Norderstedt. In der Nähe der A7, zwischen Kiesow und Quickborner Straße, sollen in Norderstedt Firmen angesiedelt werden. 50 Menschen kamen zu einer Info-Veranstaltung.
- Das neue Wohngebiet grenzt an zwei Wohnstraßen
- Das neue Gewerbegebiet könnte in drei bis fünf Jahren Realität sein
- Das neue Gewerbegebiet ist acht Hektar groß – und nicht 80!
Filetgrundstücke für Gewerbe, nur 2,5 Kilometer von der A7 entfernt – dieses Angebot möchte die Stadt Norderstedt in den kommenden Jahren Investoren machen. Dazu wird im Stadtteil Friedrichsgabe, in der Nähe von Kiesow Autorecycling, ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen. Doch das grenzt auch an zwei Wohnstraßen. Was kommt da auf die Anwohner zu? Darüber informierte die Stadtverwaltung am Dienstagabend.
Gut 50 interessierte Bürger kamen zu dem Info-Abend in die Grundschule Friedrichsgabe, die meisten von ihnen Anwohner der Quickborner Straße und des Kampmoorweges. Denn sie werden am stärksten von den Plänen betroffen sein, die nach Angaben von Baudezernent Christoph Magazowski „in drei bis fünf Jahren“ Realität werden könnten. Er stand am Dienstagabend den Bürgern Rede und Antwort, zusammen mit dem zuständigen Fachplaner Till Marwitz und weiteren Mitarbeitern der Verwaltung. Die Atmosphäre war ruhig und sachlich, einige Sorgen konnten entkräftet werden.
Das neue Gewerbegebiet ist rund acht Hektar groß
Marwitz stellte erst einmal klar, dass das künftige Gewerbegebiet rund acht Hektar groß sei. In einer früheren Mitteilung der Stadt hatte es irrtümlich geheißen, es seien etwa 80 Hektar. Das Gebiet wird im Westen von der Kohtla-Järve-Straße und dem Kampmoorweg begrenzt und im Norden von der Straße Am Umspannwerk. Östlich grenzt es an die Flächen von Kiesow beziehungsweise an das Ende der Tycho-Brahe-Kehre. Im Süden wird das Gewerbegebiet an die Wohnbebauung an der Quickborner Straße angrenzen.
„Die Flächen sind nahezu unbebaut und gehören zu etwa 90 Prozent der städtischen Entwicklungsgesellschaft EGNO“, sagte Marwitz. Über die EGNO könne die Stadt „maßgeblich mitentscheiden, welche Gewerbebetriebe sich da ansiedeln sollen.“ Konkret sei da aber noch nichts, im Grundsatz sei es „relativ offen“, wer oder was sich dort ansiedele. Offen sei auch die Frage, ob eher viele kleine oder wenige große Betriebe kommen.
Im Bereich von Kiesow entsteht ein „klassisches Gewerbegebiet“
Aber die Rahmenbedingungen werden von der Stadt genau definiert. Und zwar soll es auf dem Areal drei „Bauabschnitte“ geben. Bauabschnitt 3 liegt auf dem nördlichen Teil des Geländes, angrenzend an die Straße Am Umspannwerk und Kiesow. Hier soll es ein „ganz klassisches Gewerbegebiet“ geben, so Marwitz. Das bedeutet, dass sich auch ein Betrieb ansiedeln dürfte, in dem nachts gearbeitet wird. Oder eine Tischlerei, die in einem gewissen Rahmen für Lärmemissionen sorgt.
Verboten wären aber laut Bauvorschriften etwa eine Tankstelle, ein Schnellrestaurant, ein Spielcasino oder „Vorführräume und Gesellschaftsräume, deren Zweck auf Darstellungen mit sexuellem Charakter ausrichtet sind“, wie es im Baugesetzbuch heißt. Wohnungen und Einzelhandel sind auch nicht erlaubt.
Strengere Regeln für die Gebiete, in deren Nähe Häuser stehen
Noch strenger sind die Regeln für die Bauabschnitte 1 und 2, die näher am Kampmoorweg und an der Quickborner Straße liegen. Diese werden „eingeschränkte Gewerbegebiete“, Betriebe müssen Rücksicht auf die Anwohner nehmen. Nachts dürfte dort etwa nicht gearbeitet werden. Zulässig wäre aber zum Beispiel eine Autowerkstatt. Geprüft werde „jeweils der Einzelfall“, so Marwitz.
Die Gebäude im Bauabschnitt 3 dürfen nicht mehr als zwölf Meter Firsthöhe haben, für die Abschnitte 1 und 2 gilt elf Meter. Außerdem ist die Auflage der Stadt, dass 50 Prozent der Dachflächen Solarpanele bekommen. Ein großer Pluspunkt für die Anwohner der Quickborner Straße und des Kampmoorweges ist der geplante Grünstreifen. Der soll zwischen den Bauabschnitten 1 und 2 und der Wohnbebauung verlaufen. Dazu wird der schon bestehende Grünstreifen Richtung Kampmoorweg verlängert. „Dann wird es zum Beispiel möglich sein, vom Kampmoorweg auf dem Grünstreifen bis zu Aldi oder Edeka am Bahnhof Quickborner Straße zu gehen“, sagte Till Marwitz.
Tycho-Brahe-Kehre wird verlängert
Im Norden und Osten soll das Gewerbegebiet ans Straßennetz angebunden werden. Und zwar durch städtische Straßen, die dann in einem Wendehammer münden. Dafür soll im Osten die Tycho-Brahe-Kehre verlängert werden, im Norden bekommt die Straße Am Umspannwerk einen Abzweiger. Im Inneren des Gewerbegebiets könnten dann Privatstraßen verlaufen.
Dieses Thema beschäftigte eine Anwohnerin der Quickborner Straße. „Bekommen wir dann mehr Verkehr bei uns in der Nachbarschaft?“, fragte sie. Dazu Christoph Magazowski: „Die Quickborner Straße wird keine Durchgangsstraße, sie wird nicht an die Kohtla-Järve-Straße angebunden.“ Der Gewerbeverkehr solle nur über die Straßen Am Umspannwerk und Tycho-Brahe-Kehre verlaufen.
Anwohnerin: „Warum ein Gewerbegebiet, warum keine Wohnungen?“
„Warum muss dort überhaupt ein Gewerbegebiet hin?“, fragte eine weitere Anwohnerin. Ob es denn „so viele Nachfrager“ aus der Wirtschaft gebe. Und ob man nicht lieber neue Wohnungen bauen könne? „Wir haben einen enormen Bedarf an Gewerbeflächen“, sagte Christoph Magazowski. „Norderstedt ist eine wachsende Stadt, die auch Arbeitsplätze braucht.“
Zudem seien die für Gewerbe vorgesehenen Flächen gar nicht für Wohnbebauung geeignet, wie Christine Rimka von der Stadtverwaltung ausführte. In Friedrichsgabe gebe es „viele belastete Flächen“, die deshalb für Gewerbe vorgesehen seien. Auf die Frage, wie genau die Flächen nördlich der Quickborner Straße denn belastet seien, sagte sie: „Das waren früher alles landwirtschaftliche Flächen. Dort ist dann zum Beispiel auch mal Bauschutt gelagert worden.“ Christoph Magazowski sagte, Gravierendes wie „Schwermetall“ sei da nicht zu erwarten. Es würden aber, bevor gebaut wird, noch Bodengutachten durchgeführt.
Die Frage nach Umfang und Grenzen des Gewerbegebiets, zu dem auch der Grünstreifen zählt, umtrieb mehrere Anwohner. Denn im Plan sind auch solche Flächen eingezeichnet, die der Stadt gar nicht gehören – sie besitzt über die EGNO ja nur gut 90 Prozent des Plangebietes. Und das bedeutet, dass die Stadt im Moment auch Teile von Privatgrundstücken mit verplant hat.
Stadt plant auch Privatgrund mit ein. Was das bedeutet
So sagte eine Anwohnerin: „Der Grundstreifen verläuft mitten durch ein Stück Wiese, das mir gehört. Was bedeutet das?“ Christoph Magazowski stellte klar, dass die Anwohner das Recht hätten, einen Teil ihres Landes an die Stadt zu verkaufen. „Dazu wird Ihnen ein Angebot gemacht.“ Verkaufen müsse aber niemand. „Dann wird der Grünstreifen eben an der Stelle ein Stück schmaler.“ Es gelte Bestandsschutz. Wenn ein Grundstückseigentümer aber eines Tages verkaufen wolle, habe die Stadt für die betreffende Fläche ein Vorkaufsrecht.
Das betrifft auch die Autowerkstatt „CTaF Car Terminal am Felde“ am Kampmoorweg. Auf dieser Fläche sieht der Plan der Stadt nämlich ausschließlich Grün und Bäume vor. Die Stadt will nun sondieren, ob die Werkstatt-Eigentümer verkaufen wollen. „Wir hoffen, dass wir da zu einer guten Einigung kommen“, so Christoph Magazowski.
21 Jahre alter „Rahmenplan“ sorgt für Bedenken
Für Sorge bei einigen Anwohnern sorgte im Laufe der Diskussion ein Rahmenplan von 2003, der auch mit an den Wänden des Saals aufgehängt war. Der zeigt nämlich nicht nur das neue Gewerbegebiet nördlich des Quickborner Weges, von dem hier die Rede war, sondern noch ein zweites, ähnlich großes Gewerbegebiet südlich der Straße. „Dann wären wir ja zwischen zwei Gewerbegebieten eingekesselt“, sagte Gabriele Kuß, die an der Quickborner Straße wohnt. Das beschäftigt auch ihren Nachbarn Martin Ruhländer. „Im Moment sind das idyllische Felder, man kann dort spazieren gehen und sich an einer Milchtankstelle versorgen.“
Baudezernent Magazowski konnte diese Befürchtungen aber weitgehend entkräften. Es handele sich nur einen Rahmenplan, mehr als 20 Jahre alt. Und im Unterschied zum jetzt avisierten Gewerbegebiet gehören die Flächen nicht der Stadt beziehungsweise der EGNO, sondern „drei oder vier Privatleuten“. Die wollten aber nicht an die Stadt verkaufen. „Von daher macht es für die Stadt keinen Sinn, diese Planungen weiterzuverfolgen.“
Anwohner: „Lkw-lastiges Gewerbe wäre natürlich nicht so schön“
Gemische Gefühle verblieben bei dem einen oder anderen aber doch am Ende des Abends. So sagte etwa Martin Ruhländer: „Bei den Bauabschnitten 1 und 2 habe ich keine Bedenken. Bei Bauabschnitt 3 wird es spannend. Wenn da ein Lkw-lastiges Gewerbe hinkommt, wäre das natürlich nicht so schön.“
Anwohner wie Ruhländer haben aber noch mehrere Möglichkeiten, ihre Anregungen und Bedenken loszuwerden – das wurde mehrmals am Abend betont. Denn bisher existiert der „Bebauungsplan 298 „Südlich Umspannwerk – Friedrichsgabe West“ nur als Vorentwurf. Vor der Umsetzung stehen noch weitere Bürgerbeteiligungen und Beschlüsse der Ausschüsse und der Stadtversammlung.
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Erst einmal liegen die Pläne jetzt im Norderstedter Rathaus (Rathausallee 50) öffentlich aus. Sie können dort noch bis Donnerstag, 28. März, während der Öffnungszeiten (Mo. bis Fr. 8.30 bis 12 Uhr, Mo. bis Mi. 13 bis 16 Uhr, Do. 13 bis 18 Uhr) eingesehen werden. Zu dem Vorentwurf des Bebauungsplanes können bis zum 28. März Stellungnahmen abgegeben werden.