine Demonstration auf der Insel angemeldet. Für diese Demonstration gibt die Polizei noch keine Einschätzung ab, auf der Insel ist aber die Rede davon, dass man dann mit deutlich mehr Konfliktpotenzial rechnet.

Die Kritik, die Polizei sei vor allem in Bezug auf die Punks in Westerland, zu wenig sichtbar und greife nicht genügend ein, wies sie zurück. „Polizeilich gesehen haben wir auf Sylt keine Lage“, sagt Otte dem Abendblatt. Für die Geschäftsleute und die Urlauber sei das vielleicht nicht nachvollziehbar, aber diese würden die Rechtslage nicht kennen. Dass sich die Punks und Obdachlosen in der Westerländer Innenstadt breitmachen, sei nicht verboten, „sie dürfen das“.

Polizei erklärt: Auf Sylt gibt es keine Lage

Das Grillen in der Fußgängerzone, das Herumlaufen mit nacktem Oberkörper, die öffentlichen Trinkgelage seien keine Straftaten. Selbst wenn jemand in flagranti beim Wildpinkeln erwischt werde, sei das nur eine Ordnungswidrigkeit.

Nur wenn jemand in der Fußgängerzone mit runtergelassener Hose unterwegs wäre, das ist verboten. Die Polizei könne nur bei Straftaten eingreifen, etwa wenn jemand eine Scheibe einwirft, Körperverletzungen begeht oder ein Sexualdelikt“, sagt Otte.

Einen „Gefährlichen Bereich“ einzurichten sei auf Sylt derzeit auch nicht möglich. „Das kann man nur machen, wenn gehäuft Straftaten angezeigt werden“, so die Polizeisprecherin.