Pinneberg/Itzehoe. Landgericht verhandelt den Fall seit Anfang Januar. Bereits vier Mal stand das Verfahren vor dem Abschluss. Darum klappte es nicht.
Der Prozess um die Messerattacke vom Bahnhof Pinneberg – er soll im November nach elf Monaten Verfahrensdauer endlich abgeschlossen werden. Laut dem neuen Zeitplan, den Richter Johann Lohmann am Freitag bekannt gab, sollen am 6. November die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung und dann am 16. November die Urteilsverkündung erfolgen.
Vorher wird das Verfahren erneut einen Monat pausieren, weil weder die Schwurgerichtskammer noch die beiden Verteidiger freie Termine haben. Bereits im August sowie im September hatten sich die Beteiligten mit mehreren Kurzterminen behelfen müssen, um die erforderlichen Fristen einhalten zu können.
Messerattacke am Bahnhof Pinneberg: Prozess stand bereits mehrmals vor Abschluss
Bereits vier Mal stand der Prozess kurz vor dem Ende. Mehrere Male waren es neue Beweisanträge der beiden Verteidiger, die eine Verlängerung erzwangen. Nun hatte ein krankheitsbedingter Ausfall einer Beisitzerin den Terminplan über den Haufen geworfen.
„Die erneute Pause stellt eine Belastung für meinen Mandanten dar, der sich schon sehr lange in Untersuchungshaft befindet“, so Verteidiger Lino Peters. Dies sei ein Punkt, den die Kammer in ihrer Urteilsfindung berücksichtigen müsse, so die Forderung des Verteidigers.
Bluttat am Bahnhof Pinneberg: Gericht verhandelt bereits seit dem 3. Januar
Vor der Schwurgerichtskammer geht es immer noch um eine Messerattacke am Bahnhof Pinneberg, die am Morgen des 6. Juli 2022 für das Opfer Mohmen A. (19) beinahe tödlich geendet hat. Und um einen heimlichen Musikvideodreh im Parkhaus des Bahnhofs, an dem das spätere Opfer zuvor beteiligt war.
Die Ereignisse der Tatnacht arbeitet die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Itzehoe bereits seit dem 3. Januar auf. Der Angeklagte Jamal H. (22), dem versuchter Totschlag vorgeworfen wird, sitzt bereits seit Mitte Juli in Untersuchungshaft. Einen Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls hatte die Kammer im Verfahren abgelehnt
Zeuge sollte am Videodreh mitwirken, kam jedoch nicht
Bei dem Musikvideodreh war Joel A. fest eingeplant – als einer der Darsteller. „Ich hatte keine Lust und bin zu Hause geblieben“, so der Zeuge am Freitag. Als dann die ersten Gerüchte über die Messerattacke auftauchten, griff Joel A. zum Handy. „Ich bin ein neugieriger Mensch, habe viel rum telefoniert, um zu erfahren, was da vorgefallen ist.“
Diesem Umstand verdankt der junge Mann seinen Auftritt vor Gericht – auf Antrag der Verteidigung. Denn er kontaktierte nicht nur Aaron N., den Organisator des Videodrehs, sondern auch den Hamburger Musikproduzenten Andy T., der in dem Verfahren als Hauptbelastungszeuge gilt. Und der hatte vor Gericht angegeben, von Joel A. erfahren zu haben, dass Jamal H. die Tat begangen hat.
„Das macht wenig Sinn“, so der Zeuge. Er glaube nicht, Andy T. diese Information mitgeteilt zu haben. Schließlich habe er selbst an Informationen kommen wollen – und Andy T. habe den Angeklagten nicht einmal gekannt.
Vor der Tat gedrehtes Musikvideo wurde nie fertig
Auch die von Andy T. vor Gericht getätigte Aussage, Joel A. habe nach der Tat auch mit dem späteren Angeklagten gechattet, wies der Zeuge zurück. „Ich hatte keine Konversation mit Jamal, weder persönlich noch per Chat.“ Er kenne diesen auch nur flüchtig über seinen Freundeskreis, weil sowohl er als auch der Angeklagte in Pinneberg leben würden.
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Das Musikvideo, das kurz vor der Tat gedreht wurde, hat auch Joel A. nicht gesehen. „Das hat Aaron nicht fertiggestellt. Das sollte ein Gangsta-Rap-Video werden.“ Der zugrundelegende Song stammte von seinem Freund Aaron N., der auch als Sänger und Hauptdarsteller agierte.
Prozess nach Bluttat in Pinneberg: Gericht hat weit mehr als 20 Tage verhandelt
„Aaron hatte mir etwas von einer Schussweste erzählt.“ Er habe eine Softairpistole mitbringen sollen, sei dann aber ja nicht zum Videodreh erschienen. „Ich habe nur gehört, dass es nach dem Dreh zu einem Streit gekommen sein soll, der dann eskaliert ist“
Während der weit mehr als 20 Prozesstage hatte das Gericht unzählige Zeugen gehört. Zur Tatzeit bestand die Personengruppe, die am Bahnhof auf einen Zug wartete, aus zehn Personen.
Der Angeklagte, der an dem Tatabend nicht von Anfang an dabei war und vor Gericht zunächst wie das lebensgefährlich verletzte Opfer der Attacke die Aussage verweigert hatte, ließ zu einem späteren Zeitpunkt seine Verteidiger eine Erklärung verlesen.
Messerattacke am Bahnhof Pinneberg: Verteidiger wollen einen Freispruch erreichen
Demnach räumt Jamal H. den Messerstich ein, will jedoch in Notwehr gehandelt haben. Die beiden Verteidiger haben mehrfach bekräftigt, einen Freispruch oder anderenfalls eine bewährungsfähige Strafe erreichen zu wollen.
Sie verweisen auch auf die erhebliche Alkoholbeeinflussung, unter der der Angeklagte zur Tatzeit gestanden haben soll. Zu diesem Punkt wurde auf Antrag der Verteidigung auch eine Medizinerin als Sachverständige gehört.