Uetersen/Kaltenkirchen. Die Männer sollen das Opfer in Uetersen hingerichtet haben. Einer schoss schon 2015 vor Schenefelder Disco Männer nieder - die Details.
Knapp fünf Monate nach dem rätselhaften Leichenfund an der Holstentherme in Kaltenkirchen sind die Ermittler den mutmaßlichen Mördern auf der Spur. Und auch der Tatort steht inzwischen fest: ein Gebäude in Uetersen. Der neue Hauptverdächtige der Polizei ist dabei kein Unbekannter. Er schoss bereits 2015 in Schenefeld einen Kontrahenten nieder.
Der Mordfall bleibt indes nebulös: Wie berichtet, war am 25. November um 2.41 Uhr in unmittelbarer Nähe zur Holstentherme die Leiche eines 27 Jahre alten Albaners gefunden worden, der mit einem Kopfschuss hingerichtet worden sein soll. Der Tipp zum Fundort kam vom vermeintlichen Täter: Ein 17-jähriger Heranwachsender, der albanisch spricht, hatte sich zuvor auf der Polizeiwache in Pinneberg gemeldet und den Mord gestanden.
Toter in Kaltenkirchen: Ermittler hatten schnell Zweifel an der Täterschaft des 17-Jährigen
Doch obwohl die Leiche tatsächlich am angegebenen Ort lag, hatten die Ermittler schnell Zweifel an der Täterschaft des jungen Mannes, der wegen Totschlag in Untersuchungshaft genommen wurde. Offenbar nicht ganz zu Unrecht. „Es laufen derzeit Ermittlungen gegen weitere Beschuldigte“, bestätigt Jochen Zimmermann, Sprecher der Mordkommission der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe.
Weitere Angaben machte der Polizeisprecher aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nicht. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung sollen aber ein 60 Jahre und ein 30 Jahre alter Mann, einer aus Hamburg, der andere aus Uetersen, unter dringendem Tatverdacht stehen.
Mord in Uetersen: Folie, in die die Leiche gewickelt war, führte Polizei zu Tatverdächtigen
Beide sollen sich in die Türkei abgesetzt haben. Motiv für die Tat soll ein Streit um Drogengeschäfte gewesen sein. Die Folie, in die die Leiche eingewickelt war, soll die Beamten auf die Spur der Männer gebracht haben. Auch gegen zwei weitere Mitbeschuldigte werde ermittelt.
Ende Januar hatten 130 Polizeibeamte zehn Objekte in Uetersen, Schenefeld, Hamburg und Bremen durchsucht. Dabei wurde unter anderem in Uetersen eine professionelle Hanfplantage mit 120 Pflanzen entdeckt.
Ein Durchsuchungsobjekt war eine geschlossene Sisha-Bar an der Straße Großer Sand in Uetersen. Dort sollen Blutspuren gefunden worden sein, die vom Toten stammen. Daher sei davon auszugehen, dass der Mord dort geschah und die Leiche in Kaltenkirchen nur abgelegt wurde.
Leiche am Sauna-Pardies: Mord soll in den Räumen des ehemaligen Café verübt worden sein
Lounge67 prangt heute an der Fassade des Hauses in Uetersen. Dort befand sich bis 2005 das bekannte Szene-Lokal Café Bowy, zuletzt machte die Lokalität als Sisha-Bar Negativschlagzeilen. Unter dem Namen Hayat-Lounge 2017 eröffnet, stürmten im März des Jahres 25 bis 30 „südländisch aussehende Männer“ das Etablissement und verwüsteten es.
Nun soll in diesen Räumen ein Mord verübt worden sein. Einer der Tatverdächtigen, ein 30 Jahre alter Uetersener, ist laut Abendblatt-Informationen wegen einer weiteren, im Kreis Pinneberg verübten Bluttat vorbestraft. Es soll sich um Ferhat K. (30) handeln – den Mann, der am 19. April 2015 vor der Schenefelder Kult-Disco Ebert`s zwei Männer mit Schüssen aus einer halbautomatischen Ceska niedergestreckt hatte.
Hauptverdächtiger ist für eine zweite Bluttat im Kreis Pinneberg verantwortlich
Das damalige Hauptopfer, Armin B., hatte einige Zeit zuvor einen Bekannten von Ferhat K. derart massiv zusammengeschlagen, dass dieser seitdem erwerbsunfähig ist und unter Betreuung gestellt werden musste. An dem Abend waren die beiden Männer zufällig zusammengetroffen, weil die Verlobte von Ferhat K. im „Ebert‘s“ feierte und dort wiederum von Armin B. und seinen Freunden belästigt worden sein soll.
Als Ferhat K., der sich mit einem Taxi von Uetersen nach Schenefeld kutschieren ließ, seine Verlobte daraufhin abholen wollte, traf er im Eingangsbereich auf Armin B.. Er stellte den ehemaligen St. Pauli-Jugendspieler zur Rede, es folgte ein Wortgefecht.
Ferhat K. schoss einem Nebenbuhler in den Unterleib
Im Anschluss zog Ferhat K. die halbautomatische Ceska aus dem Schulterholster, entsicherte sie und schoss auf den Kontrahenten. Als Armin B. im Unterleib getroffen – er erlitt einen schmerzhaften Penis-Durchschuss – zu Boden ging, schoss Ferhat K. nochmals auf ihn. Die Kugel verfehlte den am Boden liegenden Mann und zerschmetterte einem unbeteiligten Disco-Besucher das Schienbein.
Bereits nach dieser Tat hatte sich Ferhat K. in sein Heimatland, die Türkei, abgesetzt. Einen Monat später, als die Polizei ihn bereits zur Fahndung ausgeschrieben hatte, reiste er zurück nach Deutschland und stellte sich den Behörden.
Nach der Urteilsverkündung rastete Ferhat K. im Gerichtssaal aus
Im Prozess vor dem Landgericht Itzehoe gab er zu, geschossen zu haben, wollte jedoch nicht in Tötungsabsicht gehandelt haben. Sein damaliger Verteidiger forderte eine Bewährungsstrafe. Die Kammer urteilte jedoch, dass Ferhat K. den Tod des Kontrahenten billigend in Kauf genommen hat.
Sie schickte den damals 23-Jährigen am 15. Juli 2016 wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und illegalen Waffenbesitzes für fünfeinhalb Jahre hinter Gitter. Ferhat K., dem zwischenzeitlich Haftverschonung gewährt worden war, wurde noch im Gerichtssaal wieder verhaftet und rastete völlig aus, beschimpfte das Gericht und warf vor Wut Tische und Stühle um.
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Der heute 30-Jährige scheiterte mit der Anfechtung des Urteils. Er soll nach Abendblatt-Informationen einen Großteil der Strafe abgesessen und dann nach Uetersen zurückgekehrt sein. Ende 2022 gründete er unter seinem Namen eine Firma für Bau- und Dienstleistungen, die erlaubnisfreie Baudienstleistungen, aber auch Autohandel und -vermietung sowie Transport- und Logistikleistungen anbietet.
Sitz dieser Firma sowie eines weiteren Unternehmens, bei dem laut Handelsregister ebenfalls Ferhat K. als einer der Geschäftsführer eingetragen ist, ist eine Adresse in Bremen. Nach Abendblatt-Informationen gehören diese Firmenräume zu den Ende Januar durchsuchten Objekten.
Nach Mord in Uetersen: Türkei liefert keine Staatsbürger an Deutschland aus
Ob sich Ferhat K., wenn er sich tatsächlich in der Türkei befindet, auch in diesem Fall den Ermittlern in Deutschland stellen wird, erscheint zweifelhaft. Denn dieses Mal droht im schlimmsten Fall eine lebenslange Haftstrafe, sollte die Anklage auf Mord lauten. In der Türkei wäre der 30-Jährige in Sicherheit. Eigene Staatsangehörige liefert das Land nicht an Deutschland aus.
Anklagen wird die Staatsanwaltschaft in Kürze auch den 17-Jährigen, der die Tat bei der Polizei auf sich nahm. Allerdings nicht mehr wegen Totschlags oder Mord, sondern vermutlich nur noch wegen Vortäuschens einer Straftat. Ob er noch in Untersuchungshaft sitzt oder inzwischen wieder auf freien Fuß ist, wurde nicht bekannt.