Der Rechtsanwalt und FDP-Spitzenkandidat will erstmals Regierungsverantwortung übernehmen und Finanzminister werden.

Kiel. Überraschungscoup von Wolfgang Kubicki: Schleswig-Holsteins FDP-Spitzenkandidat will erstmals selbst Regierungsverantwortung im Norden übernehmen. „Wenn die Wählerinnen und Wähler es wollen, werde ich mich darum bemühen, Finanzminister dieses Landes zu werden“, sagte Kubicki am Sonnabend auf einem Landesparteitag der Liberalen in Kiel. Bislang hatte sich der Rechtsanwalt stets geweigert, einen Ministerposten zu übernehmen. Dafür müsste er seine Arbeit als Anwalt ruhen lassen.

Ein Grund für seinen Meinungswechsel sei „das gewachsene Alter“, sagte der 60-jährige Kubicki. Finanzpolitik sei mehr als nur Subtraktion und Addition. Das nördlichste Bundesland brauche „gigantisches Wachstum“, um die Haushaltskonsolidierung bis 2020 zu schaffen. „Ich habe in den vergangenen zweieinhalb Jahren festgestellt, dass der Kassenwart derjenige ist, der die politische Willensbildung beeinflussen kann.“ Das Land sei in den vergangenen 20 Jahren „unter seinen Verhältnissen regiert worden“.

Landeschef Garg greift Rot-Grün an

Zuvor hatte Landeschef Heiner Garg SPD und Grüne scharf angegriffen. „Am 6. Mai wird entschieden, ob dieses Land weiterhin durch verantwortungsvolle Politik eine Perspektive hat“, sagte er. Mit Blick auf SPD und Grüne sprach er von „rot-grünen Hasardeuren“, deren Wahlversprechen nicht solide finanziell untermauert seien. SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig nannte er einen „sympathischen Mann ohne Meinung“.

Das 95 Seiten umfassende Wahlprogramm, das am Sonnabend beschlossen wurde, setzt den Schwerpunkt auf die Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung. „Nur mit uns ist es möglich gewesen, diesen ersten Schritt zu gehen“, sagte Garg. Das Programm mache aber auch deutlich, dass es nicht nur um Sparen allein gehe. Dadurch gewonnene Freiräume will die FDP vor allem für Investitionen in die Bildung und in Infrastrukturprojekte setzen.

FDP für Wahlfreiheit im Bildungsbereich

Im Bildungsbereich macht sich die Partei für die Eigenständigkeit der Schulen stark. „Nur die FDP steht für diese Wahlfreiheit, dass Eltern und Schüler selbst entscheiden können, ob sie an Gymnasien das Abitur nach acht oder neun Jahren machen können“, sagte Garg.

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Zur Beratung standen auf dem Parteitag mehr als 130 Änderungsanträge zum Wahlprogramm an. Strittig war unter anderem der Punkt Lohnuntergrenzen. Dieser wurde entsprechend dem Entwurf beschlossen, in dem es heißt, die FDP setze sich „für Lohnuntergrenzen ein, die von den Tarifpartnern verhandelt werden und nach Branchen und Regionen differenziert werden können“. Die Jungen Liberalen und ein Kreisverband wollten diese Passage ersatzlos gestrichen haben.

Aktuellen Umfragen zufolge müssen die seit 2009 mit der CDU regierenden Liberalen weiter um den Wiedereinzug in den Kieler Landtag bangen. Sie können derzeit laut Meinungsforschern nur mit drei Prozent der Stimmen rechnen. Selbst gestecktes Ziel sind knapp zehn Prozent. „Die schleswig-holsteinische FDP ist sehr kampferprobt“, sagte Kubicki. Der FDP sei im Norden vor Wahlen bereits oft das Scheitern vorausgesagt worden.

Die Umfragen seien derzeit zwar „alles andere als ein Brüller“, sagte Garg. Die Liberalen sollten sich knapp zwei Monate vor der Wahl dadurch aber „nicht bange machen“ lassen. Auch der designierte Generalsekretär Patrick Döring sprach den Liberalen Mut zu. Sie sollten „nicht so schlechte Laune haben wie die Kommentatoren in den Redaktionsstuben in Berlin“. (dapd/abendblatt.de)