Quickborn/Ellerau. Quickborn rät seiner Nachbargemeinde, jetzt ganz schnell einen neuen Bebauungsplan aufzusetzen. Der Effekt könnte enorm groß sein.
Im Quickborner Rathaus wird intensiv daran gearbeitet, nach Möglichkeiten zu suchen, wie das drohende Verkehrschaos auf der Bahnstraße durch das Hillwood-Projekt im benachbarten Ellerau noch verhindert werden kann. Auf einer nun eiligst zwischen den Feiertagen einberufenen Pressekonferenz verkündete Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann jetzt, die Lösung gefunden zu haben.
Die Gemeinde Ellerau solle möglichst schnell, also noch im Januar 2024, einen neuen Bebauungsplan für das Industriegebiet am AKN-Bahnhof Tanneneck aufsetzen und unmittelbar danach eine Veränderungssperre erlassen.
Hillwood-Projekt: Bis zu 1600 Lkw-Fahrten am Tag sollen unbedingt verhindert werden
Dann könnte das Vorhaben des US-Logistik-Konzerns Hillwood noch verhindert werden, ist Beckmann überzeugt. Der geplante Bau von fünf jeweils einen Hektar großen Lagerhallen würde nach aktueller Planung beiden Kommunen zurzeit bis zu 1600 Lkw-Fahrten zusätzlich am Tag bescheren - vom Buchenweg und der Werner-von Siemens-Straße in Ellerau über die Bahnstraße und die Friedrichsgaber Straße in Quickborn zur Autobahnauffahrt an der A7.
Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die bereits im Februar 2023 vom Kreis Segeberg erteilte Baugenehmigung noch zu Fall gebracht werden könnte, führte Alp Kor, Leiter des Quickborner Rechtsamtes, den Weg auf. Ob das durch den Kreis Segeberg erfolge, der die Widersprüche aus Quickborn und Ellerau zuließe, oder das Innenministerium, das der Fachaufsichtsbeschwerde aus Quickborn stattgebe, sei unerheblich.
Voraussetzung ist, dass die Baugenehmigung unwirksam wird
In dem Augenblick – „in dieser logischen Sekunde“, so Kor - wäre die Baugenehmigung unwirksam und die Gemeinde Ellerau hätte mit dem neuen B-Plan einen Hebel, ihre Planungshoheit für das Gebiet zurückzugewinnen. Sofern die Gemeinde bis dahin einen formalen Aufstellungsbeschluss für einen neuen B-Plan vom Gemeinderat beschlossen und eine Veränderungssperre erlassen hätte, die dann mindestens zwei Jahre lang Bestand habe, in der dort nichts anderes als im B-Plan vorgesehen errichtet werden dürfte.
Es wäre „einfacher“ gewesen, wenn Ellerau den gültigen B-Plan von 1965, der zuletzt 1983 verändert wurde, vor dem Ankauf der zehn Hektar großen Industriebrache und dem Bauantrag vom April 2022 durch den Hillwood-Konzern in ein kleineres Gewerbegebiet umgewidmet hätte, sagt Beckmann.
Beckmann: Der alte B-Plan hätte von Ellerau längst angepasst werden müssen
Dieser alte B-Plan sei ohnehin völlig überaltert gewesen und hätte längst an die heutigen Verhältnisse angepasst werden müssen, so Beckmann. „Aber es ist noch nicht zu spät. Die Frage ist nun: ‚Will man es oder will man es nicht?‘“ Das Heft des Handelns liege auf der Seite Elleraus.
Sofern diese Frage bejaht werde, sollte jetzt rasch gehandelt werden, rät die Quickborner Verwaltung, die ohnehin die Gemeinde Ellerau mitverwaltet. Schon auf der nächsten Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses der Gemeinde Ellerau am 17. Januar könnte dies so beraten und beschlossen werden, empfiehlt die Quickborner Verwaltung.
Im Januar könnte der Ellerauer Ausschuss diesen Ausweg beschreiten
Eine Sondersitzung der Gemeindevertretung Elleraus noch im Januar oder Anfang Februar sollte diesen B-Plan-Aufstellungsbeschluss mit Veränderungssperre bestätigen. Dann würde diese greifen, sobald die Baugenehmigung von Kreis oder Land zurückgezogen würde, womit Beckmann im ersten Quartal 2024 rechne.
Die Baugenehmigung hält er ohnehin für „offensichtlich rechtswidrig“, weil sie erfolgt sei, ohne gutachterlich überprüft zu haben, ob die Erschließung des Geländes das zusätzliche Schwerlast-Verkehrsaufkommen gegeben sei und die vorhandenen Zufahrtsstraßen den zusätzlichen Schwerlastverkehr vertragen könnten. Das habe der Kreis Segeberg vor Erteilung seiner Baugenehmigung unterlassen.
Bürgermeister Beckmann: Wir alle nutzen dieselben Straßen zur Autobahn
Beckmann sieht die Bürgerinnen und Bürger beider Kommunen hierbei in einem Boot. Weder den Ellerauern noch den Quickbornern sei diese „Verkehrskatastrophe“ zuzumuten, die eine Realisierung des Hillwood-Projektes mit sich bringen würde. „Wir alle nutzen ja dieselben Straßen zur Autobahn“, sagt Beckmann. „Ich weiß, dass das auch in Ellerau mit großer Sorge betrachtet wird.“
BVE-Gemeindevertreter Julian Sander, der dem Ellerauer Planungsausschuss vorsitzt, kündigt auf Nachfrage des Abendblatts an, dass er tatsächlich vorhabe, auf dieser Sitzung am 17. Januar darüber beraten zu lassen. Ob es dann wirklich zu einem neuen B-Plan-Beschluss mit der gewünschten Veränderungssperre kommen wird, wie die Quickborner Verwaltung nun dringend empfiehlt, lässt er offen.
Die Ellerauer Politiker sind skeptisch, ob das der richtige Weg sei
Die Ellerauer Gremien hätten über diese Möglichkeit bereits diskutiert. „Das ist keine Idee, die Quickborn neu entwickelt hat.“ Er wünschte sich, dass die Quickborner Verwaltung dann auch die städtebauliche Zielsetzung für den neuen B-Plan für Ellerau so ausformuliere, dass diese möglichen „juristischen Prozessen“ standhielte.
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Diese Expertise sollte sich Ellerau von externen Planungsbüros einholen, rät Felix Thermann, Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung in Quickborn. „Es bedarf einer fundierten Begründung, was man dort künftig machen will.“ Mit einem Anwalt und einem Stadtplaner könnte diese neue Zielsetzung eines B-Plans, der erheblich weniger Schwerlastverkehr zuließe, in dem Aufstellungsbeschluss des B-Planes rasch „gut begründet“ werden, ist auch Rechtsamtsleiter Kor überzeugt.
Elleraus Bürgermeister: Das Risiko trägt aber Ellerau und nicht Quickborn
Elleraus Bürgermeister Ralf Martens (BVE) hält es dagegen für „nicht notwendig, so schnell auf diesen Zug aufzuspringen“. Quickborn habe „grundsätzlich andere Interessen als Ellerau“, glaubt Martens. „Alle Risiken müsste Ellerau tragen.“
Damit meint er mögliche Regress- oder Schadensersatzansprüche seitens der Firma Hillwood, sollte diese ihr Projekt jetzt nicht mehr in der beabsichtigten Größe realisieren können. Darum stehe für ihn jetzt eher an erster Stelle, dass sich Quickborn und Ellerau auf ein Lkw-Verkehrsaufkommen einigten, mit dem alle Seiten gut leben könnten – auch der Investor.