Wochenlang bemühten sich Messegesellschaften um Kompromiss zwischen Hamburg und Husum - vergeblich. 2014 wird es wohl zwei Messen geben.
Hamburg/Husum. Im übernächsten Jahr wird es wohl zwei große Windenergiemessen in Husum und in Hamburg geben. Das ist das Ergebnis nach wochenlangen Gesprächen der beiden Messegesellschaften unter der Vermittlung des Vorsitzenden der Unternehmensverbände Nord, Uli Wachholtz. Und mit diesem Ergebnis ist niemand glücklich. Alle seiten bedauern wortreich das Scheitern der Verhandlungen und weisen der jeweiligen Gegenseite die Verantwortung zu. In Wahrheit waren beide Seiten schon vor dem Beginn der Gespräche so weit festgelegt, dass kein Mittelweg erkennbar war.
Da war zum einen der Husumer Messechef Peter Becker, der im Vorfeld klipp und klar erklärt hatte, der Messetermin 2014 stehe für Husum nicht zur Disposition. Eine solche Entscheidung könne er gar nicht treffen. In der Tat ist für die 22 000-Einwohner-Stadt Husum die Windenergiemesse alle zwei Jahre mit ihren 36 000 Besuchern ein echtes Highlight. Die gesamte Region profitiert davon, Hotels und Restaurants, Souvenir-Shops und Zimmervermieter, Busunternehmer und Dienstleister aller Art. Der Verlust der Messe wäre für die gesamte schleswig-holsteinische Westküste ein herber Rückschlag. Und die Veranstaltung ist seit 23 Jahren etabliert und beliebt. Schon jetzt sei die Windenergiemesse 2014 zu mehr als der Hälfte ausgebucht.
Sein Gegenspieler ist der Hamburger Messechef Bernd Aufderheide. Er steht unter dem Druck der Industrie; der Branchenverband VDMA Power Systems und große Unternehmen wie Siemens, Repower und Nordex forderten den Standort Hamburg. Sie haben ihre Unternehmenszentralen in Hamburg oder steuern die Windenergie-Geschäfte aus der Hansestadt. „Die Vorschläge, die auf dem Tisch lagen, waren nicht im Sinne und im Interesse der Industrie“, sagt Aufderheide. Für ihn wäre wohl ein Verzicht so wenig in Betracht gekommen wie für den Husumer Becker, auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung der Messe für die Millionenmetropole Hamburg weniger hoch anzusetzen ist.
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Am Tag nach der Entscheidung brach auf der politischen Ebene ein Sturm der Entrüstung los, der sich vor allem gegen den Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) richtete. Zwei Oppositionsparteien in der Hamburger Bürgerschaft, CDU und Grüne, werfen Scholz Überheblichkeit vor und dass er das Verhältnis zu Schleswig-Holstein vergifte. Der kontert cool, dass es sich um eine Angelegenheit der Industrie und der Messegesellschaft handele. So als habe er mit der Angelegenheit nichts zu tun. Dass die Stadt Hamburg alleiniger Gesellschafter der Messe ist und durchaus Einfluss geltend machen könnte, spielt für Scholz keine Rolle.
Der neue Kieler Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) muss sich von seinen Oppositionsparteien vorwerfen lassen, er habe sich von Olaf Scholz über den Tisch ziehen lassen, der rücksichtslos Hamburger Interessen vertrete. Doch die politischen Raufereien in beiden Ländern täuschen über den Punkt hinweg, dass der Standort einer Messe weniger politischen als wirtschaftlichen Kriterien genügen muss. Die Messe wird nicht für die Stadt gemacht, in der sie stattfindet, sondern für die Kunden, das sind die Aussteller und Besucher.
Und die sind sich nicht einig. Auch Husum hat seine Truppen, zum Beispiel die großen Hersteller Vestas und Enercon, Marktführer in Deutschland und Europa und den Bundesverband Windenergie (BWE). Letztlich muss die Branche selbst den Weg weisen und sagen, was sie will. Doch es gibt zwei Lager und deshalb auch zwei Messen. Nun könnte möglicherweise eine weitere Messe aus dem Ausland versuchen, sich als Leitmesse für die Branche zu etablieren. Ob sich auf der am Dienstag beginnenden Husumer Messe neue Entwicklungen in dieser Frage abzeichnen, ist ziemlich offen.