Wedel. Verteidigung müsse höchste Priorität in Deutschland haben, sagt der Chef der Firma Vincorion. Diese Summe schwebt ihm vor.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat auch in Deutschland den Wunsch nach Sicherheit verstärkt. Es gibt in der Bevölkerung eine Mehrheit für die Anhebung des Etats für die Bundeswehr.
Das fordert auch Stefan Stenzel, Geschäftsführer des Wedeler Unternehmens Vincorion. Der Betrieb ist Zulieferer der Rüstungsindustrie und stellt unter anderem in Wedel Getriebe sowie elektronische Bauteile für die Panzer Leopard II und Puma her.
Bundeswehr: Wedeler Rüstungsunternehmen fordert höheren Etat für die Verteidigung
So seien die von der Regierung aufgerufenen 100 Milliarden Euro im Sondervermögen nicht ausreichend, um die Lücken zu füllen, die durch die Einsparungen der vergangenen Jahre entstanden sind. „Der Verteidigungshaushalt muss jährlich nicht um zehn oder elf, sondern um 20 bis 30 Milliarden Euro steigen“, sagt er.
Mit dieser Forderung liegt der Vincorion-Chef noch deutlich über einem Betrag, der zuletzt in einer Studie ermittelt wurde: Wissenschaftler der Hochschule für Wissenschaft und Recht Berlin hatten in der Bevölkerung die Wertschätzung und Zahlungsbereitschaft für Sicherheit untersucht.
Studienteilnehmer fordern eine Erhöhung um 11,5 Milliarden Euro
Im Ergebnis war nach der Befragung von 1800 Teilnehmern einer Erhöhung um 11,5 Milliarden Euro des Verteidigungshaushalts ermittelt worden. Dies entspräche einer Steigerung von circa 20 Prozent. Im Jahr 2022 lag der Verteidigungshaushalt bei etwas mehr als 50 Milliarden Euro.
Eine Anhebung könne laut Studie auch über Steuern geschehen. „Im Ergebnis zeigt sich, dass weite Teile der Bevölkerung einer Anhebung von Steuern und Abgaben zur Finanzierung weiterer Maßnahmen zum Ausbau der nationalen Sicherheit und Verteidigung aufgeschlossen gegenüberstehen“, so die Autoren.
Zur Abschätzung der Zahlungsbereitschaft wurde konkret nach einem Betrag gefragt, den die Teilnehmer für angemessen hielten. Selbst wenn die Kosten für jeden Haushalt um 144 Euro pro Jahr steigen würden, etwa für größere Truppenstärke und Aufbau des Schutzschirms, wäre die Bereitschaft vorhanden.
Gut 1800 Teilnehmer nahmen an Berliner Studie teil
Zudem wurde auch die politische Ausrichtung der Studienteilnehmer abgefragt, Die Erhöhung der Truppenstärke um 25 Prozent wird von Anhängern der SPD und der Grünen besonders befürwortet, ebenso wie von der CDU. FDP-Anhänger sprechen sich vor allem für eine 50-prozentige Erhöhung aus.
„Die Gesellschaft erkennt, dass die freiheitlich-demokratische Wohlstandsordnung nicht kostenlos ist“, sagt Stefan Stenzel dazu in einer Mitteilung des Unternehmens. Er fügt an: „Wir in der Wehrtechnikindustrie spüren, dass die Wertschätzung langsam steigt.“
Man weise aber bereits seit 30 Jahren darauf hin, dass Sicherheit ihren Preis habe. Stenzel: „Jetzt wird diese Erkenntnis langsam anerkannt.“
Vincorion-Chef mahnt: „Verteidigung hat weiterhin nicht die höchste Priorität“
Noch sei nicht ganz klar, wie nachhaltig die Zeitenwende im politischen Berlin verankert sei. Stenzel: „Die Verteidigung hat weiterhin nicht die höchste Priorität.“ Bei der Beschaffung müsse man aber den Willen zum Tempo haben. Er führt das Beispiel von LNG (Liquefied Natural Gas) an, für das „rasch rasch neue Terminals für flüssiges Gas aufgestellt wurden“.
- Hafen Wedel: Ein Fall für XY ungelöst? Wirrwarr um vermisste Schiffsschraube
- Kreis Pinneberg: Kommunen schlagen Alarm - kein Platz mehr für Geflüchtete
- Ladensterben Pinneberg: Extreme Leerstände - Krise der Innenstädte im Kreis
Bundeswehretat: Stenzel fordert jährliche Steigerung um „20 bis 30 Milliarden Euro“
Erst mit einem solchen deutlich erhöhten Etat könne die Bundesrepublik die dringend für die Streitkräfte benötigte Menge an Waffen, Material, Munition und Ersatzteilen beschaffen, um die Soldaten der Bundeswehr gut auszurüsten.
Der Hauptsitz der Firma Vincorion ist in Wedel. 480 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Zuletzt stattete auch Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen Vincorion einen Besuch ab. Weitere Standorte des Unternehmens, das einst unter dem Namen AEG 1955 in Wedel den Betrieb aufgenommen hatte, mit seinen insgesamt 700 Mitarbeiter sind Altenstadt (Bayern) und Essen.