Pinneberg. Anja Epper ist seit einem Jahr Chefin des Bauamtes. Wie sich Pinneberg ihrer Meinung nach städtebaulich entwickeln sollte.
Es braucht schon Fantasie, um sich die Ebertpassage als grüne Fläche vorzustellen, an dem Pinneberger gern verweilen möchten. Der Blick fällt auf einen zugepflasterter Innenhof, auf dem vor allem Autos parken. Die meisten Pinneberger wissen nicht einmal wo die Ebertpassage liegt, obwohl sie sich direkt im Zentrum befindet. Sie liegt unscheinbar und versteckt zwischen Volksbank und dem ehemaligen Modehaus Kunstmann.
„Die Bezeichnung Passage ist irreführend“, sagt Anja Epper. Seit ziemlich genau einem Jahr ist sie Leiterin des Bauamtes und somit zuständig für die Stadtentwicklung in Pinneberg. Grund genug, mit ihr einen Spaziergang durch die Pinneberger Innenstadt zu machen. Vorbei an Baustellen und Orten, die überplant werden. Die Stadt ist im Wandel – und Anja Epper gestaltet ihn mit. Die neue Bauamtschefin lebt übrigens selbst auch in der Kreisstadt.
Stadtentwicklung: PiZ, Post, Ebertpassage – so sieht Pinnebergs Zukunft aus
„Die vier Eichen hier haben kein schönes Lebensumfeld“, sagt die 57-Jährige. Das soll sich ändern. „Wir wollen die Bäume schützen, neue pflanzen und die Autos rausnehmen.“ Bänke zum Ausruhen sollen aufgestellt werden. An Vorstellungskraft mangelt es ihr nicht.
Das Regenwasser soll nicht einfach in der Kanalisation verschwinden. „Wir wollen das Wasser von den befestigten Flächen künftig sammeln und in Trockenperioden langsam an die Bäume abgeben“, erklärt sie. In Hamburg-Harburg gibt es ein solches Vorzeigeprojekt bereits, das von der Forschung begleitet wird. Das werden sich die Kollegen vor Ort genauer ansehen.
„Um einen Durchgang zur unteren Dingstätte zu schaffen, sollen die Garagen weichen“, sagt Anja Epper. Die Planer erhoffen sich damit auch eine Belebung der unteren Dingstätte. Da der Weg aber noch versperrt ist, geht es durch den Hintereingang des TUI-Reisecenters zur unteren Dingstätte. Ein verwinkeltes, wenig einladend wirkendes Gebäude. Das Modehaus Kunstmann – ehemals Kunden-Magnet – steht leer.
Pinneberg will mit Pop-up-Store untere Dingstätte beleben
Die Brüder Savas und Namik Ardic, die an der Mühlenstraße das Autohaus Yaans betreiben, haben das Haus von Familie Kunstmann gekauft. Sie planen einen Neubau, einen Mix aus Wohnen und Gewerbeflächen. „Der Bebauungsplan würde vier Geschosse zulassen“, sagt Epper. Sie ist sich sicher, gemeinsam eine gute Lösung zu finden.
Daneben das Geschäft, ehemals Dine´s Basteltreff, ist ebenfalls verwaist. Ein Pop-up-Store soll in der Dingstätte 33 die Fußgängerzone beleben. Aktuell wird die Geschäftsfläche, die Frank Eisermann gehört und der nebenan eine alteingesessene Pinneberger Polsterei betreibt, renoviert und für die Nutzung vorbereitet.
Vorbei an Pinnebergs Schmuckstück, der Landdrostei, geht es in den dahinterliegenden Drosteipark – neben dem Fahlt die grüne Lunge der Stadt. „Ein großartiger Park, so nah an der Innenstadt und mit einer hohen historischen Bedeutung – in einer Stadt, die nicht viel historische Substanz hat“, sagt Epper. Er soll überplant werden, das Juwel auch glänzen. „Es ist wichtig, die historischen Spuren herauszuarbeiten und mit den Anforderungen an Klimawandel und heutigen Ansprüchen an Naherholung zusammenzubringen.“
Anja Epper wünscht sich in Pinneberg mehr Bürgerbeteiligung
Hier sind auch die Ideen und Wünsche der Bürger gefragt. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus verschiedenen Initiativen und der Politik wurde gebildet. Auch der Kinder- und Jugendbeirat soll einbezogen werden. Doch schon die Zusammensetzung der Gruppe sorgte im Vorfeld für hitzige Diskussionen, da sich manch einer ausgeschlossen fühlte. Am 8. Juli wird es im Drosteipark eine große Informationsveranstaltung geben.
„In Pinneberg muss die Bürgerbeteiligung noch selbstverständlicher werden“, sagt Anja Epper. Während ihrer Zeit als Sachgebietsleiterin für Sanierung und Stadtgestaltung in Rostock hat sie einen Leitfaden für Bürgerbeteiligung ausgearbeitet. Ein Beirat aus Bürgern und Politikern, die die Verwaltung beraten, und eine Koordinierungsstelle für Bürgerbeteiligung wurden etabliert.
Auf einer eigens erstellten Internetseite können sich die Rostocker über Projekte informieren und wie sie sich engagieren können. Im Vergleich dazu fehle in Pinneberg manchmal der Informationsfluss, so Epper, die in Aachen Architektur und Stadtplanung studiert hat. „Regeln und ein System zu Bürgerbeteiligungen könnten dies ändern.“ In Rostock sei die Bürgerbeteiligung jedenfalls gestiegen und zwei Mitarbeiter eingestellt worden, die sich ausschließlich um diese kümmerten.
Drosteipark in Pinneberg bislang ein Durchgang zum Bahnhof
Bislang nutzen viele Pinneberger den Drosteipark lediglich als Durchgang zum Bahnhof. Eine Trinkerszene hat sich etabliert. Aber auch Familien kommen, um zu spielen und zu grillen. „Wie wollen wir den Park nutzen? Um diese Frage wird es gehen“, sagt Anja Epper, die in der Überplanung eine Riesenchance für die Stadt sieht.
Ein Landschaftsplaner könnte helfen, die Ideen in Form zu bringen. Leider blieben die ersten beiden Ausschreibungen ohne Erfolg. Nun wurde ein drittes Mal ausgeschrieben. „Verwaltungsmitarbeiter fehlen an jeder Ecke“, sagt Anja Epper. Dabei habe Pinneberg so viel Potenziel, was gehoben werden will.
Über die Lindenstraße gehts im Bogen zurück in die Innenstadt, vorbei an einem Bauzaun. Dahinter wuchern Brombeeren auf einer unbebauten Fläche. Ein privater Bauherr will hier Wohnungen bauen. Ein paar Schritte weiter steht die Ernst-Paasch-Halle. Das Gebäude wurde 1891 vom Industriellen Herman Wupperman als Turnhalle im neugotischen Stil errichtet. Sie steht seit 2016 leer. Allen liegt sie am Herzen, doch es mangelt an Geld für eine grundlegende Sanierung.
Anja Epper: Ernst-Paasch-Halle in Pinneberg ein schwieriges Haus
„Die Paasch-Halle ist ein Denkmal und die Stadt in der Pflicht, sie zu erhalten. Doch es ist ein schwieriges Gebäude“, sagt Epper. „Zwei Theater tragen nicht das ganze Jahr“, sagt Epper. „Und es gibt wenig Stauraum für Requisiten.“
Als Halle für verschiedene kulturelle Nutzungen wäre sie schön, aber womöglich zu klein. Es gibt keine Parkmöglichkeiten, und Anwohner möchten nach 22 Uhr ihre Ruhe haben. „Es braucht ein Konzept, wer die Halle zu welchen Zeiten nutzen würde, wie teuer es würde und aus welchen Töpfen Förderung beantragt werden könnte.“ Über die Zukunft des Hauses wird am 6. Juli in der Ratsversammlung entschieden.
Auf dem Lindenplatz fällt das PiZ ins Auge – vielen Pinnebergern noch aus der Zeit, als das Einkaufszentrum gelb gestrichen war, als „Bananenbunker“ ein Begriff. Als Einkaufszentrum hat das PiZ ausgedient. Gerade hat die Apo-Rot-Vita-Apotheke dort geschlossen. Der Supermarkt Erden ist an den Fahltskamp in sichtbare Lage vorgerückt. Das PiZ ist bald Geschichte. Es soll durch einen Neubau mit einem Mix aus Gewerbe und Wohnungen ersetzt werden. Überlegungen, die Feuerwehr zu integrieren, sind seit Längerem vom Tisch.
PiZ in Pinneberger Innenstadt soll Neubau weichen
Der Ausschuss Stadtentwicklung hatte am 14. Februar in nichtöffentlicher Sitzung den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages über ein Benennungsrecht der Stadt für öffentlich geförderten sozialen Wohnraum beschlossen und die planungsrechtliche Zustimmung zu einem Bauvorhaben zwischen Friedrich-Ebert-Straße, Damm und der Straße Am Rathaus erteilt.
„Wir sind mit einem Projektentwickler im Gespräch.“ Mehr kann Anja Epper darüber noch nicht sagen. Am PiZ vorbei geht es zur Friedrich-Ebert-Straße, wo eine große Lücke klafft. Vom ehemaligen Postgebäude sind nur noch Schutthaufen übrig.
Der Investor Quarterback aus Leipzig will auf dem 11.000 Quadratmeter großen Grundstück 165 Wohnungen und kleinere Gewerbeeinheiten errichten. Auch ein Kindergarten mit 100 Plätzen entsteht auf dem Gelände neu. Betreiber ist die Wabe. „Das ist eine wichtige Achse, wenn man in die Stadt reinkommt. Hier wird sich das Antlitz der Stadt verändern“, sagt sie.
Pinneberg hat drei Flüsse – und kaum einer kennt sie
Die Grundstücke werden sich zur Pinnau hin öffnen. „Toll für die Bewohner“, schwärmt Epper. Die Wiederentdeckung der Pinnau ist ihr ein Herzensthema. „Pinneberg hat mit Pinnau, Mühlenau und Düpenau drei Flüsse. Und doch werden sie so wenig wahrgenommen.“ Das möchte sie ändern.
„Wasser ist ein wichtiger Teil einer Stadt, der Identifikation schafft“, sagt Epper, die ursprünglich aus Köln kommt, 1996 aber nach Rostock zog und dort eine Familie gründete. Ihr Sohn ist mittlerweile erwachsen und studiert.
„Ich bin gern im Norden geblieben“, sagt Epper, die sich ehrenamtlich im Bundesvorstand der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung und der Architektenkammer engagiert. An ihrem neuen Arbeitsplatz in Pinneberg sei sie unglaublich freundlich und offen aufgenommen worden.
Klinikneubau wird den Norden Pinnebergs komplett verändern
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Die Stadt habe eine Menge Potenzial. Im Umgang mit Straßen und Plätzen brauche es ein Gesamtkonzept, bei dem Fahrradfahrer und Fußgänger einbezogen werden. Auch der Klinikneubau mit 8000 Betten werde jede Menge Herausforderungen an die Infrastruktur stellen. „Die Stadt wird sich verändern und nach Norden entwickeln“, sagt sie.
Braucht es ein Patientenhotel, eine Betriebskita, ein Medizinisches Zentrum? Wie sind die Anschlüsse an den öffentlichen Verkehr und die Autobahn? Wo werden welche Gebäude stehen? „Wir haben mit den Regio Kliniken regelmäßige Termine.“ Große Aufgaben, die alle in ihren Fachbereich fallen. Das finde sie großartig.