Wedel. Beim Sparkasseneinbruch in Wedel sind Sparbücher entwendet worden. Rechtsanwalt Jürgen Hennemann klärt über mögliche Folgen auf.
Nach dem Einbruch in die Hauptfiliale des Stadtsparkasse Wedel geht es für viele Betroffene um die Frage: Was können die Kriminellen mit den gestohlenen Sparbüchern anfangen? Ein Experte sagt nun, diese Art von Beute sei zumindest für die Täter „brandgefährlich“. Direktes Ungemach drohe wohl den wenigsten Kunden.
Wie berichtet, waren beim Einbruch in die Filiale der Sparkassenfiliale an der Gorch-Fock-Straße viele Sparbuchschränke aufgebrochen worden. Wie viele genau, oder ob möglicherweise entgegen der mit der Sparkasse vereinbarten Nutzungsbedingungen doch andere Wertsachen in den Fächern enthalten waren, ist noch unklar. Da bleibt die Sparkasse bisher vage.
Wedel: Was können Kriminelle mit Sparbüchern anfangen?
„Derzeit gehen wir davon aus, dass nur wenige Kundinnen und Kunden von einem Schaden durch den Einbruch betroffen sind“, hieß es am Mittwoch, 20. September, auf Abendblatt-Anfrage. Der oder die unbekannten Täter hatten sich am Sonntag, 17. September, gewaltsam Zugang zur Hauptfiliale in Wedel verschafft und in drei Bereichen Schrankfächer aufgebrochen. Der Einbruch, auf Video-Aufnahmen ist ein Täter zu sehen, hatte nach Abendblatt-Informationen nur vier Minuten gedauert.
Was kann passieren, wenn Kriminelle das Sparbuch, dessen Guthaben von der Bank fest verzinst wird, stehlen? Rechtsanwalt Jürgen Hennemann, der bundesweit viele Sparkassen-Kunden nach Diebstählen vertritt, etwa auch in diesem spektakulären Fall in Norderstedt, mag nach öffentlich bekannter Darstellung des Sachverhaltes nicht daran glauben, dass es die Täter wirklich explizit darauf abgesehen hätten.
Einbruch bei Sparkasse: „Eigentlich werden Urkunden liegen gelassen“
„Eigentlich werden Urkunden und andere Legitimationsunterlagen bei Einbrüchen liegen gelassen. Das ist aus Tätersicht einfach brandgefährlich“, sagt Hennemann. Ein Sparbuch ist stets an einen Namen gebunden, der darin vermerkt ist und wäre bei einer Personenkontrolle durch die Polizei sofort zuzuordnen – im Gegensatz zu anderem Diebesgut wie etwa Bargeld oder Schmuck.
Geht es um das Thema Sparen, gehen es viele Deutsche nach wie vor gern recht konservativ an: Laut einer Umfrage des Verbands der Privaten Bausparkassen im Frühjahr 2023, welche Geldanlage aktuell genutzt werden, sind das Sparbuch beziehungsweise andere Formen der Spareinlagen auf Platz zwei – 33 Prozent der Befragten nannten diese Option als Form der Geldanlage. Allerdings waren es laut der im Juli von Statista veröffentlichten Zahlen im Jahr 2015 noch mehr als 50 Prozent.
Die Stadtsparkasse Wedel beteuert, dass sofort alle betroffenen Kunden informiert – und sämtliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Generell ist das Abheben von Geld vom Sparbuch nur über eine Legitimation am Kundenschalter mit dem passenden Personalausweis möglich.
Rechtsanwalt: „Aus Sicht der Kunden würde ich mir wenig Sorgen machen“
„Sofern die Sparkasse sich an diese Überprüfung hält, dürfte auf dieser Grundlage kein Ungemach drohen. Aus Sicht der Kunden würde ich mir in diesem Fall wenige Sorgen machen. Möglicherweise eher, wenn in den verschlossenen Fächern, entgegen der Geschäftsbedingungen, doch etwas Wertvolles schlummerte – und nun gestohlen worden ist“, sagt der Anwalt aus Buchholz in der Nordheide.
Bisher könne niemand genau sagen, wie die vertraglichen Details für die Verwahrung zwischen Kunden und Sparkasse wirklich aussehen, so Hennemann. Er hatte zuletzt im Norderstedter Fall eine Verurteilung der Hamburger Sparkasse erreichen können. Die in den Geschäftsbedingungen geregelte Haftungsgrenze von 40.000 Euro erachtete das Landgericht Hamburg als unwirksam. Die Sparkasse legte gegen dieses Urteil Berufung ein.
Wedeler Sparkassen-Chef weist auf Nutzungsbedingungen hin
Allerdings – und das betont etwa Marc Cybulski, Vorstandsvorsitzender des Kreditinstitutes in Wedel – seien in der Filiale in Wedel keine als Wertschließfächer deklarierten Depots, sondern Sparbuch-Schrankfächer geplündert worden. Cybulski selbst hatte gegenüber dem Abendblatt eingeräumt, dass nur der Kunde selbst wisse, was er darin eingeschlossen habe.
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Laut Hennemann könnte im Einbruchsfall auch bei dieser Variante ein Haftungsanspruch der geschädigten Kunden bestehen. „Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass zum Beispiel bei einer Halskette, die dort abgelegt wurde, eine Haftung nicht besteht“, sagt er.
Rechtsanwalt sieht Unklarheiten beim Einbruch in Wedel
Der Rechtsanwalt, der sich seit zehn Jahren mit Fällen dieser Art beschäftigt und unter anderem im Zuge der Norderstedter Klagen mit dem Argument einer mangelhaften Objektsicherung der Haspa bisher erfolgreich war, fragt sich: „Es gibt Unklarheiten im Sachverhalt, die noch im Detail geklärt werden müssten. Zum Beispiel: Wie war die Außenhaut gesichert? Ist ein stiller Alarm ausgelöst worden durch den Einstieg mit einem Brachialmittel oder hat vielleicht doch ein Anwohner die Polizei verständigt?“
Mit dem Begriff Außenhaut sind Fenster und Türen gemeint. Eventuell sei ein Alarm auch erst ausgelöst worden, als der Täter bereits durch das Gebäude lief oder als er die ersten Schrankfächer aufgebrochen hatte.
Als die Polizei eingetroffen ist, war der Täter noch im Gebäude
Nach Abendblatt-Informationen soll die erste Polizei-Streife – die Wache liegt an derselben Straße – bereits eingetroffen sein, als sich der gefilmte Täter noch im Gebäude befunden hatte. Rechtsanwalt Hennemann ist bereits an dieser Stelle verwundert, weshalb der oder die Täter entkommen konnten, „wenn doch die Polizei so rechtzeitig vor Ort war.“ Erst ein Sparkassen-Mitarbeiter entdeckte letztlich die Einbruchsspuren an den Schrankfächern. Insgesamt zehn Polizei-Beamte waren zum Tatort geeilt.
Die Videoaufnahmen liegen bei der Kriminalpolizei in Pinneberg. Es werden Zeugen gesucht, die am Sonntagmorgen verdächtige Personen oder Fahrzeuge in Tatortnähe beobachtet haben. Hinweise nehmen die Ermittler unter der Rufnummer 04101/2020 entgegen.