Schenefeld/Itzehoe. Prozessauftakt gegen den 23 Jahre alten Ferhat K., der am 19. April 2015 vor dem Schenefelder Ebert’s zwei Männer niederschoss.
Die Anspannung ist Ferhat K. anzumerken, als er am Montag flankiert von seinen zwei Verteidigern den Saal des Landgerichts Itzehoe betritt. Für den Norderstedter, dem Staatsanwältin Maxi Wantzen versuchten Totschlag vorwirft, steht eine Menge auf dem Spiel. Dem 23-Jährigen, der im April vergangenen Jahres als Disco-Schütze von Schenefeld Schlagzeilen machte, droht eine mehrjährige Haftstrafe.
Um den Gang hinter Gitter abzuwenden, machte der Angeklagte gleich am ersten Prozesstag reinen Tisch. Verteidiger Andreas Thiel verlas eine Erklärung des 23-Jährigen, in der er die Verantwortung für die Schüsse im Eingangsbereich der Disco übernimmt und sein Bedauern darüber ausdrückt. „Ich habe vollkommen überreagiert. Ich mache mir schwere Vorwürfe, dass ich die Waffe besessen und sie auch eingesetzt habe.“
Der in Elmshorn geborene Angeklagte gibt an, sich in der Nacht zum 19. April 2015 auf einem Junggesellenabschied aufgehalten zu haben. Dort habe er den Anruf erhalten, dass seine Verlobte im Ebert’s von mehreren Männern belästigt worden sei. „Als ich dort eintraf, herrschte bereits im Eingangsbereich eine aufgeladene Stimmung. Mehrere junge Männer befanden sich im Disput mit den Türstehern“, so der Angeklagte. Er sei dort auf seine Verlobte getroffen, die ihm von dem Vorfall erzählt habe, für den hauptsächlich ein Mann namens Armin verantwortlich gewesen sei. „Ich habe sie dann zurück in die Disco geschickt, um ihre Jacke zu holen.“ Währenddessen sei ihm aufgegangen, dass die gesuchten Personen zu der Gruppe gehören, die sich mit den Türstehern stritt.
„Es fielen Sprüche wie ich solle doch besser auf meine Freundin aufpassen und sei selbst schuld, wenn sie ein anderer anmacht“, so der Angeklagte. Als ein von den anderen als Armin bezeichneter Mann einige Schritte auf ihn zugekommen sei, habe er die Nerven verloren, die Waffe gezogen und abgedrückt. „Das ging alles extrem schnell, ich habe zwei Schüsse hinter-
einander abgegeben“, so Ferhat D. in seiner Erklärung.
Er beteuerte mehrfach, er habe niemanden töten wollen. „Wenn ich das vorgehabt hätte, hätte ich das auch in die Tat umsetzen können.“ Er habe bewusst nicht auf Bauch, Oberkörper oder den Kopf der beiden Männer geschossen, sondern die Waffe nach unten gerichtet. Zudem hätte er weitere Schüsse abgeben können, schließlich sei noch genügend Munition in der Waffe vorhanden gewesen. Die halbautomatische Kurzwaffe der Marke Ceska habe er immer bei sich getragen, weil er sich bedroht gefühlt habe. „Ich habe sie vorher noch nie auf Menschen gerichtet“, beteuerte der 23-Jährige.
Der ehemalige St.-Pauli-Jugendspieler Armin B., 23, erhielt einen Schuss in den Unterleib. Sein Freund Hamed D. wurde am rechten Unterschenkel getroffen. Beide hatten den 23. Geburtstag von Armin B. im „Piranha Club“ des Ebert’s gefeiert.
Mit Hamed D. hat sich der Angeklagte inzwischen außergerichtlich auf eine Schmerzensgeldzahlung geeinigt. Um die Summe begleichen zu können, hat der 23-Jährige einen Kredit seines Arbeitgebers erhalten. Mit Armin B., der einen äußerst schmerzhaften Penis-Durchschuss erlitt, ist bisher keine Einigung zustandegekommen. Die finanzielle Entschädigung der beiden Opfer, die am nächsten Prozesstag als Zeugen aussagen werden, hat keinen Einfluss auf das Strafverfahren.
Der zweite Verteidiger Christian Schumacher regte zum Prozessauftakt eine Verständigung aller Verfahrensbeteiligter an, die zu einer verkürzten Beweisaufnahme führen könne. „Unser Ziel wäre es, zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu kommen“, so Schumacher. Die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt („Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt“) lehnte eine Verständigung ebenso ab wie Staatsanwältin Maxi Wantzen. „Ich bin weiterhin der Meinung, dass ein Tötungsvorsatz seitens des Angeklagten vorlag“, so die Anklägerin. Daher komme aus ihrer Sicht eine Bewährungsstrafe nicht in Betracht.
Ferhat D. war nach den Schüssen in die Türkei geflohen. Ende Mai kehrte er nach Deutschland zurück, wurde verhaftet und nach kurzer Zeit aus der Haft entlassen, nachdem er die Tat gestanden hatte. Das Landgericht hat sieben weitere Verhandlungstage bis Ende Juni angesetzt, inzwischen wurden mehr als 40 Zeugen geladen.