Wedel. Gernot Kaser, der massiv unter Druck stehende, freigestellte Amtsinhaber, wehrt sich juristisch gegen Vorwürfe – seine Argumente.

Nachdem bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe zwei Strafanzeigen wegen des Verdachts der Untreue gegen Wedels umstrittenen Bürgermeister Gernot Kaser (parteilos) eingegangen sind, kommt es nun von seiner Seite aus zum juristischen Gegenschlag. Er hat zwei Strafanzeigen gestellt. Zuvor hatte die Stadt selbst bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Kaser eingereicht, eine war anonym eingereicht worden.

Der 62 Jahre alte Österreicher, gegen den ein von Wedels Politikern initiiertes Abwahlverfahren läuft, hat nun ebenfalls Strafanzeigen gestellt – gegen die Stadt Wedel und gegen Unbekannt. Aktuell steht er öffentlich bereit, um mit Bürgern über die zahlreichen Vorwürfe ihm gegenüber zu sprechen. Zudem strebt der Bürgermeister an, auch gerichtlich die Abstimmung zur Abwahl am 9. Juni aussetzen zu lassen.

Wedel: Abwahl Bürgermeister Gernot Kaser – Verwaltungschef stellt Strafanzeige gegen die Stadt

Die Wedeler Stadtpolitik hatte den Termin für Kasers Abwahl beschlossen – parallel zur Europawahl am 9. Juni. Seine Vorgehensweise gab der Verwaltungschef am Dienstagabend, 7. Mai, in den Wedeler Facebook-Gruppen bekannt. Die Stellungnahme sowie die Dokumente, etwa zu den Strafanzeigen, hat Kaser auf seiner Homepage hochgeladen.

Dort berichtet er den Wedeler Bürgern, dass er wegen der Tatvorwürfe „Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ Strafanzeigen gestellt hat. Dabei führt Kaser, der von der renommierten Kieler Anwaltskanzlei Graf Kerssenbrock & Kollegen vertreten wird, als Grundlage den Paragrafen 188 des Strafgesetzbuchs an.

„Ohne Beweise“: Wedels Bürgermeister geht juristisch gegen Vorwürfe vor

Dabei geht es dem Kläger um Behauptungen im Abwahlantrag, den Stellungnahmen des Personalrates der Verwaltung und Vorwürfe, die auf der Homepage www.wedel-politik.de veröffentlicht wurden. Dort sind Informationen zu den erhobenen Anschuldigungen Kasers, der seit Mai 2022 im Amt ist, aufgeführt.

Zu den Behauptungen im Abwahlantrag heißt es in der Begründung der Strafanzeige: „Im Abwahlantrag der Stadt Wedel und im öffentlichen Protokoll wurden schwerwiegende Vorwürfe gegen Bürgermeister Kaser erhoben. Die Anschuldigungen umfassen mutmaßliche Verfehlungen in Bezug auf den Führungsstil und den Umgang mit städtischen Ressourcen.“ Diese Anschuldigungen seien ohne Beweise öffentlich gemacht worden.

Gernot Kaser: „Öffentliche Vorwürfe sind geeignet, Ruf als Bürgermeister erheblich zu schädigen“

Und weiter: „Der Personalrat hat öffentlich Vorwürfe verbreitet, die geeignet sind, den Ruf als Bürgermeister erheblich zu schädigen. Es wurde behauptet, Gernot Kaser hätte Mitarbeiter eingeschüchtert und die Stadtverwaltung falsch geführt.“ Die Vorwürfe seien dann auf der angesprochenen Website „detailliert veröffentlicht und weiterverbreitet worden. Die Darstellung erfolgte, ohne eine Gegen-Stellungnahme oder Entgegnung von Bürgermeister Kaser in angemessener Weise darzustellen.“

Diese Behauptungen seien in der Öffentlichkeit verbreitet worden und seien geeignet, „das öffentliche Wirken von Gernot Kaser erheblich zu erschweren.“ Die Behauptungen stellen laut Kasers Anwälten somit eine Verletzung von Paragaf 188 Strafgesetzbuch dar, „da sie auf seine Stellung im öffentlichen Leben abzielen und gezielt den Ruf als Bürgermeister untergraben.“

Umstrittener Bürgermeister Kaser: Abwahlverfahren mit einstweiliger Anordnung aussetzen

Parallel dazu beantragen die beauftragten Anwälte beim Verwaltungsgericht Schleswig, das Abwahlverfahren auszusetzen, bis die Sachverhalte geklärt sind. Kaser und die Juristen hoffen auf eine einstweilige Anordnung des Gerichts gemäß Paragraf 123 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Kurzum: Ziel von Kaser ist es, die für den 9. Juni 2024 angesetzte und geplante Abwahl auszusetzen. Und zwar bis zum Abschluss des derzeit laufenden Disziplinarverfahrens, der strafrechtlichen Ermittlungen wegen „scheinbarer Untreue“ durch Anzeigen der Stadt Wedel und Unbekannt, sowie wegen der Sicherstellung der Chancengleichheit der Wahl gemäß der Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins. Es habe bereits eine „Vorverurteilung“ gegeben.

Wedels Bürgermeister Gernot Kaser hofft auf eine „faire Möglichkeit“ zur Verteidigung

Die Stadt Wedel soll bis zum 9. Juni alle geeigneten und angemessenen Maßnahmen ergreifen, „um sicherzustellen, dass der Antragsteller eine faire Möglichkeit erhält, die Öffentlichkeit über seine Haltung zu den von den Antragstellern des genannten Verfahrens behaupteten disziplinaren Verfehlungen und Vorwürfen des Personalrates der Stadt Wedel zu informieren. Dem Antragsteller ist entsprechender Raum auf der Seite https://www.wedel-politik.de/ gleichberechtigt einzuräumen.“

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Nun beschäftigen sich die Staatsanwaltschaft Itzehoe und das Verwaltungsgericht in Schleswig mit den eingereichten Schriftstücken und entscheiden über den weiteren Verlauf.

Wedel: Bruch mit Politik und Co – Gernot Kaser mit vielen Vorwürfen konfrontiert

Bereits seit Monaten ist ein heftiger Streit um die Amtsführung von Wedels Bürgermeister Gernot Kaser entbrannt. Es kam zum Bruch mit der Wedeler Politik, die ihm unter anderem Falschaussagen und mangelhaftes Demokratieverständnis auf kommunaler Ebene attestiert hat. Denn: Laut Gemeindeordnung des Landes entscheide die Ratsversammlung über Wedel – der Bürgermeister sei in erster Linie Chef der Verwaltung und müsse die politischen Beschlüsse vorbereiten beziehungsweise umsetzen.

Es läuft ein vom Land Schleswig-Holstein eingeleitetes Disziplinarverfahren gegen Wedels Bürgermeister, weil Kaser einen Mitarbeiter bedrängt haben soll, Unterschriften unter Rechnungen zu leisten. Auch das Stadtmarketing beklagt sich über eine schlechte Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister.

Bürgermeister Wedel: Kasers Amtsgeschäfte ruhen – Wähler entscheiden über Verbleib

Die eigenen Rathaus-Mitarbeiter hatten ihm in einer Umfrage im November 2023 ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Vorwürfe hatte im Anschluss auch der Personalrat der Stadt Wedel in einer Brandrede aufgegriffen.

Seit Ostern ruhen nach Entscheidung der Politik Kasers Amtsgeschäfte. Sollte die Abwahl am Sonntag, 9. Juni, stattfinden, müssen sich mindestens 20 Prozent der Wedeler Wähler beteiligen. Entscheiden sich also mindestens gut 5600 Wahlberechtigte für Kasers vorzeitigen beruflichen Abschied, ist er bei einer Mehrheit trotz Amtszeit bis 2028 seinen Job los. Stimmen die für die Wahl zugelassenen Wedeler mehrheitlich dagegen, bleibt der Bürgermeister im Amt.