Wedel. Der große Propeller sollte in Wedel ausgestellt werden. Doch nicht mal die Stadt weiß, wo sich die durchaus stattliche Spende befindet.

Der Vorfall wird immer mysteriöser: Eine gut 2,20 Meter breite Schiffsschraube der ehemaligen Firma Gebrüder Becker soll der Stadt Wedel vermacht worden sein, damit dieses Erbstück des Ende 2021 verstorbenen letzten Inhabers Claus Becker als maritimes Symbol den Schulauer Hafen schmückt. Der Hafen nimmt immer weiter Gestalt an, doch die Schraube fehlt – und bleibt offenbar unauffindbar.

Die Firma Gebrüder Becker hatte Schrauben und Ruderanlagen zunächst in Hamburg und in der mehr als 100-jährigen Firmengeschichte bis 2014 auch in Wedel produziert. Zuletzt hatte der Holmer Rudolf de Wall, der ehrenamtlich in Wedel für das Industriemuseum Möller-Technicon arbeitet, sich darüber beschwert, dass die Schraube – auch Schiffspropeller genannt – nach wie vor nicht auf dem Hafengelände stehe.

Schulauer Hafen: Status unbekannt – Wedeler Schiffsschraube bleibt verschollen

Er hatte diesen Deal einst mit Becker und der Stadt Wedel in der Amtszeit von Niels Schmidt vom Jahr 2015 an eingefädelt. Seiner Kenntnis nach läge das Objekt bereits seit einigen Jahren auf dem städtischen Bauhof und sei möglicherweise bereits „irgendwo in Wedel verrottet.“ An eine fachgerechte Lagerung wollte de Wall nicht glauben.

Gesucht wird diese Schiffsschraube der Firma Gebrüder Becker, die früher vor dem Eingangsbereich des Traditionsunternehmens stand.
Gesucht wird diese Schiffsschraube der Firma Gebrüder Becker, die früher vor dem Eingangsbereich des Traditionsunternehmens stand. © Privat

Und anscheinend hat der Holmer damit recht. Seit Anfang Juni hatte das Abendblatt um eine Stellungnahme der Stadt Wedel über den Verbleib der Schiffsschraube gebeten. Mittlerweile ist die Antwort da: Die Verantwortlichen wissen nicht, wo das verschwundene Ausstellungsstück ist – und widersprechen der bekannten Darstellung.

Stadt Wedel: „Propeller nicht auf einem städtischen Betriebshof“

„Der genannte Schiffspropeller ist der Stadt Wedel als Dekoration für die Maritime Meile angeboten worden. Nach ersten Prüfungen ist der Propeller aber nicht, wie gemutmaßt wird, auf einem städtischen Betriebshof eingelagert“, sagt Stadtsprecher Sven Kamin.

Außer einigen wenigen schriftlichen Notizen und Protokollen, zum Beispiel aus der Hafen Arbeitsgruppe – in der Mitglieder aus Verwaltung und Politik sitzen – würde „sich nach ersten Prüfungen allerdings kein schriftlicher Vorgang zu den Abläufen in den städtischen Akten finden“, so Kamin.

Wedel: Letzte Erwähnung der Schiffsschraube stammt aus 2015

Im Protokoll der 21. Arbeitsgruppensitzung der Hafen AG vom 21. Mai 2015 steht unter dem Schlagwort Propeller: „Ein in Wedel ansässiges Unternehmen hat vor einiger Zeit einen Propeller aus der eigenen Produktion zur Ausstellung im öffentlichen Raum angeboten. Hierfür war der Stadthafen einmal im Gespräch. Für die nächste AG Hafen wird der Sachverhalt noch einmal aufgearbeitet, da die Entscheidung eigentlich schon dagegen getroffen worden ist.“

Der Holmer Rudolf de Wall arbeitet für das Möller-Technicon und beschäftigt sich unter anderem mit der Industriegeschichte Wedels.
Der Holmer Rudolf de Wall arbeitet für das Möller-Technicon und beschäftigt sich unter anderem mit der Industriegeschichte Wedels. © Marie Birmanns | Marie Birmanns

Laut der Stadt tauche das Thema jedoch in den vorangehenden und folgenden Protokollen nicht mehr auf, „sodass davon ausgegangen wird, dass keine neuere und keine anders als „Ablehnung“ lautende Entscheidung getroffen wurde.“

Auch in den im Bürgerinformationssystem verfügbaren Listen von Spenden ab dem Wert von 50 Euro seit 2013 an die Stadt Wedel finde sich kein Schiffspropeller. „Das könnte ein Hinweis sein, dass der Schiffspropeller gar nicht erst in den Besitz der Stadt Wedel übergegangen war. Nach zahlreichen Gesprächen mit einigen zu der fraglichen Zeit handelnden Personen, kann die Stadt weitere Abläufe zum Verbleib des Propellers aktuell leider nur vage rekonstruieren“, erklärt der Sprecher.

Wurde die Schiffsschraube wegen Verletzungsrisikos nicht aufgestellt?

Weder auf der „Maritimen Meile“ noch an der Feuerwache sei damals ein geeigneter Platz für den etwa einen Meter im Durchmesser großen Propeller gefunden worden. „Argumente gegen eine Aufstellung waren unter anderem mögliche Verletzungsrisiken für zum Beispiel spielende Kinder“, sagt Kamin.

„Es lässt sich nach ersten Prüfungen lediglich durch mündliche Berichte nachvollziehen, dass der Propeller von seinem ursprünglichen Standort auf dem Firmengelände von Bauhof und der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Wedel abgeholt wurde, um ihn für einen Weitertransport womöglich zu Dritten vorzubereiten“, so der Stadtsprecher.

Wedel: Spur der Schiffsschraube verliert sich an der Feuerwache

Die etwa zwei Meter lange Antriebswelle ist an der Feuerwache demontiert und entsorgt worden. Der Propeller selbst war in diesem Zuge zum Weitertransport auf eine Palette gelagert worden. Von dort verliert sich die Spur. „Diese Palette muss dann, der Rekonstruktion der Ereignisse nach, vom Gelände der Feuerwache abgeholt worden sein – von wem und mit welchem Ziel, das lässt sich heute nicht mehr sagen“, gibt Kamin zu.

Da sich der Propeller nicht auf dem städtischen Bauhhof befinde, seien unter anderem auch die Hausmeister der Stadt befragt worden, um eine Einlagerung in anderen städtischen Lagerstätten auszuschließen.

Schiffsschraube ist auch in anderen städtischen Lagerstätten nicht zu finden

„Auch dabei ergab sich kein Hinweis, dass sich der Propeller in einem Lager der Stadt Wedel befindet. Die Stadt Wedel bedauert, dass sie keine weiteren Angaben zum endgültigen Verbleib des Schiffspropellers machen kann“, sagt Kamin.

De Wall bleibt bei seiner Meinung, dass der Stadt der Vorgang bekannt sein müsste und sie den ihr vermachten Schiffspropeller am Hafen aufstellen wollte. „Wir haben seinerzeit für das Möller-Technicon mit Herrn Becker Gespräche geführt. Das ist ja bekannt“, sagt er.

Mysteriös: Schiffsschraube für Wedeler Hafen bleibt unauffindbar

Auch die Presse habe 2017 schon einmal über die Schenkung an die Stadt berichtet. Laut de Wall habe die Stadt definitiv Bereitschaft signalisiert, den Propeller aufzustellen.

„Ich vermute, dass ihn letztlich dann einfach irgendjemand mitgenommen hat, weil er dachte, dass er keinem gehört und ohnehin jahrelang nur ungenutzt herumlag.“ Vielleicht sei die Schiffsschraube auch schon längst eingeschmolzen worden. Es bleibt ein Rätsel, das wohl nie gelöst wird.