Helgoland. Eine Ausstellung mit historischen Aufnahmen des Fotografen Julius Simonsen zeigt die Insel während ihren goldenen Zeiten..

  • Das Museum Helgoland zeigt eine ganz besondere Ausstellung mit dem Nachlass des Fotografen Julius Simonsen.
  • Da er vor allem in 1920er und -30er Jahren aktiv war, zeigt die Ausstellung ein Hegloland vor den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs

Was für ein mondäner Anblick. Kurgäste flanieren die Kaiserstraße entlang oder sitzen vor dem Kurhaus im Café. Julius Simonsen hielt dieses Ansichtskartenmotiv 1927 im Foto fest. Fast einhundert Jahre später: Die Kaiserstraße heißt Lung Wai, und wo sich einst das Kurhaus befand, steht heute das Atoll Ocean Resort.

Vom alten Helgoland der 1920er- und 30er-Jahre, so wie es die historischen Aufnahmen Simonsens zeigen, ist nach den Fliegerangriffen vom 18. April 1945 und der größten nichtnuklearen Explosion der Welt am 18. April 1947 nichts geblieben. Allein der alte Flakturm überlebte Krieg und Sprengung und wurde später zu einem Leuchtturm umgebaut.

Museum Helgoland zeigt Ausstellung über das alte Helgoland

Schwarz-Weiß-Aufnahme von 1925: Eine Frau blickt vom Hafen aus auf Helgoland.
Schwarz-Weiß-Aufnahme von 1925: Eine Frau blickt vom Hafen aus auf Helgoland. © Museum Helgoland | Julius Simonsen

Um so wertvoller erscheint der Nachlass des Fotografen. Er bildet die Grundlage für das Buch- und Ausstellungsprojekt „Helgoland – Julius Simonsens Reisefotografien der 1920/30er-Jahre“. Hagen Zielke hatte 2016 in einer Auktion einhundert Glasplatten-Negative entdeckt und den Wert der Aufnahmen erkannt. Als Buchautor des Oceanum-Verlags hatte dieser bereits zu diversen maritimen Themen publiziert.

Zusammen mit dem Hamburger Fotografen Peter Backens hat er das Buch gestaltet, auf dessen Grundlage diese Ausstellung entstanden ist. Backens hat die Insel 2022 von ähnlichen Standorten aus betrachtet wie Julius Simonsen in den 20er- und 30er-Jahren. Die Aufnahmen beider Fotografen liegen also zeitlich etwa ein Jahrhundert auseinander.

Der Hamburger Fotograf Peter Backens hat die Insel 2022 von ähnlichen Standorten aus betrachtet wie Julius Simonsen in den 20er- und 30er-Jahren, hier der Lung Wai und das Atoll Ocean Resort.
Der Hamburger Fotograf Peter Backens hat die Insel 2022 von ähnlichen Standorten aus betrachtet wie Julius Simonsen in den 20er- und 30er-Jahren, hier der Lung Wai und das Atoll Ocean Resort. © Museum Helgoland | Peter Backens

Zusammen mit der Museumsleitung entstand die Idee, parallel zum Erscheinen des Buches eine Sonderausstellung mit großformatigen Simonsen-Fotografien im Museum Helgoland zu eröffnen. Sie läuft von Sonnabend, 15. April, bis Dienstag, 31. Oktober. Die gezeigten Inselfotografien sind bis heute weitgehend unveröffentlicht und gelten als Zeitdokumente des alten Helgolands.

Julius Simonsen fotografierte Helgoland in den 20er- und 30er-Jahren

Der aus Oldenburg in Holstein stammende Fotograf Julius Simonsen besuchte die Hochseeinsel regelmäßig. Viele seiner Fotografien waren als Postkarten, Leporellos und Ansichtsmappen-Werke begehrt. Der Sohn eines Schlachtermeisters kam 1876 in Süderbrarup auf der schleswig-holsteinischen Halbinsel Angeln zur Welt. Als Zwanzigjähriger traf er in Oldenburg/Holstein auf den dänischen Fotografenmeister Christensen und erlernte bei ihm das Handwerk.

Die Fotografie von Julius Simonsen zeigt die Rückseite der Biologischen Anstalt im Unterland mit Seebäderschiffen nach dem 13. März 1933.
Die Fotografie von Julius Simonsen zeigt die Rückseite der Biologischen Anstalt im Unterland mit Seebäderschiffen nach dem 13. März 1933. © Museum Helgoland | Julius Simonsen

1899 übernahm er das Fotoatelier, nennt es „Graphische Kunstanstalt“ und „Kunstverlag“. Simonsen war in Pommern, West- und Ostpreußen unterwegs. Noch vor dem Ersten Weltkrieg besuchte der Fotograf auch das Nordseebad Helgoland. „Damals entstanden erste Fotografien von Inselmotiven für Ansichtskarten und für diverse andere Druckerzeugnisse, die sich als Andenken erwerben ließen“, sagt Museumsleiter Jürgen Fitschen. Die Bilder konnten durch das Bromsilberdruckverfahren in hohen Stückzahlen hergestellt werden.

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Der Fremdenverkehr im Deutschen Reich erlebte um 1900 einen Höhepunkt, weiß der Experte. Insbesondere die vielfach bereits um 1800 begründeten Seebäder an Nord- und Ostseeküste avancierten zu attraktiven Urlaubszielen. Der Bedarf an Erinnerungsbildern stieg. Julius Simonsen sah im Vertrieb von Ansichtskarten ein lukratives Geschäft. Auf vielen Reisen fotografierte er mit einer Plattenkamera Badeorte an Nord- und Ostsee.

Auf der Treppe zum Oberland stehen Marinesoldaten. Das Foto machte Julius Simonsen 1918.
Auf der Treppe zum Oberland stehen Marinesoldaten. Das Foto machte Julius Simonsen 1918. © Museum Helgoland | Julius Simonsen

Auch in Weimarer Republik war Helgoland als Postkartenmotiv gefragt

Der Erste Weltkrieg beendete vorläufig den jähen Aufstieg des Verlags. Erst nach 1918 setzte Simonsen seine Tätigkeit fort. Der Tourismus in der Weimarer Republik sorgte auch auf Helgoland für gute Umsätze durch fotografische Produkte. Im Jahre 1925 erschien zum Beispiel Simonsens Mappenwerk Helgoland – 16 Bilder in Radierungsmanier.

1932 dann übergab der Firmengründer, der schon 1943 verstarb, den Kunstverlag an seinen Sohn. 1961 wurde der fotografische Nachlass an das Herder-Institut für historische Ostmitteleuropa-Forschung in Marburg verkauft und dient heute der wissenschaftlichen Forschung.

Die Ausstellung „Helgoland – Eine historische Bilderreise“ wird am Sonnabend, 15. April, um 19 Uhr im Helgoland Museum, Kurpromenade 1430, eröffnet. Nach der Begrüßung durch Jürgen Fitschen werden Hagen Zielke und Peter Backens in die Ausstellung einführen. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung vom Duo Noctiluca. Einen Tag später, am Sonntag, 16. April, von 17.30 Uhr an sprechen Helgoland-Historiker Eckhard Wallmann (Norderstedt) und Dr. Jürgen Fitschen über das alte Helgoland.