Bürgermeister Olaf Scholz geht auf das Land Schleswig-Holstein zu und gibt damit die Führungsrolle Hamburgs bei der Zukunftstechnologie auf.
Hamburg. Nach dem Streit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein beim Thema Windenergie stehen die Zeichen mittlerweile auf Entspannung. Hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bislang auf eine Führungsrolle der Hansestadt beharrt, zeichnet sich nun ab, dass Hamburg auf Schleswig-Holstein zugeht. Nach der Landtagswahl im nördlichsten Bundesland betonte Scholz beim Übersee-Tag vor rund 420 Gästen aus vornehmlich Wirtschaftskreisen eine Zusammenarbeit der norddeutschen Länder.
Noch im Arbeitsprogramm des Senats von vor einem Jahr heißt es: "Durch das Cluster erneuerbarer Energien wollen wir Hamburg zur Hauptstadt der Windkraft in Deutschland entwickeln (...)." Erst dann kommt der Zusatz, dass man "gemeinsam mit den norddeutschen Ländern die Region zu einem der führenden Standorte dieser Branche auf der Welt machen" wolle.
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Am Montag war von dem Hauptstadt-Gedanken Hamburgs keine Rede mehr. Stattdessen sprach Scholz von Kooperationen. Dabei war beim Thema Windenergie in den vergangenen Monaten immer wieder Streit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein um die Leitmesse der Branche ausgebrochen. So will Hamburg ab 2014 eine eigene Windenergiemesse ausrichten. Bisher war die "Husum Wind" die weltgrößte. Die Branche wächst aber, und Husums Kapazitäten sind ausgereizt. Die angekündigte Konkurrenz aus Hamburg empfanden die Schleswig-Holsteiner trotzdem als "massiven Angriff auf die Wirtschaftsinteressen" des Landes. Scholz sah das Problem nicht, betonte immer wieder die gute Zusammenarbeit mit dem Nachbarland und pochte auf Hamburgs Führungsrolle bei der Windkraft - vor allem seit Siemens entschieden hat, das neue Hauptquartier für Windenergie in Hamburg einzurichten. Solche Überlegungen gibt es auch bei Samsung und Mitsubishi. Zwar ist die offizielle Lesart des Senats, dass die Messegesellschaften für Ausstellungen und nicht die Länder zuständig seinen, trotzdem muss bei Scholz' Parteifreund und dem absehbar neuen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig die Zurückhaltung aus Hamburg gut ankommen.
Diese zeichnete sich durchaus schon ab. So war Scholz bereits Mitte März von der Forderung einer Führungsposition Hamburgs zurückgewichen. Beim Treffen der fünf norddeutschen Bundesländer fehlte in Scholz' Erklärung ebenfalls schon das Hamburger Alleinstellungsmerkmal. Stattdessen machten sich die fünf Ministerpräsidenten und Bürgermeister der Küstenländer gemeinsam stark für den Ausbau der Windkraft. Scholz sagte am Montag, dass ihn die Investitionsbereitschaft der Industrie bei Windenergieparks optimistisch stimme und schloss daran Forderungen an.
So solle etwa bei einem Ausfall die Haftung zwischen dem Windparkbetreiber, Netzebetreiber und der Allgemeinheit, also dem Steuerzahler, aufgeteilt werden. Durch derartige Haftungsregeln werde der Netzanschluss kalkulierbar. Siemens-Vorstandschef Peter Löscher, der wie berichtet im Anschluss über das Thema Energiewende referierte, dürfte das gefreut haben. Scholz forderte außerdem, dass sich die staatliche KfW-Bank an Windparks beteiligen solle, da der durch die Energiewende erforderliche Netzausbau die finanzielle Kraft der Betreiber zu übersteigen drohe. "Daran darf der Netzanschluss der bereits projektierten Offshore-Windparks nicht scheitern."
Er machte erneut sehr deutlich, dass er Anhänger des technischen Umweltschutzes ist statt des klassischen. Ohne neue Technologien wie die Umrüstung der Autos auf bleifreies Benzin durch die Einführung von Katalysatoren gäbe es heute entweder keinen Wald oder keinen Individualverkehr mehr.