Wedel. Vor dem Abwahltermin am 9. Juni hat die Politik die Inhalte des Schreibens an alle Wedeler beschlossen. Diese Punkte stehen drin.
Nachdem auf der Ratsversammlung die Politik mit einem klaren Votum das Abwahlverfahren des Wedeler Bürgermeisters Gernot Kaser gestartet hatte, ist auf der Sondersitzung am Donnerstag, 11. April, erneut ein eindeutiger Beschluss der Politiker gefasst worden.
Der Amtsinhaber, der im Mai 2022 von den Wedelern als Nachfolger von Niels Schmidt für sechs Jahre gewählt worden war, sieht sich immer lauter werdender Kritik ausgesetzt, die sich letztlich in dem Wunsch der Politik äußerte, die Zusammenarbeit vorzeitig zu beenden.
Abwahlverfahren Bürgermeister Gernot Kaser: Wedeler Wähler entscheiden über Verbleib
Es ging nun um das begründende Informationsschreiben, das den Wedeler Haushalten voraussichtlich Ende April per Post erreicht. Denn: Am Sonntag, 9. Juni, entscheiden die Wahlberechtigten der Rolandstadt, parallel zur Europawahl, ob der seit Monaten harsch kritisierte amtierende Bürgermeister sein Amt bis zur kommenden Bürgermeisterwahl 2028 weiter ausüben soll– oder vorzeitig abgewählt wird.
Die Inhalte sind einstimmig beschlossen worden – bei Enthaltung des auf dieser Sitzung neu vereidigten nachrückenden Ratsmitglieds Birgit Neumann-Rystow der Fraktion Wedeler Soziale Initiative (WSI). Sie enthielt sich, da sie sich in die Kritikpunkte an Kaser, die in nicht-öffentlichen Sitzungen besprochen worden waren, zuvor noch nicht einarbeiten konnte.
Gemeindeordnung: Kaser darf seine Sicht der Dinge nicht dem Schreiben hinzufügen
Übrigens: Kaser darf nach eigener Aussage in diesen Unterlagen seine Sicht der Dinge nicht schildern. „Leider darf ich so ein Informationsschreiben den Wahlunterlagen nicht beilegen“, schrieb der Bürgermeister, dessen Amtsgeschäfte bis zum 9. Juni ruhen, in einem Beitrag im sozialen Netzwerk Facebook. Zur Einwohnerfragestunde zu Beginn der Ratssitzung hatte Stadtpräsident Julian Fresch zu dem Thema ebenfalls erwidert, dass dies die Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein nicht vorsehe.
Im Schreiben der Politik, das den Wedeler Wahlberechtigten als Informationsgrundlage für die Entscheidung dienen soll, heißt es an jene gerichtet: „Mit seiner Wahl zum Bürgermeister hat Gernot Kaser hohe Erwartungen geweckt. Leider hat er sie in seiner Amtsführung enttäuscht. Statt des versprochenen „frischen Winds“ weht seit zwei Jahren im Rathaus eine „kalte Brise“. Die von ihm angekündigte „klare Kante“ hat sich als unangemessener Umgang mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwiesen.“
Kaser habe „neue schwer zu durchschauende“ Strukturen geschaffen
Entgegen dem Bild, das er von sich in der Öffentlichkeit zeichne, werde jener auch seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Er habe unter anderem nicht, „die von ihm beklagten ‚alten Strukturen‘“ aufgebrochen, sondern neue „neue, schwer zu durchschauende geschaffen“. Kaser missachte den Rat „als gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger“ und auch das Fachwissen des Rathauspersonals werde nicht von ihm genutzt, obwohl jenes für eine Arbeit zum Wohl der Stadt „unverzichtbar“ sei.
Im Informationsschreiben werden weitere – öffentlich bekannte – Kritikpunkte genannt, wie beispielsweise Kasers Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften, Vertraulichkeit, Datenschutz oder gesetzliche Mitbestimmungsrechte des Personalrats. Auch die Veröffentlichungen amtlicher Schreiben auf Facebook – ohne Zustimmung anderer Beteiligter – des amtierenden Bürgermeisters wird angemahnt.
Wedel: Keine Hoffnung mehr auf eine vertrauensvolle und kooperative Zusammenarbeit mit Bürgermeister
Zudem wird das verloren gegangene Vertrauen in die Führungskompetenzen Kasers beschrieben, das neben der Politik auch die Verwaltungsmitarbeiter beträfe. Es bestehe laut des Informationsschreibens keine Hoffnung mehr auf eine vertrauensvolle und kooperative Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister, der sich trotz mehrfacher Hilfsangebote nicht bei Vorgängen unterstützen lassen wollte.
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Der Personalrat der Verwaltung hatte in der Vergangenheit ebenfalls eindringlich öffentlich erklärt, dass viele Mitarbeiter ihren Job wegen der frustrierenden Situation kündigen möchten. Die Beschäftigungsquote im Rathaus hatte zum Jahresende 2022 bei 94 Prozent gelegen, ein Jahr später waren es dann 87 Prozent.
Disziplinarverfahren: Klärung „unterschiedlicher Rechtsauffassung“ zwischen Bürgermeister und Politik
Auch das laufende Disziplinarverfahren gegen Gernot Kaser wird von den Politikern angeführt. Es wird wegen des Verdachts eines Dienstvergehens Kasers ermittelt. Die genauen Gründe dieses und anderer Sachverhalte dürfen aus juristischen Gründen jedoch auch weiterhin nicht öffentlich werden. Zum Disziplinarverfahren heißt es etwa lediglich: „Die Gremien hatten sich zur Klärung einer unterschiedlichen Rechtsauffassung von Politik und Bürgermeister an das Ministerium gewandt.“
Der Rat der Stadt Wedel bezweifele, mit Kaser „die großen Probleme Wedels zu lösen“. Neue Firmen für Wedel zu gewinnen „oder das Verwaltungspersonal zu halten und neu zu gewinnen.“ Die Politik fordert die Wedeler auf, mit ihrem „Ja“ für die Abwahl am 9. Juni zu stimmen.
Vorsitz Haupt- und Finanzausschuss: Valerie Wilms hört auf – Philipp Grüßner ist Nachfolfer
Als Nachfolger von Valerie Wilms, die als Teil der WSI-Fraktion ihr Ratsmandat abgelegt hatte und Vorsitzende des Wedeler Haupt- und Finanzausschusses war, wählten die Politiker Philipp Grüßner (WSI). Stellvertretende Bürgermeisterin ist Julia Fisauli-Aalto (CDU), die bis zum 9. Juni die Amtsgeschäfte führt.
Ihr Stellvertreter ist Tobias Kiwitt (Bündnis 90/Die Grünen). Er war bei der Bürgermeisterwahl 2022 einer der drei Kandidaten, verpasste jedoch die Stichwahl, die Gernot Kaser gegen Niels Schmidt, der 18 Jahre Wedeler Bürgermeister war, für sich entscheiden konnte.