Pinneberg. Seit wenigen Tagen ist Anja Epper im Amt, eine erfahrene Stadtplanerin. Das sind ihre Ideen für die Kreisstadt.

Die Stadtentwicklung ist in Pinneberg lange ein konfliktträchtiges Feld. Bauamtsleiter Klaus Stieghorst hat sich nach gut 28 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Seine Nachfolgerin Anja Epper, studierte Stadtplanerin und Architektin, hat nicht nur Lust, ihre neue, nicht ganz einfache Aufgabe mit Schwung und Ideen anzupacken.

Pinneberg: Anja Epper ist die neue an der Spitze des Bauamtes

Sie bringt auch eine Menge an Erfahrung und Kontakte aus der Hansestadt Rostock und ihrem ehrenamtlichen Engagement im Bundesvorstand der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung, bei der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern oder dem dortigen Forum für Wohnungsbau, Städtebau und Baukultur mit. In Rostock war sie 25 Jahre intensiv an der Stadtgestaltung beteiligt.

Eine neue Herausforderung habe sie gesucht, sagt Anja Epper auf die Frage, warum sie eine so imposante Stadt verlassen habe. „Man muss den Ort wechseln, um eine neue Perspektive zu gewinnen.“ Bevor sie sich beworben habe, habe sie sich gründlich umgesehen in Pinneberg – und „eine sehr grüne Stadt mit viel Potenzial, unfassbar viel Wohnungsbau und einer hohen gärtnerischen Kompetenz“ vorgefunden, denn ihr seien die vielen gut gestalteten Vorgärten aufgefallen.

Ihr Sohn hat gerade mit dem Studieren angefangen, ihr Lebensgefährte wohnt eh schon lange in Hamburg – da war die Entscheidung für Pinneberg schnell gefallen. In der kurzen Zeit, die sie hier ist, lässt sie im Gespräch schon eine Fülle an Beobachtungen, Gedanken und Ideen erkennen.

Pinneberg: Was die neue Bauamtsleiterin mit der Stadt vor hat

Viele Aufgaben sieht sie im Umgang mit Straßen und Plätzen. Da brauche es ein Gesamtkonzept, bei dem Fahrradfahrer und Fußgänger einbezogen werden müssten. Die gerechtere Verteilung des öffentlichen Raumes und die damit verbundene Mobilitätswende seien wohl kaum konfliktfrei umzusetzen. Mit der Moderation von Konflikten hat sie aber Erfahrung und traut sich das zu. „Das Treffen im Quartier ist in Pinneberg ein Riesenthema“, beobachtet sie außerdem. Es gehe um mehr gut aufgestellte Bänke, um Aufenthaltsqualität und darum, sicher und gut abends unterwegs sein zu können – „da kann Pinneberg viel mehr machen.“

An dieser Stelle meint sie einerseits die älteren Menschen, aber ganz ausdrücklich auch die Kinder und Jugendlichen der Stadt, die die Bürger der Zukunft seien. „Sie haben eine ganz eigene Sicht auf die Dinge. Da werde ich einen Schwerpunkt setzen und als erstes den Kinder- und Jugendbeirat besuchen.“ Denn Jugendliche bräuchten Orte, an denen sie unbeobachtet jung sein könnten. „Es ist unsere Aufgabe, Räume zu schaffen, die sie mitgestalten können.“ Am besten möglich sei das natürlich dort, wo die Nachbarschaft tolerant genug sei.

Das aktuelle Problem in vielen Metropolregionen liege daran, dass die dafür benötigten Nischen „durch bauliche Verwertung verschwinden“. Da müsse man abwägen. Der Kampf um die letzten Flächen hat, wie im Abendblatt wiederholt berichtet, längst begonnen. Meistens gewinnen ihn die Investoren.

Pinnebergs Bauamtsleiterin will mit Jugendlichen ins Gespräch kommen

Anja Epper stellt sich schnell umsetzbare Maßnahmen vor. Allerdings müssten diesen gemeinsame Gespräche mit den Jugendlichen vorangehen. „Stadtspaziergänge sind eine gute Methode. In Rostock sind wir mit Kindern ihre Schulwege abgegangen. Die haben nämlich einen ganz anderen Blick auf Verkehr und auf Spielplätze, als wir Erwachsenen. Digitale Beteiligungsformate, wie sie in letzter Zeit in Pinneberg eingesetzt wurden (etwa bei der Neugestaltung des Drosteiparks), taugen in ihren Augen als Zusatz, „sie ersetzen aber nicht das Gespräch vor Ort“.

Die Beteiligung von Bürgern an etwas, das es noch nicht gibt, ist nach ihrer Erfahrung besonders spannend und schwierig. „Als Verwaltung kann man bestimmte Perspektiven eröffnen, Gruppen bilden, die dann in verschiedene Rollen schlüpfen.“ Weiteres Dauerproblem: Nach wie vor gibt es viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Bei Neubauprojekten 30 Prozent Sozialwohnungen durchzusetzen – „da müssen wir trotz gestiegener Baukosten weiter dran bleiben. Wir sollten aber auch gucken, wie der Bestand optimiert werden kann.“

Pinneberger Bauamt hat eine neue Leiterin

Theoretisch müsse auch eine Stadt wie Pinneberg Geld für eine Bodenbevorratungspolitik in die Hand nehmen, „da können wir besser werden. Gemeinsam mit den Eigentümern und dem Planungsrecht kann eine Kommune da viel erreichen.“ Kreativen neuen Ideen gegenüber wirkt sie aufgeschlossen, beispielsweise neuen Wohnformen. „Die sind wichtig für den sozialen Zusammenhalt. Sich zusammenzutun, um gemeinsam zu bauen, reduziert die Kosten, und es wird Stabilität für ein Quartier erreicht“, beobachtet Anja Epper. „Eine Stadt kann so etwas unterstützen, das lässt sich in städtebauliche Verträge integrieren.“ Davor liege allerdings ein langer Arbeitsprozess von Eigentümergemeinschaften: „Die brauchen länger als ein Investor. Man muss so etwas wollen. Das gibt dann aber auch einen großen Mehrwert für ein Quartier.“

Neue Bauvorhaben müssten ab sofort auch mit den Erfordernissen des Klimawandels in Einklang gebracht werden, „es ist unsere Aufgabe, da gute Lösungen zu finden.“ Diese könnten darin bestehen, Gründächer oder begrünte Fassaden einzuplanen, mit Regenwasser Grünflächen zu gießen und vielleicht auch darin, höher zu bauen. Eine dauerhafte Stabsstelle Klimaschutz würde künftig direkt bei ihr angesiedelt, „das ist eine attraktive Aufgabe“.