Norderstedt. Kostenexplosion: Politik stellt Planung des Schulzentrums Süd infrage. Bei der Elternschaft sorgt die Entwicklung für Sorgen.

Es ist das mit kalkulierten 151,55 Millionen Euro teuerste Projekt, das es in Norderstedt bislang gegeben hat. Der Neubau des fast 40 Jahre alten Schulzentrums Süd, also des Lise-Meitner-Gymnasiums und der Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark, samt Sporthallen und Mensa, als „Campus Glashütte“, könnte in diesem Jahr sogar schon beginnen. Wenn die Politik das Bauleitverfahren abschließt. In den letzten Wochen sind hierzu leise Zweifel aufgekommen, nachdem CDU und SPD die Stadtverwaltung aufgefordert hatten, noch einmal die Kosten für eine Sanierung im Detail vorzulegen. Das soll am 7. Februar in der Sitzung des Ausschusses für Schule und Sport (18.30 Uhr, Plenarsaal) geschehen.

Wie es dann weitergeht, ist unklar. Theoretisch möglich wäre, dass eine politische Mehrheit das Vorhaben wieder aufrollen will, um Kosten zu sparen, auch wenn das bisher niemand öffentlich gesagt hat. Uneingeschränkt für den Neubau sind nicht nur die Schulen, sondern auch die Eltern, wie die Schulelternbeiräte des Lise-Meitner-Gymnasiums, Michael Braun und Birgit Prignitz-Wende, im Abendblatt-Interview erklären.

Schulzentrum Süd in Norderstedt: Neubau oder Sanierung? Das sagen die Eltern

Frau Prignitz-Wende, Herr Braun, wie sind die derzeitigen Rahmenbedingungen am Schulzentrum Süd und am Lise-Meitner-Gymnasium?

Prignitz-Wende: Die Lehrkräfte sind alle sehr motiviert, sind ein tolles Team. Das Schulzentrum Süd war lange ohne Schulleiter. Herr Krüger ist jetzt seit 1,5 Jahren da, er geht viele Themen an, die vorher aufgrund von Ressourcenknappheit ein bisschen hängen geblieben sind. Es wird viel optimiert, verbessert, manches zurückgenommen, wir sind auch von den Lehrkräften relativ gut aufgestellt im Vergleich zu anderen Schulen. Schüler berichten regelmäßig vom Schulgebäude: Da ist dann mal der Musikraum nicht funktionstüchtig, weil es durch die Decke leckt, irgendwas ist bei den Toiletten kaputt und einige andere nicht so schöne oder kaputte Dinge vom Schulgebäude.

Braun: Es ist viel da, aber es sind schon teilweise sehr altbackene Räume. Das erinnert mich schon an die Schule, an der ich vor 30 Jahren Abi gemacht habe. Zum Beispiel spiele ich selbst Handball bei den HTN-Senioren, und das Schulzentrum-Süd ist unsere Heimhalle. Ich muss sagen, dass die sanitären Einrichtungen und die Umkleiden sehr zu wünschen übrig lassen. Es kommt schon mal vor, dass man mal kalt duscht oder zu heiß.

Prignitz-Wende: Es ist schon ein großer Investitionsstau. Ich hatte mit Eltern von anderen Schulen gesprochen, Harksheide zum Beispiel, das Coppernicus-Gymnasium, das Lessing-Gymnasium, da wurde zwischendurch immer etwas investiert. Hier wurde gar nichts gemacht. Soweit wir informiert sind ist das Einzige, was neugebaut wurde, ist die Mensa.

Als Sie Elternbeiräte wurden, waren die Planungen schon weit fortgeschritten. Wie haben sie das wahrgenommen?

Braun: Als mein Sohn eingeschult wurde, war ich bei einem Infoabend, den hatte damals noch Herr Damp geführt. Er hatte recht euphorisch von den Planungen für einen Neubau gesprochen. Da dachte ich: Das klingt ja gut. Und ich habe mich darauf gefreut, dass mein Sohn das miterleben könnte.

Prignitz-Wende: Nach meinen Informationen wurde über den Neubau bereits vor elf oder zwölf Jahren den neuen fünften Klassen berichtet.

Was spricht aus Ihrer Sicht, aus Sicht der Eltern, für den Neubau?

Prignitz-Wende: Es ist geplant, dass außerhalb des jetzigen Schulgebäudes, aber auf dem Schulgelände, gebaut wird. Somit kann der Unterricht weiterlaufen und die Schüler müssen nicht jahrelang in Containern untergebracht werden. Das empfinden alle als sehr positiv.

Das Schulzentrum Süd ist fast 40 Jahre. Lise-Meitner-Gymnasium und Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark sollen als „Campus Glashütte“ neugebaut werden und dann Unterricht nach modernen Gesichtspunkten ermöglichen.
Das Schulzentrum Süd ist fast 40 Jahre. Lise-Meitner-Gymnasium und Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark sollen als „Campus Glashütte“ neugebaut werden und dann Unterricht nach modernen Gesichtspunkten ermöglichen. © Christopher Mey | Christopher Mey

Braun: Die Elternschaft fühlt sich ein wenig vertröstet, weil es so lange dauert. Bei den Konferenzen wurde das Thema als Running-Gag gesehen. Aber wir hatten auch eine Sitzung, da hat Herr Krüger die Pläne vorgestellt und das Video, das jetzt auch auf der Homepage ist. Da waren die Eltern schon sehr begeistert.

Prignitz-Wende: Wenn man den jetzigen Zeitplan sieht, haben Kinder, die jetzt noch nicht in der Oberstufe sind, die Chance, noch etwas davon zu haben.

Welchen Reiz hat der „Campus“-Gedanke?

Braun: Dort ist das Zusammenspiel zwischen dem Gymnasium und der Gemeinschaftsschule mehr eingebracht. Es würde sinnvoll sein, dass mehr Zusammenhalt entsteht. Da könnte ein Neubau andere Akzente setzen.

„Neubau bedeutet weniger Störung für den Unterricht“

Prignitz-Wende: Es ist der Wunsch, dass eine bessere Gemeinschaft entsteht. Das würde durch einen Campus wesentlich gestärkt werden.

Was haben Sie gedacht, als CDU und SPD, die ja eine Mehrheit haben, noch einmal das Thema einer Sanierung vorgebracht haben?

Prignitz-Wende: Dann würden noch einmal einige Jahre ins Land gehen. Da wäre der Frust schon groß.

Braun: Wir waren definitiv überrascht. Der Beschluss für den Neubau 2022 war ja einstimmig, und auf Grundlage der Daten, die vorlagen. Die werden sich in 1,5 Jahren nicht wesentlich verändert haben. Und damals war es schon so, dass es von den Kosten etwa gleich ist. Persönlich, als Vater, finde ich einen Neubau, der wenig Störung im Unterricht bedeutet, wesentlich attraktiver.

Teilen Sie die Ansicht, eine Sanierung wäre günstiger?

Prignitz-Wende: Nach unseren Informationen ist damals eine Sanierung nicht so genau geplant worden wie ein Neubau. Die Kosten für eine Sanierung müssten noch einmal mit viel Aufwand detailliert untersucht werden. Und Baukostensteigerungen würden auch hier eine große Rolle spielen.

Schulzentrum Süd: „Teilweise werden da Äpfel mit Birnen verglichen“

Braun: Es stand im Raum, die Sanierung würde ein Drittel eines Neubaus kosten. Aber das wäre nur das Schulgebäude, da sind der Schulhof, die Sporthallen, die Containerkosten nicht dabei. Teilweise werden da Äpfel mit Birnen verglichen. Beim Neubau steckt auch ein pädagogisches Konzept dahinter. Die Frage ist, ob man ein solches auch in einem entkernten Altbau umsetzen kann, oder die geplanten Gemeinschaftsflächen, moderne Unterrichtsformen, die in die Architektur einfließen. Es gibt hier bisher keinen klassischen Schulhof.

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Welche Erwartungen haben Sie nun an die Politik?

Prignitz-Wende: Der Wunsch ist, dass sich alle für den Neubau aussprechen. Sowieso wird das Thema Schule in Deutschland nachlässig behandelt. Daher würde man sich freuen, wenn es dann auch umgesetzt wird für die Zukunft der Stadt.

Braun: Ich gehe aktuell davon aus, dass der Neubau stattfinden wird. Ich wüsste keine Grundlage, auf der ich jetzt sagen würde, dass es eine rationale Begründung geben würde, diesen zu stoppen.