Kreis Pinneberg. Zusätzliche Einsätze sowie der Blitzeranhänger Zeus sorgen für viele neue Fälle. Und der Kreis plant schon neue Standorte.
Der Kreis Pinneberg und die Polizei haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Raser erwischt als 2021. Dazu beigetragen haben auch der Blitzeranhänger namens „Zeus“, der erstmals ein komplettes Jahr eingesetzt werden konnte, und die erhöhte Zahl der mobilen Messungen.
Kreisweit existieren an sieben Standorten stationäre Messanlagen, sogenannte Starenkästen. Sechs davon verfügen über dieselbe Technik namens Traffipax der Firma Jenoptik, die spätestens Ende 2024 ausläuft.
Kreis Pinneberg: Blitzer-Bilanz – Zahl der erwischten Raser explodiert
Für diese Standorte verfügt der Kreis über vier Kameras, die abwechselnd in den sechs Säulen eingesetzt werden. Im Vorjahr waren vier der sechs Standorte in Betrieb – ausgenommen Heidgraben und Bokholt-Hanredder.
„Diese beiden Standorte passieren im Verhältnis zu den anderen Standorten die wenigsten Fahrzeuge und es gibt die wenigsten Überschreitungen“, erläutert Eva Sühlsen, Teamleiterin Ordnungswidrigkeiten im Fachdienst Straßenbau und Verkehrssicherheit.
Regelmäßige mobile Messungen ersetzen Starenkästen
Daher seien in beiden Orten regelmäßig Messungen mit der mobilen Anlage Vitronic erfolgt und die vier Kameras auf die vier übrigen Standorte verteilt worden, die somit im Dauerbetrieb waren.
An den vier aktiven Standorten wurden 3493 Temposünder (2021: 3060) erwischt. Dabei handelt es sich um Autofahrer, deren Verstöße in den Bußgeldbereich fallen. Diese bearbeitet der Kreis selbst.
Kreis Pinneberg: Kleinere Verstöße werden in Neumünster bearbeitet
Bei geringfügigen Tempoüberschreitungen, die mit einem Verwarngeld geahndet werden, ist die Zentrale Ordnungswidrigkeitenstelle des Landes in Neumünster zuständig.
Aus den 3493 Fällen resultierten letztlich 747 Bußgeldbescheide (2021: 744), in 198 Fällen (2021: 133) verhängte die Behörde auch ein befristetes Fahrverbot. Spitzenreiter war ein Autofahrer, der in Bilsen an einem Mittwochmittag 60 Kilometer pro Stunde zu schnell war.
Ein Blitzer, der vorwiegend Rettungswagen erwischt
Eine Besonderheit bildet der Blitzer in Rellingen, der an der Altonaer Straße steht. Er zeichnete 2022 insgesamt 223 Verstöße auf, die im Bußgeldbereich lagen und aus denen sich 63 Fahrverbote ergeben hätten.
Hätten – denn tatsächlich wurde kein einziges Fahrverbot ausgesprochen – 142 der 223 Bußgeldbescheide wurden gar nicht erst verschickt. Der Grund: Diese 142 Fahrten fanden unter Nutzung von Sonderrechten statt.
Blitzer steht an Verbindungsstraße zwischen zwei Kliniken
Es handelte sich um die Fahrer von Rettungswagen, die im Einsatzfall legal das Tempo-Limit überschreiten durften. Dass diese Fälle ausgerechnet in Rellingen so häufig auftreten, erklärt sich laut Sühlsen darin, dass die Blitzer auf der häufig genutzten Verbindung zwischen dem Regio-Klinikum Pinneberg und dem Albertinen Krankenhaus Schnelsen liegt.
In Schenefeld stehen an der LSE auf Höhe des Stadtzentrums zwei feste Blitzer mit Lasertechnologie des Herstellers Vitronic. Für beide gibt es eine Kamera, die in Fahrtrichtung Pinneberg auch Rotlichtverstöße an der dortigen Ampel erfassen kann.
Kreis Pinneberg: Spitzenreiter fährt 80 Kilometer pro Stunde zu schnell
Aus dieser Anlage kamen 3445 Fälle (2021: 2993) bei der Bußgeldstelle des Kreises an. Sie verhängte 1319 Bußgelder (2021: 1432) gegen Raser und erließ 291 (2021: 334) Fahrverbote. Der Spitzenreiter fuhr an einem späten Sonntagabend sage und schreibe 80 Kilometer pro Stunde schneller als erlaubt. Gegen ihn wurde ein dreimonatiges Fahrverbot ausgesprochen, er muss 1600 Euro Strafe zahlen und erhält zwei Punkte in Flensburg.
677 dieser Fälle (2021: 767) betreffen Rotlichtmissachtungen. Bei 37 Fahrern zeigte die Ampel bereits länger als eine Sekunde Rot. Im schlimmsten Fall. der sich an einem Montagnachmittag ereignete, dauerte die Rotlichtphase bereits 25,4 Sekunden an, als der Wagen die Ampel passierte. Dieser Fahrer muss einen Monat zu Fuß gehen, 200 Euro zahlen und erhält zwei Punkte in Flensburg.
Blitzer: 1589 Bußgelder kommen aus mobilen Messungen zustande
Aus den mobilen Messungen, die entweder direkt aus dem VW Bus oder über ein Stativ erfolgen, resultieren 8709 Fälle (2021: 5236), die zunächst dem Bußgeldbereich zugeordnet wurden. Letztlich wurden 1589 Bußgelder (2021: 1545) und 156 Fahrverbote (2021: 162) ausgesprochen.
Der höchste gemessene Verstoß stammt aus Elmshorn, wo ein Fahrer am Freitag um 15.26 Uhr an der Hamburger Straße 63 Kilometer pro Stunde zu schnell war. Die Strafe: drei Monate Fahrverbot, 1400 Euro Geldstrafe, zwei Punkte im Verkehrszentralregister.
Die Zahl der Messeinsätze wurde im vorigen Jahr nochmals erhöht
Die Zahl der Messeinsätze wurde 2022 noch einmal deutlich erhöht, was die stark gestiegenen Zahlen erklärt – und sie erfolgten meist auch in beide Fahrtrichtungen. „Wir haben im vorigen Jahr auch viele neue Messstellen ausprobiert, die uns von kommunen oder Bürgern vorgeschlagen worden waren“, erläutert Sühlsen.
Es gebe gerade aus der Bevölkerung viele Anfragen zu diesem Thema. Wenn an einer solchen Messstelle eklatante und häufige Überschreitungen festgestellt würden, werde diese regelmäßig angefahren.
Blitzeranhänger Zeus überführt 6123 Temposünder im Kreis Pinneberg
Der Blitzeranhänger Zeus, auf den erst am Donnerstag ein Brandanschlag verübt wurde, überführte 6123 Temposünder. Daraus ergaben sich 1062 verhängte Bußgelder und 200 angeordnete Fahrverbote.
Die höchste Überschreitung meldete Zeus von der Jürgen-Siemsen-Straße in Tornesch, wo an einem Donnerstag um 17.26 Uhr ein Autofahrer mit Tempo 124 geblitzt wurde. Zulässig waren dort 50 Kilometer die Stunde. Die Strafe: Ein dreimonatiges Fahrverbot, 1900 Euro Geldbuße und zwei Punkte im Bundeszentralregister.
2021 stand Blitzer Zeus nur sechs Monate zur Verfügung
Zum Vergleich: 2021 stand Zeus nur von Juli bis Ende Dezember zur Verfügung. In diesem Zeitraum blitzte Zeus 3221 Mal. Daraus erwuchsen 791 Bußgeldbescheide, die Bußgeldstelle verhängte 169 Fahrverbote.
Die höchste Überschreitung wurde an der Bahnstraße in Quickborn registriert, wo ein Autofahrer in der Nacht zu Sonnabend in der Tempo 30-Zone mit 99 Kilometer pro Stunde erwischt wurde. Er muss drei Monate auf den Führerschein verzichten, 960 Euro zahlen und erhält zwei Punkte in Flensburg.
Blitzeranhänger kann rund um die Uhr ohne Personalüberwachung eingesetzt werden
„Zeus hat sich sehr gut bewährt“, sagt Sühlsen. Der große Vorteil des Gerätes sei, dass es rund um die Uhr ohne personelle Überwachung arbeiten könne.
Auch die Zahl der Attacken auf Zeus halte sich in Grenzen. „Teilweise melden sich Leute bei uns, um mitzuteilen, dass da was drauf gesprüht wurde“, so Sühlsen. Die Anfragen von Kommunen nach Einsätzen von Zeus seien sehr hoch.
Kreis Pinneberg: 21.770 Fälle als Bußgeldfälle eingestuft
Rechnet man alle Messarten zusammen, wurden 21.770 Fotos als mögliche Bußgeldfälle eingestuft. Zum Vergleich: 2021 kamen lediglich 14.510 solcher Fälle bei der Bußgeldstelle an.
Fünf Messangestellte des Kreises betreuen gemeinsam mit Polizisten die Messeinsätze, 13 Mitarbeiter – teilweise in Teilzeit – arbeiten in der Bußgeldstelle. Gearbeitet wird 2023 auch daran, die neuen Blitzerstandorte einzurichten.
Alle bisherigen Standorte im Kreis Pinneberg auf den Prüfstand gestellt
Nach dem technischen Ende für die sechs Altstandorte hatte der Kreis alle bisherigen Standorte – außer Schenefeld – auf den Prüfstand gestellt. Von den Standorten in Bilsen, Bokholt-Hanredder, Borstel-Hohenraden, Heede, Heidgraben und Rellingen bleibt nur der Blitzer in Bilsen übrig.
40 mögliche neue Standorte seien geprüft worden, sagt Sühlsen. Die Meldungen seien von Polizei und Kommunen gekommen, außerdem seien eigene Erkenntnisse des Kreises eingeflossen.
Kreis Pinneberg sah Bedarf für zwölf Standorte
„Wir haben Bedarf für zwölf Standorte gesehen“, so die Teamleiterin. Im Ergebnis bleibe es künftig bei sieben Standorten ortsfester Geschwindigkeitsanlagen, weil die Polizei einer Ausweitung mangels Personal in der Zentralen Ordnungswidrigkeitenstelle eine Absage erteilt hatte.
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Außer Schenefeld und Bilsen blitzt es in Zukunft in Bokholt-Hanredder – dann auf Höhe Schule/Kita –, in Rellingen neu an der Adlerstraße 37 Höhe Krupunder Ring sowie in Elmshorn (B 431 Westerstraße), Bönningstedt (Kieler Straße 129, Schule) und Hemdingen (Steindamm, Höhe Schule/Feuerwehr).
Kreis Pinneberg: Erste neue Blitzer-Standorte sollen 2023 aufgebaut werden
Während die Altstandorte noch bis Ende 2024 weiterbetrieben werden sollen, kommen nach und nach die neuen hinzu. Sie werden wie in Schenefeld mit Lasermesstechnik ausgestattet sein und im Gegensatz zur alten Technik beidseitig blitzen. „Wir werden uns im Rahmen der Vergabe für einen der beiden möglichen Hersteller entscheiden“, sagt Sühlsen.
Aktuell würden für jeden Standorte die Verhandlungen laufen, weil Grunderwerb sowie ein Stromanschluss erforderlichen seien. „Sühlsen: Ich hoffe sehr, dass es dritten oder vierten Quartal der erste Spatenstich für den ersten neuen Standort erfolgt.“
Sie selbst wird das nicht mehr miterleben: Die Teamleiterin wechselt nach fünfeinhalb Jahren in diesem Amt innerhalb der Kreisverwaltung auf einen neuen Posten.