Quickborn/Ellerau. Geballter Widerstand aller Fraktionen in Quickborn gegen das Vorhaben des US-Konzerns Hillwood in Ellerau, dessen Hallen täglich bis zu 800 Lkw anfahren sollen

Gegen das geplante Mammut-Projekt des US-Logistikkonzerns Hillwood in Ellerau formiert sich geballter Widerstand. Dass in zwei Jahren täglich bis zu 1600 Lkw die zehn Hektar große, zurzeit brachliegende Industriefläche am AKN-Bahnhof Tanneneck an- und wieder abfahren können sollen, will die Stadt Quickborn unbedingt verhindern. „Wir werden uns mit aller Kraft gegen diesen drohenden Verkehrskollaps auf unseren Straßen wehren“, kündigt jetzt Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann an.

„Notfalls werden wir dagegen klagen“, sagte er. Dieses womöglich auch juristische Vorgehen habe der Hauptausschuss der Ratsversammlung bereits einstimmig abgesegnet, deren vier Fraktionen allesamt einig in dieser Frage seien. „Wir können es nicht zulassen, dass Anwohnerinnen und Anwohner auf dem Weg zu ihren Grundstücken täglich im Stau stehen und durch den Verkehr, den Lärm und die Feinstaubbelastung gefährdet werden.“

Täglich beschweren sich Anwohner aus Ellerau und Quickborn dagegen

Nachdem Anfang Oktober das Vorhaben des US-Investors in seinen ganzen Ausmaßen erstmals öffentlich in Ellerau vom dortigen Bürgermeister Ralf Martens vorgestellt wurde, riefen ihn täglich Anwohner aus beiden Orten an, um dagegen zu protestieren, erklärt Beckmann.

Gebäude verfallen seit Jahrzehnten auf dem seit den 1990er-Jahren brachliegenden Industriegelände in Ellerau.
Gebäude verfallen seit Jahrzehnten auf dem seit den 1990er-Jahren brachliegenden Industriegelände in Ellerau. © Pinneberg | Burkhard Fuchs

„So viel Schwerlastverkehr hält die Bahnstraße gar nicht aus“, wundert sich Beckmann darüber, dass der Kreis Segeberg dieses Projekt bereits im Februar genehmigt hat, ohne die Stadt Quickborn einzubeziehen, über deren Straßen (Bahnstraße, Friedrichsgaber Straße, L76) die Zu- und Anfahrten der Lkw im Wesentlichen abgewickelt werden sollen.

Quickborn als Nachbar und LBV als Straßenbehörde wurden nicht beteiligt

Auch nicht der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr, der für die L76 zuständig ist, sei angehört worden. Dazu werde die Quickborner Abgeordnete Annabell Krämer den Landtag und die Landesregierung einschalten, warum das nicht passiert sei. „Wir haben bereits vor Monaten Einspruch gegen die erteilte Baugenehmigung beim Kreis Segeberg eingeleitet“, betont Beckmann. Eine Rückmeldung aus Bad Segeberg sei noch nicht erfolgt.

Dazu teilt die Segeberger Bauaufsichtsbehörde auf Nachfrage mit: „Es gibt vier Widerspruchsverfahren. Dabei handelt es sich um laufende Verfahren.“ Eine inhaltliche Prüfung stehe noch aus. „Es ist zurzeit nicht absehbar, wann die Verfahren abgeschlossen werden können.“

Segeberger Kreisverwaltung rechtfertigt das Vorgehen

Zur Frage, warum Quickborn und der LBV nicht einbezogen wurden, teilt Segebergs Kreissprecherin Sabrina Müller mit: „Eine Beteiligung der Straßenbaulastträger und von Nachbargemeinden ist im Genehmigungsverfahren von Einzelvorhaben im Falle rechtsverbindlicher Bebauungspläne in der Regel nicht vorgesehen.“

Auf dieser seit Jahrzehnten brachliegenden Fläche mit Industrie-Ruinen in Ellerau soll bis 2025 ein Hallenkomplex entstehen, der etwa 500 Meter lang und 100 Meter breit sein wird.
Auf dieser seit Jahrzehnten brachliegenden Fläche mit Industrie-Ruinen in Ellerau soll bis 2025 ein Hallenkomplex entstehen, der etwa 500 Meter lang und 100 Meter breit sein wird. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Dem liege die grundsätzliche rechtliche Betrachtung zugrunde, dass die Frage, wie ein Baugebiet (in diesem Fall ein Industriegebiet) erschlossen wird, bereits Gegenstand der Abwägung zum Bebauungsplan gewesen sei. „Treten über die Zeit Veränderungen ein, die eine Änderung der Bauleitpläne oder der Verkehrsinfrastruktur zweckmäßig oder notwendig erscheinen lassen, so ist dies eine gemeindliche Aufgabestellung in Kooperation mit den Trägern der Straßenbaulast.“

Mehr als jedes vierte Fahrzeug in der Bahnstraße wird 2025 dann ein Lkw sein

Die Anwohner in Quickborn-Heide und Ellerau seien direkt und unmittelbar betroffen, wenn sich der Anteil des Schwerlastverkehrs durch das Hillwood-Projekt zurzeit 11,4 auf bis zu 30,6 Prozent verdreifachen sollte. „Die Quickborner Straßen würden komplett zum Erliegen kommen“, prophezeit Eike Kuhrcke (CDU), der zugleich Erster Stadtrat in Quickborn ist. „Jedes vierte Fahrzeug wird dann ein Sattelschlepper sein.“ Dieses Projekt gehe ausschließlich zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger in Quickborn und Ellerau.

Spätestens dann, wenn der Bahnübergang Tanneneck im Zuge des S-Bahnausbaus gesperrt werden sollte, würde der Verkehr auch durch Elleraus Wohnstraßen laufen müssen, warnt Beckmann die Nachbargemeinde. Zudem sei die Bahnstraße ein belebter Schulweg, weshalb am Bahnhof Tanneneck schon längt eine Fußgängerampel über die Bahnstraße installiert werden sollte, deren Planung nun hinfällig geworden sei, moniert Beckmann

Alle vier Ratsfraktionen in Quickborn sind strikt gegen das Hillwood-Projekt

Seine Fraktionen hat er einhellig hinter sich. CDU-Fraktionschefin Annegret Tegen sagt: „Wir sind sehr verärgert und werden mit sämtlichen uns zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, die geplante Ansiedlung von Hillwood zu verhindern. „Wir sagen Nein zu diesem Projekt und stehen auf Seiten der Anwohnerinnen und Anwohner.“

FDP-Fraktionschef Jürgen Scharley betont: „Wir positionieren uns von Anfang an klar gegen das Ellerauer Mega-Projekt, welches ein Verkehrschaos und Einbußen in Sachen Verkehrssicherheit insbesondere auf den Schulwegen und im Bereich des Bahnübergangs Ellerau zur Folge hätte.“

Auch SPD und Grüne lehnen das Projekt ab

Die SPD frage sich, wie die Baugenehmigung ohne Beteiligung Quickborns und ohne ein Verkehrsgutachten überhaupt zustanden kommen konnte, sagt deren Vize-Fraktionschef Dirk Rust und fordert: „Wenn Ellerau dieses Projekt will, müssen sie jetzt Alternativen vorlegen, wie der Verkehr über ihr eigenes Gemeindegebiet abfließen kann.“

Und Grünen-Fraktionschef Dirk Salewsky sagt: „Die Auswirkungen einer Ansiedlung in diesem Ausmaß sind für Menschen und Natur nicht hinnehmbar.“ Zumal es ein Schulweg sei, der auch von vielen Radfahrern genutzt werde. „Wir sind besorgt und fragen uns, ob Elleraus Bürgermeister Martens in dieser Angelegenheit noch im Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger handelt.“

Elleraus Bürgermeister will lieber mit dem Investor Hillwood verhandeln

Der weist diesen Vorwurf entschieden zurück. „Die Baugenehmigung läuft.“ Jetzt könnte es für die betroffenen Kommunen nur noch darum gehen, das bestmögliche durch Verhandlungen mit dem Investor herauszuholen. Darum habe der Planungsausschuss seiner Gemeinde gerade ein Dutzend Kriterien beraten, wie der Lkw-Verkehr begrenzt werden könnte. Dazu gehörten eine zusätzliche Zufahrt auf das Hillwood-Gelände ebenso wie die Verlagerung der Fuß-und Radwege, eine zusätzliche Bushaltestelle oder das Anlegen eines Park-and-Ride-Platzes. Er habe den Eindruck, dass der Investor offen für solche Vorschläge sei. „Wir müssen den Verkehr so gestalten, dass er für Schüler und Anliegerinnen sicher ist.“

Elleraus Bürgermeister Ralf Martens hatte Anfang Oktober keinen leichten Stand, um das 50-Millionen-Projekt des US-Konzerns Hillwood am AKN-Bahnhof Tanneneck seinen Mitbürgern und Nachbarn zu erklären.
Elleraus Bürgermeister Ralf Martens hatte Anfang Oktober keinen leichten Stand, um das 50-Millionen-Projekt des US-Konzerns Hillwood am AKN-Bahnhof Tanneneck seinen Mitbürgern und Nachbarn zu erklären. © Pinneberg | Burkhard Fuchs

Nachprüfen konnte das der Autor dieser Zeilen nicht. Mehrere Anfragen des Abendblatts dazu wurden nicht beantwortet. Es heißt aber, dass ein Vertreter des Unternehmens mit Sitz in Frankfurt zur Einwohnerversammlung am 22.November nach Ellerau kommen würde.

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Der US-Konzern aus der Logistikbranche plant, auf der seit Jahrzehnten ungenutzten Industriebrache zwischen Bahnstraße, Buchenweg, Werner-von-Siemens-Straße und der A7 unmittelbar am Bahnhof Tanneneck fünf jeweils 10.000 Quadratmeter große Lagerhallen zu errichten, die von bis zu 800 Lkw täglich angesteuert werden sollen. Etwa 250 Arbeitsplätze sollen dort entstehen.