Norderstedt. Verspätung, Zugausfall, Ersatzverkehr: Wir haben uns auf AKN-Bahnsteigen in Norderstedt und Kaltenkirchen mal umgehört.
Streiks der Lokführer, Zugausfälle wegen plötzlicher Krankheitsfälle, Baustellen, die den Fahrbetrieb verzögern oder sogar Schienenersatzverkehr auslösen – das Bahnunternehmen AKN steht zurzeit stark in der Kritik. Das Abendblatt hat sich jetzt mal an den Bahnhöfen in Norderstedt, Kaltenkirchen und Quickborn umgehört, wie zufrieden die Fahrgäste mit dem landeseigenen Bahnbetrieb sind. Das Echo dabei war verhalten bis kritisch.
Es gab nur wenige befragte Fahrgäste, die durchweg zufrieden mit der AKN sind. Viele bemängelten die langen Wartezeiten und Verspätungen, die zu langen Taktverbindungen, die angeblich fehlende Abstimmung der Abfahrtzeiten auf den Umsteigebahnhöfen in Norderstedt oder Ulzburg-Süd. Und auch die fehlenden Toiletten in den Triebwagen sind manchen Fahrgästen ein Ärgernis. Größtes Manko scheint aber wohl die häufige Unpünktlichkeit der AKN-Züge zu sein.
„Pünktlichkeit kann doch nicht so schwer sein?!“
„Ich habe mich jetzt zum Führerschein machen bei einer Fahrschule angemeldet“, sagt Janina Iamandi, die täglich mit der AKN von Kaltenkirchen zur Arbeit nach Quickborn fährt. Sie könne ihrem Arbeitgeber kaum mehr zumuten, dass sie sich ständig entschuldigen müsse, wenn sie zu spät sei, weil sie vorher nicht wissen könne: „Kommt die Bahn oder kommt sie nicht? Dabei zahle ich für ein Ticket.“ Das könne doch nicht so schwer sein, den Fahrplan einzuhalten, fragt sich die junge Frau aus Kaltenkirchen. „Auf den Schienen gibt es doch keine Staus und es geht nur geradeaus!“
Ähnlich äußert sich auch Moad Ahmed, der täglich mit der Bahn von Ellerau nach Hamburg fährt. „Mich stören nicht die Streiks der Lokführer, aber der ständige Busersatzverkehr, was zu Verspätungen führt“, sagt der junge Mann. „Ich hoffe, meine Eltern zahlen mir bald den Führerschein. Dann brauche ich die AKN nicht mehr zu fahren.“
Führerschein machen und raus aus der AKN
Ähnlich geht es dem Ukrainer Dennis Panukhuyk, der oft zu spät zu seinem Sprachkurs nach Hamburg komme, wie er klagt, weil die AKN nicht pünktlich sei. Die etwa gleichaltrige Rumänin Denisa Andreea Ghiorghi, die täglich von Bad Bramstedt über Norderstedt zu ihrem Sprachkurs nach Hamburg mit der Bahn fährt, ist dagegen zufrieden. „Es klappt ganz gut mit der AKN“, sagt sie. Die 14 Jahre alte Schülerin Josefine Mimitz, die jeden Tag von Kaltenkirchen zur Schule nach Norderstedt mit der AKN-Bahn fährt, klagt aber auch über Verspätungen – „eigentlich immer“.
Annett Engel, die gerade in Norderstedt-Mitte rasch in die AKN einsteigt, um mit der Bahn nach Meeschensee zu fahren, findet die Züge „ein bisschen alt“. Die sollten neuer und moderner sein und „weniger Dieselabgase“ verbreiten. „Ich fahre aber nicht so häufig mit der Bahn. Mein Auto ist gerade in der Werkstatt.“
Wunsch nach Toiletten in den Zügen
Silke Stift weist am Bahnhof in Kaltenkirchen auf ein anderes grundsätzliches Problem bei der AKN hin. „Ich wünschte mir Toiletten in den Zügen“, sagt die Frau, die ein paar Mal im Monat Verwandte und Freunde in Bad Bramstedt oder Neumünster besucht. „Gerade bei langen Strecken wären Toiletten für die Fahrgäste von Vorteil.“
Doch Abhilfe werde es dafür nicht geben, erklärt AKN-Sprecherin Maren Brandt auf Nachfrage. „Toiletten gab es bei der AKN nicht, da sie eher als S-Bahn-Verkehr angesehen wurde.“ Zwar sei bei der Bestellung der neuen Lint-54-Fahrzeuge dieses Thema von den Planern „ausgiebig diskutiert“ worden. Doch „die Entscheidung ist dann unter anderem zugunsten von mehr Platz für Fahrgäste, Fahrräder und Kinderwagen gefallen“, erklärt sie.
Bruch kam mit dem Sommerfahrplan
Für Birgit Stender, die angeblich seit 20 Jahren mit der AKN fährt und nun täglich von Ellerau nach Neumünster und zurück unterwegs ist, ist nach eigener Aussage überhaupt nicht mehr zufrieden mit der AKN. „Seit der Fahrplanumstellung im Sommer läuft es nicht mehr rund“, klagt die Bahnpendlerin.
Dominick Grutz, der beruflich oft zwischen Ulzburg-Süd und Kaltenkirchen mit der Bahn fährt, ist dagegen ganz zufrieden mit der AKN. „Gerade die neueren Züge gefallen mir gut.“ Nur, dass er für kurze Strecken wegen der Zonen schon 5,40 Euro zahlen müsse, könne er nicht verstehen.
„Für die Baustellen kann die AKN nichts“
Für die 21-Jährige Kira Kirsch, die von Quickborn aus mit der AKN fährt, stört sich an den Anschlusszeiten in Ulzburg-Süd. „Da wartet die eine Bahn nicht auf die andere. Das ist sehr ärgerlich“, findet die junge Frau. Auch die zuletzt häufigen unregelmäßigen Bahnverbindungen bei der AKN wegen der Baustellen und Schienenersatzverkehre seien unschön. Raissa Lust, die einmal die Woche von Quickborn aus ihre Tochter in Hamburg besucht und dafür die AKN nimmt, kann damit leben. „Ich bin zufrieden. Zwar fährt sie wegen der Baustellen oft nicht so pünktlich“, sagt sie. Aber dafür könne auch die AKN nichts.
Mit diesen Äußerungen konfrontiert sagt AKN-Sprecherin Maren Brandt: „Die Zufriedenheit unserer Fahrgäste steht für uns an erster Stelle. Wir sehen uns als Partner, als feste Instanz für die Menschen in der Region. Alle Einschränkungen oder Störungen im Betrieb bedauern wir und können natürlich die Unzufriedenheit der Fahrgäste verstehen. Sie sind auf einen stabilen ÖPNV angewiesen. Wir arbeiten ständig daran, uns und unseren Service zu verbessern.“
AKN macht 2024 eine Zufriedenheitsumfrage
Im Rahmen eines Qualitätsmanagement-Systems des Verkehrsverbundes Nah.SH und der Eisenbahnverkehrsunternehmen in Schleswig-Holstein würden jedes Quartal die Fahrgäste befragt, erklärt die AKN-Sprecherin weiter. Dabei gehe es um qualitative Aspekte, wie dem Zustand der Züge, zur Information und zur Zufriedenheit mit den Mitarbeitenden in den Zügen, sagt sie. „Eine eigene Umfrage der AKN ist für das kommende Jahr geplant.“
Die Zahl der Beschwerden, die die AKN erreichten, sei „stark schwankend“, sagt Maren Brandt. „Sie ist abhängig von der Stabilität unseres Betriebs. Im dritten Quartal 2023 hatten wir ein Mittel von rund 60 Beschwerden monatlich.“ Im September sei eine Anpassung des bestehenden Fahrplans für die Linie A1 vorgenommen worden, um die Zuverlässigkeit des Fahrplans zu verbessern, erklärt sie weiter. „So können unsere Fahrgäste ihre Fahrten besser planen. Die neue 20-Minuten-Taktung ist auch vor dem Hintergrund der personellen Lage sinnvoll.“
Enge Taktung macht das Warten der Züge aufeinander schwer
Bessere Anschlüsse bei den Verbindungen hätten aber ihre Grenzen, so Maren Brandt. „Das Abwarten von Anschlüssen führt in der Regel zu Anschlussverlusten an anderen Stellen. Insbesondere wird dann der sehr eng getaktete Anschlussknoten in Neumünster gefährdet.“ Zudem würde das Abwarten von Zügen „zur Destabilisierung des Fahrplans führen, vor allem beim 10-Minuten-Takt der Züge. Eine größere Anschlusssicherheit lässt sich nur durch eine merkbare Verlängerung der Reisezeiten realisieren. Das wollen wir vermeiden.“
- Klage von Anwohnern abgeschmettert: S21 darf gebaut werden
- Geisterbahnhof der AKN soll erst für neue S-Bahn 5 in Betrieb gehen
- Fahrplanwechsel: Das ist neu bei Bussen, U-Bahn und der AKN
- AKN-Chef: „Dürfen Vertrauen in den ÖPNV nicht verspielen“
- AKN: Darum fallen auf der A1 und A3 immer die Züge aus
Die aktuelle Elektrifizierung der Strecke von Kaltenkirchen nach Eidelstedt sei zudem ein wichtiges Projekt, das die AKN im Auftrag der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein sowie auf Wunsch der anliegenden Städte und Gemeinden ausführe, so die AKN-Sprecherin. „Während wir uns bemühen, die Unannehmlichkeiten so gering wie möglich zu halten, sind Streckensperrungen und Ersatzverkehre aufgrund dieser Baumaßnahmen leider unvermeidlich.“
Der Schienenersatzverkehr im Rahmen des Projekts S5 laufe weitgehend störungsfrei, so Brandt. „Wir können leider im Rahmen des Ersatzverkehrs nicht die Kapazitäten, Reisezeiten und den Komfort des Bahnverkehrs erreichen. Wir verstehen, dass Wartezeiten, besonders im Winter, eine Belastung darstellen können. Wir sind bestrebt, den Schienenersatzverkehr so effizient und bequem wie möglich zu gestalten und bedauern jegliche Unannehmlichkeiten, die durch Verzögerungen oder Fehler entstehen.“