Schenefeld. Aktuell läuft die Bürgermeisterwahl in Schenefeld. Es kandidiert nur Christiane Küchenhof. Warum trotzdem gewählt werden muss.

  • Mehr als 15.000 Wahlberechtigte sind heute zur Bürgermeisterwahl, die keine ist, aufgerufen.
  • Noch bis 18 Uhr sind zehn Wahllokale in Hamburgs Nachbarstadt geöffnet.
  • Das ganze Procedere kostet die Stadt einen fünfstelligen Betrag.

Eine Menge Geld, nämlich etwa 20.000 Euro gibt Schenefeld für eine Bürgermeisterwahl aus, die keine ist. Seit die Bürger der Stadt am heutigen Sonntag ab 8 Uhr eine neue Verwaltungsleitung bestimmen dürfen, steht nur Amtsinhaberin Christiane Küchenhof zur Wahl. Mit dem Geschäftsmann Hannes Stein scheiterte ein möglicher Gegenkandidat, weil er nicht die erforderliche Anzahl an Unterstützungsunterschriften aufbringen konnte.

Gewählt wird trotzdem. Zehn Wahllokale haben noch bis 18 Uhr ihre Türen geöffnet. Etwa 60 ehrenamtliche Helfer sind am Start. Sie dürften keinen allzu aufregenden Tag haben. Ein Wähleransturm ist angesichts der Solo-Kandidatur nicht zu erwarten.

Bürgermeisterwahl Schenefeld: Stadt muss 20.000 Euro ausgeben

Dennoch muss die Stadt heute das volle Programm durchziehen. Wahlzettel mussten gedruckt und Wahlbenachrichtigungen an die etwa 15.700 Wahlberechtigten verschickt werden. Die hatten auch die Möglichkeit einer Briefwahl.

Mehrere Verwaltungsmitarbeiter organisieren die Wahl – auch heute. Ihre Personalkosten sind in den 20.000 Euro, die für den Wahlgang veranschlagt sind, noch nicht einmal enthalten.

Kandidatin Christiane Küchenhof sieht das zwiespältig

Ergibt das Sinn? „Ich sehe das zwiespältig“, bekannte Christiane Küchenhof, die sich für eine vierte sechsjährige Amtszeit bewirbt, vorher. Das Gefühl, quasi Wahlkampf gegen sich selbst zu machen, kennt die heute 55-jährige bereits aus dem Jahr 2011.

Auch damals trat sie als Solo-Kandidatin an. 80,9 Prozent der Schenefelder stimmten mit Ja, 19,1 Prozent mit Nein. Die Wahlbeteiligung lag unterhalb von 25 Prozent.

Vorstoß bei der Landesregierung in Kiel war 2011 gescheitert

Viel Aufwand für nichts? Vor zwölf Jahren hatte sich Christiane Küchenhof gemeinsam mit ihrer damaligen Amtskollegin aus Rellingen, Anja Radtke, an das Kieler Innenministerium gewandt.

Die beiden Frauen einte eines: Beide waren kurz zuvor als einzige Bewerberin bei Bürgermeisterwahlen angetreten. In Rellingen machten am 8. August 2010 gerade einmal 2753 von 11.519 Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch – ein Wert von 23,9 Prozent.

Immer wieder gibt es Bürgermeisterwahlen mit nur einem Kandidaten

„Wir haben damals in Kiel für eine Änderung geworben“, erinnert sich Küchenhof. Der Vorschlag: Gibt es nur einen Bewerber, soll das kommunale Parlament über die neue Verwaltungsleitung entscheiden können. „Das wurde damals abgelehnt“, so Küchenhof weiter.

Und das bleibt auch so, wie eine Abendblatt-Anfrage beim Kieler Innenministerium ergab. „Bei der Direktwahl wird die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber nicht beschränkt. Die Wählerinnen und Wähler haben die Wahl zwischen mehreren Bewerberinnen und Bewerbern oder – wenn sich nur eine Person bewirbt – die Möglichkeit, diese Bewerberin oder diesen Bewerber zu wählen oder auch nicht“, erklärt Ministeriumssprecherin Dörte Matschull.

Die Landesregierung sieht keinen Grund, den Wählern das Wahlrecht zu entziehen

Es gebe keinen überzeugenden Grund, den Wählern in diesen Fällen das Wahlrecht zu entziehen, so Matschull weiter. Eine Entscheidung durch das kommunale Parlament im Fall einer Solo-Kandidatur sehe „die gesetzliche Regelung nicht vor“, so die Ministeriumssprecherin weiter.

Die Folge: Es gab und gibt weiterhin viele Bürgermeisterwahlen, bei denen nur ein Kandidat antritt – mit den entsprechenden Kosten. Auch zwei weitere Male in Rellingen. Marc Trampe trat dort 2016 und 2022 als Solo-Bewerber an. 2016 bekam er 88,96 Prozent an Ja-Stimmen – bei einer Wahlbeteiligung von 21,75 Prozent.

Marc Trampe in Rellingen kandidierte zwei Mal hintereinander als einziger

Im Vorjahr steigerte er die Zustimmungsquote auf 90,78 Prozent. Und die Wahlbeteiligung betrug sensationelle 59,85 Prozent. Allerdings fand auch parallel die Landtagswahl statt.

Das Argument der Landesregierung: Auch bei einer Wahl mit nur einem Kandidaten haben die Bürger eine Auswahl – nämlich zwischen Ja und Nein. Und: Bekommt der einzige Kandidat mehr Nein- als Ja-Stimmen, scheitert er.

Plöner Bürgermeister fiel bei Direktwahl als Solo-Kandidat durch

In Plön erwischte es voriges Jahr Amtsinhaber Lars Winter, der ohne Gegenkandidaten angetreten war. Von den 7513 Wahlberechtigten stimmten 1194 für den Amtsinhabern, jedoch 1835 gegen ihn. Vorausgegangen war eine massive Abwahl-Kampagne in sozialen Netzwerken.

Kurios: In derartigen Fällen kommt es laut der Gemeindeordnung nicht etwa zu einem erneuten Wahlgang durch die Einwohner, sondern die Entscheidung obliegt dann dem kommunalen Parlament. In Plön wählten die Kommunalpolitiker nach einer erneuten Ausschreibung eine Kandidatin aus Hessen zur neuen Bürgermeisterin.

Direktwahl der Landräte durch die Bürger wurde 2009 abgeschafft

„Wenn die Direktwahl zu keinem Ergebnis führt, bestimmt der Gesetzgeber die Wahl nach einem anderen System, um die Stelle der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters zeitnah zu besetzen“, so Ministeriumssprecherin Dörte Matschull weiter.

Es handele sich in diesem Fall nicht um eine Fortführung der Direktwahl. Und die Sprecherin sagt weiter: „Eine mögliche Änderung des Wahlsystems oder dessen Bewertung stehen gegenwärtig nicht im Raum.“

Aufgaben von Landräten und Bürgermeistern sind unterschiedlicher Natur

Im Gegensatz zu den hauptamtlichen Bürgermeistern werden die Positionen der Landräte seit September 2009 wieder von den Kreistagen bestimmt, diese Direktwahl wurde wieder abgeschafft. „Es handelt sich hier nicht um eine rechtliche Fragestellung, sondern um eine politische Entscheidung, die vom Gesetzgeber zu treffen ist“, so Dörte Matschull.

Grundsätzlich sei aber festzustellen, dass sich die Aufgaben eines Landrats von denen eines Bürgermeisters unterscheiden, da Landräte in erster Linie Weisungsaufgaben erledigen würden und als untere Landesbehörden Teil der Staatsbehörde seien.

Fälle wie der in Plön sind eine absolute Ausnahme

Ein Fall wie in Plön ist die absolute Ausnahme. „Wenn ein Kandidat schon im Vorfeld der Wahl umstritten ist, würden die politischen Parteien mit Sicherheit Gegenkandidaten aufstellen“, sagt Küchenhof. Beispiele für diese These gibt es viele – etwa bei den Nachbarn in Halstenbek.

Dort schickten CDU, Grüne und FDP im Vorjahr Jan Krohn (CDU) als Gegenpart zu Amtsinhaber Claudius von Rüden (SPD) ins Rennen, mit dessen Arbeit die drei Parteien unzufrieden waren. Das Resultat: Krohn siegte haushoch, von Rüden wurde abgewählt.

In Schenefeld herrscht überparteilich Zufriedenheit mit Christiane Küchenhof

„In Schenefeld ist die Situation eine andere“, sagt Küchenhof. Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Politik sei gut, von gegenseitiger Wertschätzung und Akzeptanz geprägt. Dass aus der Politik kein Gegenkandidat gekommen ist, verbucht Küchenhof als Ergebnis ihrer Arbeit.

„Manchmal ist es gut, auf Erfahrung und Kontinuität zu setzen“, sagt die Amtsinhaberin – und betont: „Ich bin kein bisschen amtsmüde, habe richtig Lust, die Stadt weiterzuentwickeln.“

Küchenhof kämpft in Schenefeld für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung

Sie habe sich sehr lange die Frage gestellt, ob „ich noch die richtige für die Stadt bin und die Stadt noch das richtige für mich ist“. Nachdem sie beides mit Ja beantworten könne, wolle sie jetzt angreifen. „Ich kämpfe quasi dafür, eine gute Wahlbeteiligung zu haben.“

Wenn zumindest jeder vierte Wahlberechtigte sein Wahlrecht in Anspruch nimmt, würde Küchenhof das als Erfolg sehen. Und sie hofft auf eine möglichst hohe Zustimmung: „Es geht ja auch um ein Zeugnis für die Vergangenheit und um Vertrauen für die Zukunft.“

Um möglichst viel Ja-Stimmen zu erhalten, machte die 55-Jährige auch ohne Gegenkandidaten Wahlkampf. Sie hatte ein Foto machen lassen, das ihre Wahlplakate zierte. Auch ein Flyer, der an alle Haushalte der Stadt verteilt wurde, sei gedruckt worden.