Kreis Pinneberg/Quickborn. Erstmals erklärte der Investor selbst das Projekt. Es sei eine „Perle“ mit „bestem Standort“. Bürger sind beunruhigt, Stadt klagt.
Das Interesse ist groß an diesem geplanten Mega-Projekt an der Bahnstraße in Ellerau. Gut 250 Bürgerinnen und Bürger aus Quickborn und Ellerau waren trotz Schneetreibens in die Sporthalle am Hoyerweg gekommen, um aus erster Hand zu erfahren, was der US-Konzern Hillwood nun wirklich auf der zehn Hektar großen Fläche vorhat.
Das Industriegelände am AKN-Bahnhof Tanneneck liegt wie mehrfach berichtet seit 20 Jahren brach. Nun soll es bald einer der größten Standorte seines Logistik-Unternehmens werden, kündigte Markus Müller als offizieller Vertreter des Investors an.
Hillwood-Projektleiter: „Ellerauer Standort ist eine richtige Perle“
Und der „Director Project Management“ der deutschen Hillwood-Zentrale in Frankfurt lobte das Areal zwischen der Werner-von Siemens-Straße, dem Buchenweg und den AKN-Gleisen über den grünen Klee: „Der Standort gefällt uns super gut. Für uns ist er eine richtige Perle“, schwärmte der Mitarbeiter der Milliardärsfamilie Ross Perot aus Dallas, Texas, die den Hillwood-Konzern 1989 gegründet hat und zehn ihrer 614 Mitarbeiter in Deutschland beschäftige.
„Das hier in Ellerau wird eines der besten Projekte in ganz Deutschland. Da bin ich mir zu 100 Prozent sicher“, sagte Müller vollkommen überzeugt in einer kleinen Pause dem Abendblatt-Reporter.
80 Millionen Euro will US-Konzern in Ellerau investieren
80 Millionen Euro wolle sein Unternehmen in das Projekt in Ellerau investieren, sagte er. Etwa 20 Millionen Euro davon seien bereits in den Ankauf des Grundstücks, Boden- und Gebäude-Analysen und den Bauantrag geflossen, den die Bauaufsichtsbehörde des Kreises Segeberg Ende Februar genehmigt hat.
Dagegen haben aber sowohl die Stadt Quickborn und die Gemeinde Ellerau wie auch zwei benachbarte Gewerbebetriebe Widerspruch eingelegt, weil sie den zusätzlichen Schwerlastverkehr fürchten.
Ein Mix aus Logistik und Fertigung soll im 24/7-Betrieb entstehen
Auf dem Gelände sollen fünf gleich große Hallen errichtet werden, die den künftigen Mietern jeweils 10.000 Quadratmeter Platz böten, führte der Vertreter des Investors weiter aus. Eine 5-Megawatt Solarstromanlage soll auf den Dächern installiert werden. Diese würde keineswegs nur als Lagerhallen genutzt werden.
Wie auch bei den 22 anderen Standorten von Hillwood könnten dort sehr wohl auch Produktionsstätten untergebracht werden, die zum Beispiel Fahrzeugteile für die Automobilindustrie fertigten oder Lüftungstechnik herstellten. Er gehe von einem „Mix aus Logistik und Fertigung“ aus, sagte Müller. Jeder Hallenkomplex könnte bis zu 100 Mitarbeitende beschäftigen.
Hillwood: Mieter würden noch gesucht, Banken stünden Schlange
Die tatsächlichen Mieter stünden allerdings noch nicht fest. Die Vermarktung beginne erst, wenn alle Widersprüche oder angekündigten Klagen abschlägig behandelt seien, kündigte Müller an und betonte, diese richteten sich aber nur gegen die Kreisbehörde. „Wir werden nicht beklagt und wir klagen nicht.“
Ein Businessplan für die Vermietung sei aber natürlich vorher für Ellerau erstellt worden. Etwaige Zuschüsse oder Fördergelder brauche Hillwood nicht, könnte sogar alles aus eigener Tasche finanzieren, betonte Müller. Es seien aber schon etwa ein Dutzend Banken und Kreditinstitute sehr interessiert, mit Hillwood hier ins Geschäft zu kommen.
Investor: Verkehrsgutachten habe 1000 Lkw-Fahrten geprüft und gut befunden
Auch die gute Erreichbarkeit mit dem baldigen S-Bahnhof Tanneneck vor den Werkstoren lobte der Investor. Sogar die Verkehrsanbindung über Bahnstraße und Friedrichsgaber Straße zur Autobahnauffahrt Quickborn halte er für „gut bis befriedigend“, sagte Müller und verwies auf ein eigenes Verkehrsgutachten vom August dieses Jahres, das den Verkehrsfluss untersucht und für gut befunden habe.
Dabei ging ein Raunen durch die voll besetzte Sporthalle, da zuvor auf dem Podium Elleraus Bürgermeister Ralf Martens und einige Ellerauer Gemeindevertreter gerade diese wegen der schmalen Straßen, dem Schülerverkehr und den ohnehin im Berufsverkehr schon überlasteten Zufahrtsstraßen stark bemängelt hatten.
Öffentlich machen möchte Investor das Verkehrsgutachten nicht
Geprüft worden seien dabei 500 Lkw-Fahrten hin und wieder zurück, also 1000 Lkw-Fahrten am Tag, erklärte Müller. Also nicht 1600 Fahrten, wie von Kritikern aus Quickborn behauptet wurde. Dieses angeblich „unabhängige Verkehrsgutachten“ möchte Müller aber auf Abendblatt-Anfrage hin lieber nicht zugänglich machen. „Ich rechne hier aus der Erfahrung mit anderen Standorten von uns mit 150 bis 200 Lkw-Fahrten am Tag“, sagt der Hillwood-Vertreter.
Dass das den meisten Anliegern immer noch zu viel ist, zeigten deren besorgte Fragen, die zu Dutzenden von eingesammelten Zetteln öffentlich vorgelesen und beantwortet wurden. Ob die Schwerlaster auch durch die Wohnstraßen führen, wer die Straßen ertüchtigen soll, ob die Hallen auch nachts beleuchtet und wie lange sie überhaupt in Betrieb sein würden, wollten die Anwohner wissen.
Investor: Nachts wird es höchstens zehn Lkw pro Stunde geben
Da blitzte auch ein erster Konflikt zwischen der Gemeinde Ellerau und dem Investor auf. Bislang hat die Gemeinde das Mega-Projekt sehr wohlwollend begleitet und die Ellerauer Gemeindevertretung bereits im Mai vorigen Jahres mehreren Abweichungen vom Bebauungsplan von 1965 und 1982 einmütig zugestimmt, wie Bürgermeister Martens betonte. Der Bauantrag wäre aber sowieso vom Kreis genehmigt worden, behauptete er.
Doch als Investor Müller nun von einem 24/7-Betrieb sprach, also die Anwohner künftig rund um die Uhr mit An- und Auslieferverkehr und beleuchtetem Betrieb zu rechnen hätten, wunderte Gemeindevertreter Sebastian Fischer dann doch. In der Baugenehmigung des Kreises werde von einem täglichen Betrieb von 6 bis 24 Uhr gesprochen. Müller beruhigte – und wieder ging ein Raunen durch die Halle: „In der Nacht werden es höchstens zehn Lkw pro Stunde sein.“
Hollwood: Für Gemeinde Ellerau stünden die Chancen im Vordergrund
Doch für Ellerau stünden die Chancen im Vordergrund, führte Bürgermeister Martens aus. Endlich würden die Industrieruinen verschwinden und ein lange brach liegendes Gelände wiederbelebt, das das gesamte Gewerbegebiet aufwerten würde, führte er stolz aus und verwies auf mögliche Gewerbesteuereinnahmen für Ellerau. Ohnehin glaube er nicht, dass das Hillwood-Projekt noch aufzuhalten sei. „Es besteht gar keine Chance, es zu stoppen“, sagte Martens auf eine entsprechende Frage aus dem besorgten Publikum.
Warum aber Ellerau wegen der schwierigen Verkehrsanbindung im Vorwege nicht eine Veränderungssperre erlassen habe, wie dies beispielsweise die Stadt Haßloch bei einer ähnlichen Hillwood-Anfrage getan hat, sagte der Ellerauer Bürgermeister nicht.
US-Konzern: Quickborn will vor Gericht einen Baustopp erzwingen
Die Stadt Quickborn sieht das Projekt erklärtermaßen erheblich kritischer. Ihr neuer Bürgermeister Thomas Beckmann hatte erst kurz nach seinem Amtsantritt im November vorigen Jahres von dem Mega.-Projekt erfahren, das da direkt an der Stadtgrenze geplant ist und über die stadteigenen Straßen abgewickelt werden soll.
Quickborn habe sofort gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt und vor wenigen Tagen beim Verwaltungsgericht Schleswig um einstweiligen Rechtsschutz ersucht, damit ihr Widerspruch und eine mögliche Klage aufschiebende Wirkung zeitigten und einen Baustopp erwirken könnten.
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Für Quickborns Bürgermeister Beckmann steht fest: „Eines ist sicher: Das Hillwood-Projekt mit seinen katastrophalen Auswirkungen auf den Verkehr und für die Anwohner muss gestoppt werden. Aus diesem Grund kämpfen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln für die Aufhebung der objektiv rechtswidrigen Baugenehmigung, die Quickborn in seinen grundgesetzlich geschützten Rechten beschneidet.“