Norderstedt. Beschluss zu öffentlicher Sicherheit an Bahnhöfen in Garstedt und Norderstedt-Mitte. Was die Oberbürgermeisterin damit zu tun hat.
Als wäre nichts gewesen: Die Politik in Norderstedt hat im Hauptausschuss einen Beschluss zur öffentlichen Sicherheit, zu Überwachungskameras und dem Einsatz von Sicherheitsdiensten an den Brennpunkten rund um die Bahnhöfe beim Herold-Center in Garstedt und in Norderstedt-Mitte gefasst, der (fast wortgleich) in den letzten Monaten zu heftigem Streit zwischen einigen Fraktionen und der damals noch amtierenden Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder geführt hatte.
Nun saß ihre Nachfolgerin Katrin Schmieder, im Amt seit dem 10. Januar, erstmals im Gremium, auch dessen neuer Vorsitzender Gunnar Becker (CDU) hatte seine Premiere. Schon im Vorfeld gab es dem Vernehmen nach im Hintergrund Gespräche, mutmaßlich auch, um eine gute Arbeitsgrundlage zu schaffen. Das scheint funktioniert zu haben, von Misstönen war nichts mehr zu hören.
Norderstedt: Sicherheit an den Brennpunkt-Bahnhöfen – so geht es weiter
Erneut legten die Union sowie die Fraktion Wir in Norderstedt/Freie Wähler ihren Antrag vor. Dieser besagt: Die Verwaltung solle prüfen, welche „Investitionen und Schritte erforderlich sind, um die beiden neuralgischen Punkte ZOB Garstedt und ZOB Norderstedt-Mitte mit Überwachungskameras auszustatten und an die Polizei anzubinden“.
Der zweite Punkte: Für die beiden Bahnhöfe sowie für den Willy-Brandt-Park soll ein privater Sicherheitsdienst gefunden werden, der (mit Hund) zu bestimmten Zeiten, insbesondere Freitag und Sonnabend, mit Doppelstreifen unterwegs ist. Die Oberbürgermeisterin solle hierzu dann am 19. Februar dem Hauptausschuss berichten.
Abgewählte Oberbürgermeisterin legte im Herbst Widerspruch gegen Beschluss ein
„Ich hätte gerne gewusst, ob die Oberbürgermeisterin dem Beschluss aus formalrechtlichen Gründen widersprechen möchte“, fragte Tobias Mährlein (FDP) mit einem Schmunzeln gerichtet an Katrin Schmieder. Der Hintergrund: Elke Christina Roeder hatte genau das getan, nachdem der Hauptausschuss im Oktober den fast identischen Prüfauftrag beschlossen hatte. Warum sie Einspruch einlegte? Maßnahmen zur Gefahrenabwehr wie diese sind Aufgaben, die per Gesetz über Land und Kreis an die Oberbürgermeisterin übertragen werden. Diese argumentierte: Die Politik war hier nicht zuständig. Damit hatte sie auch Recht.
Zur Geschichte gehört auch: Elke Christina Roeder gab im November bekannt, dass die Verkehrsgesellschaft Norderstedt als Eigentümerin des Bahnhofs in Norderstedt-Mitte sowie des ZOB bis zunächst Ende Februar einen privaten Sicherheitsdienst engagieren werde. Im Sinne des Objektschutzes hat dieser „Jedermann-Rechte“, kann also Straftäter festhalten, muss dann aber die Polizei alarmieren. Und: Kameras gibt es im Bereich der Bahnhöfe auch bereits an den U-Bahnsteigen, hier ist die Hochbahn verantwortlich.
Kurios: Zwei Formulierungen genügen, damit die Stadt kein Problem mit dem Antrag hat
Der letzte Akt in diesem Geplänkel: Die Stadtvertretung stimmte in der Sitzung vor Weihnachten – passenderweise auch die letzte mit Roeder – dagegen, den Oktober-Beschluss aufzuheben. Es war ein finales Beispiel für das zerrüttete Verhältnis zwischen der im Oktober abgewählten Oberbürgermeisterin und einem Großteil der Politik. Und zwar verbunden mit der Erwartung, die vielfach geäußert wurde: Mit Katrin Schmieder würde es besser werden.
Zumindest gibt es nun einen Weg, das Reizthema der öffentlichen Sicherheit effektiver anzugehen. Bei dem Votum gab es nun eine klare Mehrheit, nur die SPD enthielt sich. Kurioserweise antwortete Schmieder übrigens auf die Nachfrage von Tobias Mährlein, dass es aus Sicht der Stadt nur die nachträglich ergänzten Formulierungen „bitten“ und „möglichst“ gebraucht hat, damit das Rathaus kein Problem mehr sieht mit dem Auftrag.
ZOB Garstedt: Bürger war Zeuge einer „Massenschlägerei“
Mehr noch: In der nächsten Stadtvertretung dürfte unter diesen Umständen der vorherige Beschluss schlicht aufgehoben werden. Und die neue Oberbürgermeisterin merkte an: Im Hintergrund werde längst an den Konzepten gearbeitet, diese würden dann im Hauptausschuss präsentiert.
Zuvor hatte ein Bürger noch einmal verdeutlicht, worum es geht. „Im Sommer des letzten Jahres wurde ich Zeuge einer Massenschlägerei am Herold-Center und am ZOB“, sagte der Mann während der Einwohnerfragezeit. In der Folgezeit habe ich die Entwicklung in Bezug auf die innere Sicherheit verfolgt und wahrgenommen, dass nur die Themen Videoüberwachung und Zusammenarbeit mit einem Sicherheitsdienst auf der Tagesordnung stehen.“ Aber was sei denn mit dem Kommunalen Ordnungsdienst, fragte der Besucher.
Kommunaler Ordnungsdienst: Acht Mitarbeiter am Ende des ersten Quartals
Dieser ist keine Polizei, hat aber eine wichtige Funktion, verfolgt nicht nur Ordnungswidrigkeiten, sondern soll auch durch seine Uniformierung sichtbar sein und bei den Menschen ein Gefühl der Sicherheit erzeugen. Im letzten Jahr seien vier Stellen ausgeschrieben worden, es gab auch Bewerbungen, sodass vier Personen Angebote gemacht werden konnten, berichtete Andreas Finster, Leiter des hier zuständigen Ordnungsamtes, auf die Nachfrage.
Leider hätten drei dann abgesagt. Aber: „Es werden am Ende des ersten Quartals acht Personen sein.“ Zum Aufgabenspektrum sagte er: „Der Kommunale Ordnungsdienst hat ein feststehendes Aufgabenspektrum, die Aufgaben grenzen sich von der Polizei ab. Aber natürlich geben uns mehr Menschen auch mehr in der Breite, wir wollen die Präsenz ordentlich verstärken.“
Doppelstreifen mit der Polizei? „Es wäre sinnvoll, sich zu ergänzen“
Ob es Doppelstreifen geben könne? „Wir haben dieses Thema Ende des letzten Jahres besprochen. Gerade in den späten Stunden wäre es sinnvoll, sich zu ergänzen, insbesondere um die Bahnhöfe herum.“ Aber er wies auch darauf hin, dass dies abhängig sei von der jeweiligen Personalsituation.
- Angst vor Überfall: Wie Norderstedt Sicherheit schaffen will
- Überfall in Norderstedt: Junge Frau (24) an Heiligabend in Parkanlage ausgeraubt
- Wieder Straßenraub in Norderstedt: Opfer wird am Exerzierplatz angeschossen
Eine Serie von Raub- und Gewalttaten hat die öffentliche Sicherheit in den letzten Jahren in den Mittelpunkt rücken lassen, sie hat auch die letzten Wahlkämpfe in Norderstedt geprägt, verbunden mit gegenseitigen Vorwürfen, zu wenig getan zu haben, sowohl bei der Überwachung als auch bei der Prävention. In Arbeit ist seit September eine kommunale Sicherheitsanalyse, die ein aktuelles Bild der Kriminalitätsschwerpunkte zeichnen und auch eine Bürgerbefragung beinhalten soll.
Sicherheit in Norderstedt: Stadt setzt auch wieder auf Straßensozialarbeit
Ebenfalls schon beschlossen: Es wird wieder auf Straßensozialarbeit mit Streetworkern gesetzt. Hierfür hat die Stadt einen zunächst auf zwei Jahre befristeten Vertrag mit dem Kaltenkirchener Verein „Regenbogen“, einem erfahrenen Träger, abgeschlossen. Auch die Betreuung von Familien beziehungsweise von Kindern und Jugendlichen in Notsituationen gehört zum 160.000 Euro teuren Paket. Die sozialpädagogischen Fachkräfte können für ihre Arbeit auch Räume im Jugendzentrum in Norderstedt-Mitte nutzen.
Holger Lindner, Geschäftsführer des Vereins, hatte gegenüber dem Abendblatt im Dezember die Zielgruppe so beschrieben: 13- bis 25-Jährige, die sich „in Gruppen oder Szenen“ im öffentlichen Raum aufhalten. Keine Rolle würden „Geschlecht, Religionszugehörigkeit, sozialer Status, Herkunft oder Nationalität spielen“.