Henstedt-Ulzburg. Rechtsaußen-Partei mietet für Donnerstag erneut öffentliches Gebäude in der Gemeinde. Bündnis kündigt Gegendemonstration an.
Die Nachricht hat vergleichsweise kurzfristig die Runde gemacht. Am vergangenen Freitag veröffentlichte die AfD auf der Internetseite ihres schleswig-holsteinischen Landesverbandes eine Ankündigung, die nun mit etwas Verzögerung in Henstedt-Ulzburg für Aufregung sorgt. Denn erneut wird die kürzlich vom Oberverwaltungsgericht Münster per Urteil als rechtsextremer Verdachtsfall bestätigte Partei in der Großgemeinde eine Veranstaltung im Bürgerhaus durchführen.
Drei Tage vor der Europawahl werden sowohl die AfD aus Schleswig-Holstein sowie aus Hamburg am kommenden Donnerstag, 6. Juni, hier gemeinsam den Wahlkampfabschluss machen. „Unter anderem werden die Landesvorsitzenden der AfD von Schleswig-Holstein und Hamburg, sowie auch die Europakandidaten anwesend sein“, teilt die AfD mit. Beginn ist um 18 Uhr.
Henstedt-Ulzburg: AfD-Landesverbände kommen ins Bürgerhaus
Einer der Kandidaten ist Julian Flak aus Kaltenkirchen, der zugleich auch Kreisvorsitzender ist und vor wenigen Tagen beim Aufhängen von Wahlplakaten in Weddelbrook von einem Anwohner angegriffen worden war.
Das Bündnis für Demokratie und Vielfalt hat bereits angekündigt, vor Ort gegen das Treffen zu protestieren. Ab 17 Uhr werde am Bürgerhaus eine Kundgebung stattfinden unter dem Motto „Die EU gegen ihre Feinde verteidigen!“, heißt es in einem Aufruf. Zuletzt hatte es schon am 26. Mai am Rathaus eine Demonstration gegen Rechtsextremismus gegeben.
Bündnis kündigt Gegenprotest an: „AfD will EU in ihrer heutigen Form abschaffen“
„Die AfD will die EU in ihrer heutigen Form abschaffen und die Nationalstaatlichkeit zurück. Wir müssen Europa verteidigen!“, schreibt das Bündnis. „Heute brauchen wir dringender denn je eine EU, die für Frieden und Menschenrechte eintritt – zu Hause und jenseits ihrer Grenzen.“
Zum Hintergrund: Seit Jahren ist die AfD quasi Stammgast im Bürgerhaus. Die dortige Benutzungsordnung gestattet es Parteien, dieses anzumieten. Wiederholt hatte es in Henstedt-Ulzburg Versuche gegeben, das zu verhindern. Ein Gutachten besagte, dass eine Änderung der Satzung nur rechtlich möglich wäre, wenn dann sämtliche Parteien oder Wählergemeinschaften das Gebäude nicht mehr nutzen würden. Das war im Ort nicht mehrheitsfähig.
- Rekord-Demo Henstedt-Ulzburg: 3500 Menschen gegen AfD auf der Straße
- Henstedt-Ulzburg: Zu viel des Guten? Politik streicht Flüchtlingsberatung
- Pharmazeutix: Die besondere Geschichte der Apotheke vom Rhen
Im August erlitt die Verwaltung zudem eine bittere Niederlage vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig. Damals hatte die Gemeinde eine AfD-Anfrage für einen Landesparteitag abgelehnt, argumentierte damit, „dass es im Umfeld der Verstaltungen zu Störungen und Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ gekommen sei. Allen voran im Oktober 2020, als ein damaliges AfD-Mitglied mit einem Auto in Gegendemonstranten fuhr, diese zum Teil schwer verletzte. Der Mann wurde Ende 2023 zu drei Jahren Haft verurteilt.
Dennoch sagten die Richter letztlich: Wenn die Gemeinde das Bürgerhaus grundsätzlich zur Verfügung stelle, dürfe dies auch von der AfD genutzt werden, denn diese sei nicht verboten. Das Szenario von gefährdeter öffentlicher Sicherheit und großen Gegendemos überzeugte ebenso wenig.
Henstedt-Ulzburg: Gemeinde scheiterte vor Gericht mit Versuch, AfD-Treffen zu verhindern
Die fast schon letzte Hoffnung platzte im Frühjahr. Denn die Stadt Reinbek (Kreis Stormarn) hatte ihrerseits versucht, die AfD aus dem örtlichen Schloss fernzuhalten, indem man Veranstaltungen „mit extremistischen, rassistischen, antisemitischen, nationalistischen, sonstigen menschenverachtenden oder antidemokratischen Inhalten“ verbiete. Doch auch hier gewann die Partei vor dem Verwaltungsgericht.
In der Region zeigte sich unterdessen im Februar, dass viele Menschen keine Lust auf die AfD und rechte Politik haben. 3500 Menschen demonstrierten rund ums Rathaus gegen die AfD, es war eine Reaktion auf die „Remigrations“-Ideen, die damals enthüllt worden waren. Es war die größte Protestaktion aller Zeiten im Kreis Segeberg.