Quickborn/Ellerau. Dienstag will ein Hillwood-Vertreter erstmals das Projekt erklären. Quickborn plant Baustopp. 400 Bürger haben Platz bei Anhörung.
Das Mega-Projekt des US-Logistik-Konzerns Hillwood erregt weiter die Gemüter in Quickborn und Ellerau. Für Dienstagabend, 5. Dezember, lädt die Gemeinde nun erstmals offiziell zu einer öffentlichen Anhörung über dieses Bauvorhaben ein. Der Widerstand ist vor allem so groß, weil mit der Ansiedlung bis zu 1600 Lkw-Fahrten am Tag verursacht werden könnten.
So sieht es zumindest die Baugenehmigung des Kreises Segeberg vor, gegen die sowohl die Stadt Quickborn, die Gemeinde Ellerau als auch mehrere benachbarte und unmittelbar betroffene Gewerbebetriebe Widerspruch eingelegt haben.
Mega-Projekt in Ellerau: Hillwood will sich erklären
Direkt am AKN-Bahnhof Tanneneck – genau an der Ortsgrenze von Quickborn und Ellerau – sollen auf einem zehn Hektar großen, seit Jahrzehnten brachliegenden Industriegelände fünf jeweils 10.000 Quadratmeter große Lagerhallen errichtet werden. Das möchte die Stadt Quickborn unbedingt verhindern.
Ihr Bürgermeister Thomas Beckmann droht bereits mit Klage und hat bereits das Innenministerium in Kiel eingeschaltet. Auch ein vorsorglicher Baustopp soll beim Verwaltungsgericht erreicht werden. Denn es laufen bereits die Abrissarbeiten der seit Jahrzehnten ungenutzten Industriebauten, die hier noch zwischen der Bahnstraße, Buchenweg und der Werner-von-Siemensstraße stehen.
Sporthalle in Ellerau bietet bis zu 400 Bürgerinnen und Bürgern Platz
Eine Parteiveranstaltung in Ellerau vor genau zwei Monaten hatte die Bevölkerung in beiden Orten aufgeschreckt. Ein Teil der mehr als 250 Besucher musste wegen Überfüllung des Saales draußen bleiben und konnte die Veranstaltung nicht mitverfolgen.
Das soll nun am Dienstag in der Erich-Stein-Sporthalle am Hoyerweg 2 in Ellerau anders sein. 200 Stühle und weitere 200 Sitzplätze auf der Tribüne stünden dort zur Verfügung, erklärt Elleraus Bürgermeister Ralf Martens und verspricht: „Alle, die kommen, passen auch rein.“ Von 19 Uhr an werde er das „Bauvorhaben Hillwood an der Werner-von-Siemens-Straße“ in allen Einzelheiten vorstellen.
Hillwood-Vertreter reis aus Frankfurt in den Kreis Pinneberg
Dazu wird insbesondere die zu erwartende Belastung der Anwohner mit zusätzlichem Schwerlastverkehr gehören. Auch ein Vertreter des Hillwood-Konzerns aus Frankfurt werde kommen und erstmals öffentlich Rede und Antwort stehen, sagt Bürgermeister Martens.
Nach der Vorstellung würde ausreichend Raum für Fragen und Antworten sein. Er gehe von einer etwa zweistündigen Veranstaltung aus, sagt Martens. Eine für Mitte November geplante Einwohnerversammlung hatte er kurzfristig wieder abgesagt.
Kieler Verkehrsministerium fordert eine Verkehrsuntersuchung
Auch für die Landesregierung ist die Frage, wie der Lkw-Verkehr die Logistikhallen von der Autobahnabfahrt Quickborn über die Friedrichsgaber Straße und Bahnstraße – quasi über Quickborner Stadtgebiet – erreichen soll, ohne ein Verkehrschaos zu verursachen, ungelöst. Das geht aus einer neuerlichen Anfrage der FDP-Landtagsabgeordneten Annabell Krämer hervor, die dem Abendblatt vorliegt.
Darin teilt das Verkehrsministerium mit: „Durch die nun geplante Gewerbeansiedlung (gemeint ist das Hillwood-Projekt) sind Auswirkungen auf den Verkehrsfluss und die Verkehrsqualität zu erwarten. Eine genauere verkehrliche Bewertung (inkl. Dringlichkeit) ist erst möglich, wenn eine verkehrstechnische Untersuchung vorliegt.“
Kreis Segeberg verzichtete vor Genehmigung auf ein Verkehrsgutachten
Eine solche verkehrliche Untersuchung einzuholen, hielt der Kreis Segeberg für verzichtbar, als er Ende Februar dieses Jahres das Bauvorhaben in Ellerau genehmigt hat. „Dem liegt die grundsätzliche rechtliche Betrachtung zugrunde, dass auch etwa die Frage, wie ein Baugebiet (in diesem Fall ein Industriegebiet) erschlossen wird, bereits Gegenstand der Abwägung zum Bebauungsplan war“, teilte dazu Segebergs Kreissprecherin Sabrina Müller auf Nachfrage mit.
Und weiter: „Treten über die Zeit Veränderungen ein, die eine Änderung der Bauleitpläne oder der Verkehrsinfrastruktur zweckmäßig oder notwendig erscheinen lassen, so ist dies eine gemeindliche Aufgabestellung in Kooperation mit den Trägern der Straßenbaulast.“
Quickborner Verwaltung ist vor einem Jahr darüber informiert worden
Ob das wirklich Aufgabe der Kommunen auf Ortsebene ist, dürfte noch zu klären sein, womöglich vor Gericht. Das Verkehrsministerium unterstützt in seiner Antwort an die Abgeordnete Krämer, die zugleich Bürgervorsteherin von Quickborn ist, diese Haltung der Segeberger Kreisverwaltung: „Die Gemeinde sollte für die Gemeindestraßen und mindestens den Knotenpunkt L76/Bahnstraße mittels einer verkehrstechnischen Untersuchung prüfen, ob eine Anpassung der Straßen und Knotenpunkte durch die Gewerbeansiedlung erforderlich wird.“
Im Quickborner Rathaus wird das mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Dort wird seit einem Jahr jeder Schritt zum Hillwood-Projekt akribisch festgehalten. So habe Quickborns Bürgermeister Beckmann Anfang November 2022 von seinem Ellerauer Amtskollegen erstmals erfahren, „dass auf dem Grundstück Werner-von-Siemens-Straße ein Bauantragsverfahren läuft, dessen Nutzung mit einem Verkehrsaufkommen von 240 Lkw-Anfahren pro Tag zu rechnen ist“, teilt Stadtsprecher Helge Tiemann mit.
Stadt Quickborn reagierte sofort und legte Anfang März Widerspruch ein
Daraufhin habe die Stadt Quickborn der Bauaufsicht des Kreises Segeberg ein Schreiben geschickt, in dem sie ihre besorgte Einschätzung ausdrückte, dass das zu erwartende Verkehrsaufkommend durch das Bauvorhaben „erhebliche Auswirkungen auf das städtische Straßennetz“ haben werde. Diese Problematik sei dann Anfang Dezember vor einem Jahr mit Elleraus Bürgermeister Martens im Beisein von Verwaltungsmitarbeitern und Politikern beider Kommunen besprochen worden.
Im März dieses Jahres erfolgte dann der Widerspruch gegen die Baugenehmigung des Kreises Segeberg vom 28. Februar, der im September ausführlich begründet wurde. Zahlreiche weitere Besprechungen mit den politischen Gremien, Projektbeteiligten und dem Investor lagen dazwischen.
Hillwood-Projekt: Einstweiliger Rechtschutz soll Baustopp erwirken
Mitte November hat Quickborn eine förmliche Fachaufsichtsbeschwerde bei der Oberen Bauaufsichtsbehörde im Innenministerium gegen die Bauaufsicht des Kreises Segeberg eingereicht und sich dabei insbesondere – wie berichtet – auf das im Grundgesetz verbriefte Grundrecht berufen, seine Angelegenheiten in eigener Verantwortung zu regeln, das durch die Verkehrsbelastung nicht mehr gewährleistet sei.
Zudem werde Quickborn jetzt im Dezember vorsorglich beim Verwaltungsgericht Schleswig „einstweiligen Rechtschutz“ beantragen, kündigt Stadtsprecher Tiemann an. Da Widersprüche in Bausachen keine aufschiebende Wirkung hätten, sei dies „die einzige Möglichkeit, einen Baustopp zu erwirken“.
Bürgermeister Beckmann: Das Vorhaben hat „katastrophale Auswirkungen“
Bürgermeister Beckmann: „Eines ist sicher: Das Hillwood-Projekt mit seinen katastrophalen Auswirkungen auf den Verkehr und für die Anwohner muss gestoppt werden. Aus diesem Grund kämpfen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln für die Aufhebung der objektiv rechtswidrigen Baugenehmigung, die Quickborn in seinen grundgesetzlich geschützten Rechten beschneidet.“