Der Vorhof zur Heavy-Metal-Hölle empfing Deep Purple, Motörhead und Heino. W:O:A 2013 wird in Erinnerung bleiben. Auch einen Todesfall gab es zu beklagen. 2700 Menschen erhielten medizinische Hilfe.
Wacken. Das Ende der wohl größten Headbanger-Party der Welt: Irgendwann in der Nacht zum Sonntag. Zum krönenden Abschluss spielte Alice Cooper am Sonnabendabend. Einige Wacken-Besucher feiern jedoch die ganze Nacht hindurch.
Ob die Kühe von Wacken das Heavy-Metal-Festival als Urlaub empfanden, ist nicht bekannt – mehr als 75.000 „Metalheads“ waren jedoch froh, dass sie sich auf der gigantischen Weide austoben konnten. Wenn Wacken nun wieder von der „Metal-Town“ zum 1800-Einwohner-Dorf zurückschrumpft, bleibt vom 24. Wacken Open Air mehr übrig als ein paar platt getrampelte Wiesen: Erinnerungen an eine große Show von Rammstein, großen Spaß beim Zelten und große Hitze. Und an Heino.
„Also ich hätte auf Heino ja verzichten können“, bekennt Tim Raumer. Als der 74 Jahre alte Heino im roten Mantel zum gemeinsamen Auftritt mit Rammstein schritt, war Raumer Teil des schwarzen Menschenmeeres vor der Bühne. Rammstein zieht die Massen an. Und Heino? Nun ja.„„Sonne“ ist so ein gutes Lied von Rammstein“, hadert Raumer, der schon für die nächste Band ansteht. Er ist mit seiner Einschätzung in Wacken nicht alleine, Applaus gibt es dennoch. Die Show ist ja gut und allzu verbissen nehmen es die Metal-Fans mit ihrer Lieblingsmusik nicht. Auch wenn viele in Wacken T-Shirts von oft eher unbekannten Bands tragen. Natürlich immer in schwarz.
Schwarz ist auch die Farbe, die das Dorf Wacken zur Festivalzeit überzieht. Nahezu in jedem Vorgarten baumelt eine dunkle Flagge. Die Einwohner klagen in der Regel nicht über die Horde, die Jahr für Jahr über ihr Dorf herfällt. „Freu Dich, Du bist in Wacken“ ist auf einem Banner zu lesen. Der Metal-Tross hat die rund 1800 Wackener zu kleinen Unternehmern werden lassen. Vor dem Supermarkt stehen Elfjährige bereit, um gegen kleines Taschengeld im Tretauto Bierpaletten zum Campingplatz zu ziehen. Kundschaft gibt es genügend. Das Kaufverhalten im Dorf-Supermarkt ähnelt Szenen eines Katastrophenfilms, nur mit mehr Bier und Grillkohle.
2700 Besucher benötigen medizinische Hilfe
Die Polizei erklärte am Sonnabendnachmittag, das Festival sei bislang relativ friedlich verlaufen. „Wir hatten wenige Anzeigen und wenig Gewalt für eine Veranstaltung dieser Größe“, sagte ein Sprecher. Es habe zwar wieder Diebstähle aus Zelten gegeben, aber nicht deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. „Wir sind jedes Mal überrascht, wie wenig hier passiert“, sagte der Sprecher.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) zählte insgesamt rund 2700 Festival-Besucher, die medizinische Hilfe benötigt hätten – meist wegen kleinerer Blessuren. Schwer verletzt hatte sich am Freitag ein 22-Jähriger aus Kiel, als er die Gaskartusche an einem Campingkocher wechseln wollte. Ausströmendes Gas soll sich an einem Grill entzündet haben – die Kartusche explodierte. Am Sonnabend lag der 22-Jährige nach Angaben der Polizei im künstlichen Koma. Sanitäter hatten zuvor erklärt, eine akute Lebensgefahr bestehe nicht.
Mann tot in seinem Zelt aufgefunden
Überschattet wurde das Festival vom Tod eines 52-Jährigen. Er war am Freitagmorgen in seinem Zelt gefunden worden, Helfer konnten nichts mehr für ihn tun. Wie die Polizei am Sonnabend mitteilte, werde von einer natürlichen Todesursache ausgegangen. Ein Unfall oder ein Verbrechen schlossen die Beamten aus. Ein Obduktion werde es nicht geben.
Polizei stoppt Wacken-Musiker in schrottreifem Tourbus
Auf den letzten Metern zu ihrem Auftritt beim Heavy-Metal-Festival in Wacken nahe Itzehoe ist eine Gruppe Musiker von der Polizei gestoppt worden. Bei dem wohl schrottreifen Tourbus waren den Angaben der Beamten zufolge unter anderem die Bremsen defekt. „Der wird in Deutschland wohl keinen Meter mehr fahren“, sagte ein Sprecher. Wie die Gruppe damit aus Schweden hatte anreisen können, sei ihm ein Rätsel. Der Festival-Veranstalter habe die gestrandeten Musiker dann nach dem Stopp am Freitagnachmittag abholen lassen.
Vorfreude auf die 25. Ausgabe
Wer es bis auf das 220 Hektar große Festivalgelände schaffte, erlebte 2013 das Schaulaufen der Altrocker. Deep Purple spielen „Smoke on the Water“, Schockrocker Alice Cooper steht im Programm. Und natürlich Motörhead, auch wenn die nur eine halbe Stunde lang ihren treibenden Hardrock zeigen. Frontmann Lemmy Kilmister muss sich schonen. Wacken auszulassen kam für den 67-Jährigen aber offenbar nicht infrage.
Schonung ist in Wacken nicht an der Tagesordnung. Ohr, Haut und Magen werden auf die Belastungsprobe gestellt. „Man sollte früh kommen, um sich an die Atmosphäre zu gewöhnen“, rät Besucher Robin Rickert. „Und an den Pegel“, schiebt er nach und blickt rüber zu seinem Kumpel Tim, genannt „Trompete“. Der schlägt gerade etwas ungestüm jeden Metal-Fan mit seiner kräftigen Pranke ab.
Das Wacken Open Air ist als skurril verschrien und sendet Jahr für Jahr Bilder mit absurden Outfits und Szenen aus der norddeutschen Provinz in die weite Welt. Die fast schon berühmten Schlammschlachten gehören in diesem Jahr bis zum Abschlussabend nur selten dazu, der Hochsommer verhindert es. Vielleicht ja wieder 2014. Dann wird das Wacken Open Air, das 1990 mit knapp 800 Gästen aus einer Bierlaune heraus begann, die 25. Ausgabe feiern. Im Sinne der Tradition wäre dann ein wenig Regen gar nicht schlecht.