Norderstedt. Vier Bürgern am Achternkamp in Norderstedt drohen sehr hohe Rechnungen von der Stadt. Warum das trotzdem eine faire Lösung sein soll.
141.000 Euro – so viel soll der geplante Ausbau von etwas über 140 Metern unbefestigter Straße in Norderstedt kosten. Achternkamp heißt die nur mit einer dünnen Asphaltschicht versehene, durch starke Schäden in Mitleidenschaft gezogene Straße ohne Geh- oder Radwege in Norderstedt-Mitte. Etwa 60 bis 70 solcher Pisten gibt es noch in Norderstedt, und für den Ausbau müssen zu 90 Prozent die anliegenden Grundstücksbesitzer aufkommen. Das Problem am Achternkamp: Hier sind es nur vier Betroffene. Die Einzelrechnungen fallen also entsprechend hoch aus.
Weswegen die Grundstücksbesitzer auch Sturm laufen bei der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik. Doch nun ist klar: Sie werden um den Ausbau der Straße und die Übernahme der Kosten wohl nicht herumkommen. Die Stadt hat alle geforderten Alternativen zum Ausbau geprüft und für nicht empfehlenswert befunden. Und auch in der Kommunalpolitik sieht man mehrheitlich wohl keine Möglichkeit, die Grundstücksbesitzer am Achternkamp anders zu behandeln, als andere Betroffene in anderen zum Ausbau vorgesehenen Straßen in der Stadt.
„Völlig überzogen und ungerecht“, sagt ein Betroffener
Hintergrund für den sogenannten „erstmaligen und endgültigen Ausbau“ des Achternkamp und ähnlich maroder Pisten in Norderstedt ist die Verkehrssicherungspflicht der Stadt. Sie muss dafür sorgen, dass Straßen in der Stadt einheitlich „technischen Mindestanforderungen“ genügen, dass also keine Schlaglöcher und andere Gefahren für den fließenden Verkehr entstehen, dass Kanalisation existiert, Beleuchtung, sichere Geh- und Radwege. Provisorien wie der Achternkamp haben diesen Ausbau nie oder nur teilweise erfahren, weil früher offenbar andere Maßstäbe galten.
Und genau darauf berufen sich nun die betroffenen Grundstücksbesitzer. Wenn der Achternkamp doch schon seit 50 Jahren so daliegt, kann er das nicht auch weiterhin tun? „Die Straße wird lediglich durch den Anliegerverkehr sowie Müll- und Postwagen benutzt, denn der Verkehr auf dem Buckhörner Moor von und ins Zentrum biegt in der Regel dort nicht ab“, argumentiert der Grundstücksbesitzer Reinhard Zuch. 22.000 Euro müsse er bezahlen, weswegen er den geplanten Ausbau auch für „völlig überzogen und ungerecht“ halte.
Einfach eine Privatstraße daraus machen
Sein Vorschlag: Man solle die Straße weiterhin als Provisorium unterhalten. „Ich persönlich könnte mir vorstellen, mich an den Unterhaltungskosten zu beteiligen, das wäre für mich sicherlich günstiger.“ Seine Leidensgenossen schlugen bereits vor, dass die Stadt den Achternkamp doch an die Grundstücksbesitzer verkaufen könne, damit die eine Privatstraße daraus machen könnten.
Auf Beschluss der Kommunalpolitik im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, hat die Stadt die vorgeschlagenen Alternativen geprüft und durchgerechnet. Etwa die Idee einer Privatstraße. Laut Stadt müssten die Eigentümer dafür eine Gesellschaft zur Verwaltung der Straße gründen. Denn Instandhaltung, Verkehrssicherungspflicht, Reinigung und Winterdienst, Abfallentsorgung, Entwässerung – all das müssten die vier Grundeigentümer selber regeln.
Konkret hieße das zum Beispiel, dass Mülleimer zur Leerung an die nächste öffentliche Straße geschoben werden müssten. Die jetzt noch vorhandene städtische Straßenbeleuchtung am Achternkamp müsste auf Kosten der Grundeigentümer zurückgebaut werden. Und, und, und – am Ende scheint es so, als wäre diese Lösung teurer und aufwendiger als der einmalige Ausbau.
Geflicktes Provisorium statt Vollausbau
Und einfach Instandsetzen? Also alles ein wenig auffrischen? Der geplante Vollausbau als sogenannter Shared Space, also einer verkehrsberuhigten Fläche, die nicht mehr zwischen Straße, Geh- und Radweg unterscheidet, kostet 141.000 Euro und hält 30 Jahre lang, ehe ausgebessert werden müsse, teilt die Stadt mit. Bei der Instandsetzung liegen die Kosten für 140 Meter Achternkamp je nach Qualität zwischen 25.000 (Haltbarkeit fünf Jahre) und über 40.000 Euro (Haltbarkeit zehn Jahre). Danach würde der Ausbau erneut zur Debatte stehen. „Instandhaltungsmaßnahmen werden deswegen von der Stadt nicht befürwortet“, teilt die Stadt dem Verkehrsausschuss mit.
Entsprechend entschied die Politik, dass der bereits geplante Ausbau des Achternkamp als „Shared Space“ für 141.000 Euro brutto in der kommenden Sitzung erneut zum Beschluss vorgelegt werden soll. Es darf damit gerechnet werden, dass sich eine Mehrheit für die Lösung finden wird. Denn auch die Frage der Grundstücksbesitzer nach der Gerechtigkeit und Fairness wird in den Reihen der Politik kontrovers diskutiert.
Fairness: Gleiches Recht für alle
Wie das Abendblatt erfuhr, wird auch argumentiert, dass der Ausbau der Straße die Grundstücke aufwerte. Und diese Grundstücke seien groß. So groß, dass man sie auch teilen und als Baugrundstück verkaufen könnte. „Zu einem Preis, an dem der gezahlte Ausbaubeitrag dann nur noch etwa ein Zehntel ausmache“, sagt ein Stadtvertreter, der sich damit aber nicht namentlich zitieren lassen möchte.
Eine Sonderregelung für die Grundstücksbesitzer am Achternkamp wäre im Übrigen unfair gegenüber all jenen Grundstücksbesitzern in der Stadt, die bisher Ausbaubeiträge bezahlt haben oder ihre Neubauten in Wohngebiete setzten, in denen Erschließungsbeiträge heute ganz selbstverständlich zum Preis der Immobilie dazugehören.