Wedel. Wurde bei der Renovierung im Reepschlägerhaus der Denkmalschutz missachtet? Grüne bringt Stein ins Rollen und will Rechtssicherheit.
Nachdem schon am Ende des Vorjahres ein Streit zwischen Förderverein und den damaligen Café-Pächtern des Reepschlägerhauses hochgekocht war, trudelt auch 2023 mit hitzigen Debatten um das älteste Haus in Wedel aus. Dieses Mal geht es um einen umstrittenen Anstrich im 1758 erbauten Handwerkerhaus.
Im Mittelpunkt stehen diesmal folglich weniger die handelnden Personen. Vielmehr geht es um: Farben. Arta Shabanaj (27) hat Anfang Mai dieses Jahres „Reepi‘s Café“ eröffnet. Das Haus gehört seit 1961 der Stadt Wedel und steht seitdem unter Denkmalschutz.
Reepschlägerhaus in Wedel: Pastell-Farben sollen Helligkeit in dunkle Räume bringen
Teile der Inneneinrichtung waren vor der Neueröffnung von der Pächterin und ihrem Mann Granit, Architekt und geschickter Handwerker, in hellen Pastell-Tönen wie zum Beispiel Mint gestrichen worden. Der gesamte Innenbereich sollte dadurch heller wirken, weil durch die kleinen Fenster kaum Licht ins Innere käme.
„In der Öffentlichkeit gab es zuletzt Berichte, dass wir so etwas einfach ohne Rücksprache gemacht hätten. Das stimmt aber nicht. So etwas macht mich auch echt fassungslos. Bevor wir mit den Renovierungsarbeiten angefangen haben, hat sich der Förderverein in unserem Namen bei der Stadt Wedel erkundigt, was wir machen dürfen und was nicht“, echauffiert sich die Wedelerin mit den kosovarischen Wurzeln. Schließlich müsse man als junge Unternehmerin auch stets auf die Kosten achten.
Förderverein Reepschlägerhaus erkundigte sich bei Verwaltung
Die Aktenlage zum Thema Umbauten und Denkmalschutz beim Reepschlägerhaus sei jedoch nicht sehr umfangreich gewesen. Details, wie die Gestaltungsmöglichkeiten im Innenbereich exakt aussehen dürften, habe es nicht gegeben. Aus dem Rathaus habe es lediglich ein tendenzielles „Schulterzucken“ dazu gegeben und den Hinweis, dass es wohl kein Problem sein würde, sich die Farben selbst auszusuchen, erklärt Claudia Klahn, Vorsitzende des Reepschläger-Fördervereins. Lediglich die Holzverzierungen an der Eingangstür dürften auf gar keinen Fall verändert werden.
Den Stein des vermeintlichen Anstoßes hat Petra Kärgel, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Wedeler Grünen, ins Rollen gebracht, die abklären lassen möchte, ob das Überlackieren des Einbaumobiliars rechtens gewesen sei. Es gehe ihr nicht um die Gestaltung der Wände, sondern einzig um das historische, festverbaute Inventar, erklärt die Politikerin.
Petra Kärgel wünscht sich Rechtssicherheit für künftige Renovierungen
„Zur Einweihung war ich im Mai mit meiner Parteikollegin Verena Heyer im Reepschlägerhaus und habe die mintfarbene Lackierung auf den fest verbauten Möbeln entdeckt. Meines Wissens nach waren diese oder auch der Alkoven stets nur neu in Brauntönen überlackiert worden“, sagt sie.
Ihr sei wichtig zu betonen, dass die Anfrage an das Denkmalschutzamt keinesfalls aufgrund privater Dissonanzen geschehen sei, da aktuell innerhalb Wedels auch eine Kampagne der Grünen gegen das Reepschlägerhaus vermutet werde. „Ich würde die Angelegenheit gern auf die Sachlage herunterschrauben. Es ist die Aufgabe der Stadtverwaltung und Politik, Rechtssicherheit für die Zukunft zu schaffen, was gemacht werden darf, und was eben nicht. Daran dürfte allen gelegen sein“, so Kärgel. Schließlich liege das älteste Haus der Stadt „uns allen am Herzen“.
Wedel: Politikerin fordert „festen Workflow“
Es gehe um einen „festen Workflow bei einem Pächter*innenwechsel“, um in Zukunft etwaige Revonierungen oder Verschönerungen unter Sicherung aller detaillierten Denkmalschutzauflagen zwischen Verwaltung, Eigentümer des Hauses, und dem Förderverein schriftlich festhalten zu können.
Die Grünen hatten zuletzt im November eine Anfrage im Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport gestellt und bereits vor der Kommunalwahl im Mai die Verwaltung um Bürgermeister Gernot Kaser gebeten zu prüfen, ob die von der Pächterin vorgenommenen Maler-Arbeiten mit dem Denkmalschutz abgesprochen waren. Letztlich habe eine Mitarbeiterin vom Denkmalschutzamt des Kreises Pinneberg Kärgel gegenüber erklärt, dass geprüft werden müsse, ob Einbaumöbel im Denkmalschutz inkludiert seien.
Daraufhin habe es eine Prüfung gegeben. „Die Lackierungen waren nicht mit dem Denkmalschutz abgesprochen, sie verstoßen gegen den Denkmalschutz und müssen wohl entfernt werden“, meint die Grünen-Politikerin. Falls das Amt nun wirklich die Entfernung der Lacke und die Restaurierung der Möbel verlangen werde, müsse noch geklärt werden, wer letztlich dafür die Kosten übernehmen müsse.
Grünen-Politikerin hofft, dass nicht umlackiert werden muss
„Ich hoffe wirklich nicht, dass dies vom Amt gefordert wird und wirklich passiert“, sagt sie. Es scheine ohnehin nur sehr schwer feststellbar zu sein, welche ursprüngliche Farbe das Inventar, also etwa Schrank und das Bett, ursprünglich hatte, es gebe laut Kärgel dazu bisher keine Informationen. Ein Gutachten soll erstellt werden. Im Extremfall müsste von einem Restaurator kostspielig der Ursprungszustand wiederhergestellt werden.
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Dass es in der Vergangenheit immer wieder Umbauten, Renovierungen und Malerarbeiten gab, ist unbestritten. 1974 etwa drohte das Reepschlägerhaus auseinanderzufallen und musste stabilisiert werden. Auch Heizungen und Sanitäranlagen wurden integriert.
Ehemaliger Pächter Wietek war bekannt für seine Farbfreude
„Der verstorbene ehemalige Pächter Werner Wietek war zum Beispiel auch bekannt für seine Farbfreude und hat im Innenbereich auch alles rosa, weiß oder hellgrün gestrichen“, sagt die Fördervereinsvorsitzende Klahn. Es habe nie irgendwelche Probleme dabei gegeben. Jeder Pächter habe seine eigenen Vorstellungen verwirklichen können. Im Sommer habe es zudem einen ersten Besuch von Mitarbeitern des Denkmalschutzamtes gegeben, es sei nichts beanstandet worden.
Sie hält die Anschuldigungen für ungerechtfertigt und unfair, schließlich hätten die beiden Pächter etwa auch in Eigenregie und auf eigene Kosten den kompletten Holzboden im ersten Stock abgeschliffen, um den Holzboden von seinen Überlackierungen zu befreien und den ursprünglichen Farbton herzustellen.
Mögliche Schließung vom Reepschlägerhaus: Wer kommt für den Verdienstausfall aus?
Wenn nun das Reepschlägerhaus für den Rückbau geschlossen werden müsste, wer käme dann für den Verdienstausfall aus, fragt Klahn. Im Reepschlägerhaus werden Kultur-Veranstaltungen und Gastronomie miteinander verbunden. Es würde viel wichtigere dringende Arbeiten am Reepschlägerhaus geben, etwa um das eindringende Wasser im Keller zu stoppen.
Arta Shabanaj möchte sich ohnehin am liebsten nur auf ihren Job konzentrieren und Gäste im Reepschlägerhaus, etwa mit Torten, Kuchen und Frühstück, bewirten. Bisweilen empfindet sie die öffentlichen Anschuldigungen als ungerecht und auch respektlos. „Ich habe mich mit 27 Jahren als Mutter einer kleinen Tochter selbständig gemacht und versuche, Familie und Beruf bestmöglich unter einen Hut zu bekommen“, sagt sie. Stattdessen wird sie sich parallel wohl noch mit Farben beschäftigen müssen.