Bei der Wahl am Sonntag suchen die Schleswig-Holsteiner einen Nachfolger für Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), der nicht mehr antritt.

Kiel. Bei der Landtagswahl am Sonntag (6. Mai) wird in Schleswig-Holstein einen Nachfolger für Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) gesucht, der nicht mehr antritt. Die Union zieht mit Carstensens Wirtschaftsminister Jost de Jager an der Spitze in die Landtagswahl. Der 47-Jährige rechnet sich selbst eher dem liberalen Flügel der Union zu. Der Sohn eines Pastors ist gelernter Journalist und gilt als fleißig. Bei öffentlichen Autritten wirkt er stets gut vorbereitet und strahlt norddeutsche Ruhe aus. Ihm eilt der Ruf des Leistungsträgers im amtierenden Kabinett voraus.

Die SPD soll Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig nach drei Oppositionsjahren wieder in die Regierung führen. Der rhetorisch beschlagene Jurist hatte sich Anfang 2011 in einem Mitgliederentscheid um die Spitzenkandidatur gegen SPD-Landeschef Ralf Stegner durchgesetzte. Der 48-jährige Albig ist dem bürgerlichen Flügel der SPD zuzurechnen und regiert in Kiel relativ geräuschlos mit einem Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW), einer Konstellation, die es nach der Wahl landesweit geben könnte.

Wesentlich bekannter als Albig und de Jager ist jedoch FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki. Der 60 Jahre alte Rechtsanwalt tritt bereits zum fünften Mal als Spitzenkandidat an und polarisiert wie kaum ein anderer Politiker. Kubicki scheut kein klares Wort und gilt als Parteirebell. Nach 38 Jahren in der Opposition brachte er die Liberalen im September 2009 zurück in Regierungsverantwortung und erfüllte damit bereits seine „historische Rolle“, wie er selbst sagt. Bei einer erneuten Regierungsbeteiligung will Kubicki zum Ende seiner politischen Karriere Finanzminister werden.

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Einen Ministerposten will nach der Wahl auch der smarte Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck. Der promovierte Philosoph - seine Doktorarbeit handelte von der „Natur der Literatur“ – schrieb früher gemeinsam mit seiner Frau Andrea Paluch Romane und auch Kinderbücher („Hauke Haiens Tod“, „Felix und Lea“). Seit drei Jahren ist der 42-Jährige mit dem jugendlichen Charme Fraktionschef im Kieler Landtag. Im Wahlkampf tourte er unter dem Motto „Auf Schicht“ durch das Land und arbeitete dabei jeweils einen Tag in verschiedenen Betrieben mit, von der Müllabfuhr auf der Nordseeinsel Sylt bis hin zu Gemüseständen auf Wochenmärkten.

Piratenfamilie steuert Kieler Landtag an

Gute Chancen auf den erstmaligen Einzug in den Landtag haben die Piraten mit ihrem Spitzenkandidaten Torge Schmidt. Der 23-Jährige fand über die Mitzeichnung der Verfassungssammelklage gegen die Vorratsdatenspeicherung den Einstieg in die Politik. Für den Wahlkampf hat sich der Großhandelskaufmann drei Monate Urlaub genommen. Bewahrheiten sich die Umfragewerte, könnte den Piraten sogar ein familiärer Coup gelingen, denn Schmidts Stiefvater Hans-Heinrich Piepgras ist Landesvorsitzender und auf Listenplatz sieben zu finden, seine Mutter Birgitt Piepgras steht auf Listenplatz neun.

Anders als Schmidt gehört die 64-jährige Anke Spoorendonk bereits zu den Urgesteinen des Kieler Landtags. Die Spitzenkandidaten des Südschleswischen Wählerverbandes, der Partei der dänischen Minderheit, gehört dem Parlament seit 1996 an. Die frühere Oberstudienrätin und derzeitige Fraktionschefin gilt als beharrlich, aber nicht stur. Sie hat bereits angekündigt, mit ihrem SSW für eine Koalition mit SPD und Grünen bereit zu stehen, sollte es für Rot-Grün alleine nicht reichen.

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Um ihren Landtagssitz zittern muss angesichts der Umfragewerte Linke-Spitzenkandidatin Antje Jansen. Die 62-Jährige ist einer Doppelrolle Fraktionschefin sowohl im Kieler Landtag als auch in der Lübecker Bürgerschaft. Die gelernte Erzieherin hatte ihre politische Heimat früher bei den Grünen, deren Landesvorsitzende sie von 1996 bis 1997 gar war. Wegen der Haltung der damaligen rot-grünen Bundesregierung zum Kosovo-Krieg verließ Jansen die Partei. Sie bezeichnet sich selbst als typischen Spross der 68er-Bewegung.

Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Wie wird gewählt

Wahlberechtigt zur Landtagswahl sind alle deutschen Einwohner Schleswig-Holsteins, die das 18. Lebensjahr vollendet und seit mindestens drei Monaten dort eine Wohnung haben oder sich im Land sonst gewöhnlich aufhalten und keine Wohnung außerhalb des Landes haben. Das sind laut Landeswahlleiterin am 6. Mai gut 2,24 Millionen Menschen.

Das Landeswahlgesetz sieht eine sogenannte personalisierte Verhältniswahl vor. Demnach hat der Wähler zwei Stimmen zu vergeben. Mit der Erststimme wählt er in einem der 35 Wahlkreise einen der zur Auswahl stehenden Direktkandidaten. Diese werden üblicherweise von den Parteien vorgeschlagen, allerdings können sich auch Einzelbewerber zur Wahl stellen. Der Bewerber mit den meisten Stimmen erhält das Wahlkreismandat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Der Kieler Landtag besteht aus regulär 69 Abgeordneten. Durch Überhangmandate kann die tatsächliche Abgeordnetenzahl höher ausfallen.

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Mit der Zweitstimme wählen die Schleswig-Holsteiner die Liste einer Partei. Wahlvorschläge dürfen nur von Parteien gemacht werden. Die Zweitstimme ist für die Sitzverteilung im Landtag ausschlaggebend. Die Verteilung der 34 weiteren zu besetzenden Sitze erfolgt erstmals auf Grundlage des sogenannten Berechnungsverfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers in seiner Ausprägung als Höchstzahlverfahren.

Ausgenommen sind von der Sitzverteilung Parteien, die weniger als fünf Prozent der gültigen Gesamtstimmenzahl erhalten haben (Fünf-Prozent-Hürde). Damit soll die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes erhalten und einer Zersplitterung der Parteienlandschaft vorgebeugt werden.

Eine Ausnahme bildet jedoch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW). Die Partei der dänischen Minderheit unterliegt nicht der Fünf-Prozent-Hürde.

(dapd/abendblatt.de)