Norderstedt. Neubau der Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose und bedürftige Menschen in Norderstedt: Start nach komplizierter Planung.
„Ein erster sichtbarer Meilenstein“, so beschreibt es Tabea Müller, Leiterin der Tagesaufenthaltsstätte für Wohnungslose am Herold-Center in Norderstedt, was vor wenigen Tagen endlich vollzogen wurde. Denn die Grundsteinlegung für den Neubau der anerkannten Einrichtung in Garstedt war auch so etwas wie ein Schlusspunkt unter einen Planungsprozess, der für viele Beteiligte fast schon quälend lang war. Denn bevor das 2,3 Millionen Euro teure Projekt in die Umsetzung gehen konnte, dauerte es tatsächlich sieben Jahre.
Und dabei wurde es ausgerechnet in der letzten Phase noch einmal kritisch. 2021 hatte die Stadt, die sich maßgeblich am Unterhalt der TAS beteiligt, ein Finanzhilfe von 800.000 Euro für den Neubau zugesagt. Den Rest würde das Diakoniewerk Hamburg-West/Südholstein aus Eigenmitteln oder Spenden beisteuern, ebenso über die Aktion Mensch und die Stiftung Wohnhilfe. Nur: Damals wurde noch von 1,5 Millionen Euro Gesamtkosten ausgegangen. Die Preissteigerung traf indes auch dieses Vorhaben, die benötigte Investition wuchs, sodass die Diakonie Ende 2023 mit einer Bitte an Rathaus und Politik herantrat.
Norderstedt: Kurz vor Weihnachten stand das Projekt auf der Kippe
Aus dem städtischen Haushalt sollten weitere 300.000 Euro fließen, nur dann hätte sich die Diakonie in der Lage gesehen, die neue TAS zu realisieren. Die Stadtverwaltung reagierte eher ablehnend, schlug vor, den Neubau kleiner zu gestalten. Nach intensiver politischer Debatte fand sich allerdings Mitte November eine Mehrheit von 10 Ja-Stimmen bei fünf Enthaltungen für die Erhöhung des Zuschusses. Das Projekt war kurz vor Weihnachten gerettet.
Auch zur Freude des prominenten Schirmherren: Carlo von Tiedemann. Der Kult-Moderator engagiert sich seit vielen Jahren für die TAS, organisiert Spendenaktionen und Veranstaltungen. „Die Jungs und Mädels dort haben furchtbare Angst vor Morgen. Jeder Tag ist ein erneuter Kampf für sie. Diesen Menschen muss unbedingt geholfen werden“, hatte er dem Abendblatt gegenüber gesagt. „Wir alle können Leben retten.“
Duschen, essen, begegnen, beraten: Die TAS gibt es seit 1998
Derzeit ist die TAS ein Containergebäude und tendenziell längst marode. „Das neue Haus schafft mit mehreren und größeren Räumlichkeiten eine wichtige Voraussetzung für eine zukunftsfähige soziale Arbeit der Wohnungslosenhilfe Norderstedt“, so die Leiterin. Und angesichts steigender Gästezahlen und des baulichen Zustandes sei dies erforderlich gewesen. „Zukünftig wird es möglich sein, unterschiedlichen Bedürfnissen der Besuchenden gerecht zu werden.“
Die Tagesaufenthaltsstätte, die es in der Stadt seit 1998 und seit 2006 am heutigen Standort gibt, hat eine Fülle an Aufgaben, ihre Bedeutung für Obdachlose, für Arme in der Stadt und bedürftige Menschen zeigt sich an vielen Punkten. „Die TAS bietet montags bis samstags Frühstück, an den Wochentagen ein warmes Mittagessen. Gäste können sich duschen, ihre Wäsche waschen und trocknen oder die Postadresse nutzen“. Bücher, Internet, Tageszeitungen und Schließfächer werden kostenlos bereitgestellt. Alles ist auch anonym und ohne Voranmeldung verfügbar.
Täglich kommen rund 40 Menschen unterschiedlichster Herkunft zur TAS
Eine integrierte Beratungsstelle ist zuständig für alle Probleme und Anliegen zum Thema Wohnen, sie eng mit anderen Einrichtungen des sozialen Hilfesystems zusammen. Mehrfach pro Monat werden zudem Arztsprechstunden oder Sprechstunden der Suchthilfe angeboten. Dazu können die Menschen an Festen teilnehmen oder gemeinsam Ausflüge unternehmen.
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Ursprünglich war die Einrichtung ausgerichtet auf die Personen, die im Umfeld des Herold-Centers und der De-Gasperi-Passage aufhalten. Doch der Bedarf ist in diesen Zeiten viel breiter. Laut TAS werden täglich rund 40 Personen versorgt, betreut und bewirtet, sie haben unterschiedliche soziale, ethnische oder religiöse Herkünfte und Prägungen. Im letzten Jahr seien insgesamt 8772 Menschen zu Gast gewesen. 28 Ehrenamtliche kümmern sich vor Ort, unterstützt von der hauptamtlichen Leitung.
Norderstedt: Modernes zweistöckiges Gebäude statt zweckmäßigem Container
Und all das soll nun endlich bessere Rahmenbedingungen bekommen. Die neue TAS ist kein ebenerdiger Container mehr, sondern ein zweistöckiges Gebäude. Es soll deutlich mehr Räume geben für Beratung und Betreuung, aber auch zum Rückzug und zur Erholung. Eine professionelle Küche und neue Lagerräume sind vorgesehen, dazu ein Aufenthaltsbereich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Für die Menschen ist ein neuer Speisesaal mit Terrasse vorgesehen, neue Schließfächer, ein Waschbereich und zeitgemäße sanitäre Anlagen. Die gesamte TAS wird barrierefrei sein, und im Sinne der Energieeffizienz wird es eine Photovoltaikanlage sowie eine Wärmepumpe geben. Mit einer Fertigstellung noch in diesem Jahr kann gerechnet werden.