Norderstedt/Hamburg. Bank geht nach Schließfach-Raub in Berufung gegen Urteil des Landgerichts Hamburg. Was Anwalt Hennemann dazu sagt.
Die Hamburger Sparkasse wird gegen drei Urteile des Landgerichts Hamburg in Berufung gehen. Darin sieht Rechtsanwalt Jürgen Hennemann, der die Gegenseite vertritt, den Versuch, möglichst viele andere Geschädigte zu verunsichern und von einer Klage abzuhalten. Die Strategie der Haspa ziele auf eine Verjährung von Ansprüchen ab.
In Wahrheit sei es der Haspa klar, dass ihre Berufung „nicht die geringsten Obsiegechancen“ hat, sagte Hennemann jetzt dem Abendblatt. Strategisch verfolge sie daher ein „gänzlich anderes Ziel“. Hennmann: „Es ist davon auszugehen, dass noch Hunderte Haspa-Geschädigte das Prozessgeschehen beobachten und ihrerseits noch keine Klage erhoben haben.“
Hennemann weiter: „Folglich sind deren Ansprüche auch noch nicht vor Verjährung geschützt. Erkennbar zielt das Verhalten der Haspa darauf ab, diese auch weiterhin zu verunsichern und von einer verjährungsschützenden Klageerhebung abzuhalten, um auf diese Weise den Untergang einer möglichst hohen Anzahl von Ansprüchen herbeizuführen.“
Landgericht Hamburg hatte die Haspa zu hohen Zahlungen verurteilt
In dem Gerichtsstreit geht es um Geldbeträge, die die Hamburger Sparkasse drei Geschädigten zahlen soll, deren Schließfächer bei einem Einbruch in die Norderstedter Filiale im Jahr 2021 ausgeräumt wurden. Vor wenigen Wochen hatte das Landgericht die Haspa verurteilt, sehr viel mehr Geld zu bezahlen, als sie es zunächst getan hatte. Gegen diese Urteile geht das Geldinstitut nun vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Berufung.
Die Bank war am 29. Juni in allen drei Fällen vor dem Landgericht Hamburg unterlegen. Die zuständige Ziviljustizkammer hatte die Haspa dazu verurteilt, den drei Geschädigten jene Werte zu ersetzen, die sich zum Zeitpunkt des Einbruchs in dem jeweiligen Schließfach befanden – zum Teil sind das sechsstellige Summen. Die Haspa wollte aber höchstens 40.000 Euro bezahlen. Dagegen hatten die Geschädigten, die der Buchholzer Rechtsanwalt Jürgen Hennemann vertritt, geklagt.
Diebe brachen im August 2021 in die Norderstedter Haspa-Filiale ein
Der Einbruch vor zwei Jahren war einer der spektakulärsten Fälle dieser Art in jüngerer Zeit. Bisher unbekannte Täter waren zwischen dem 6. und dem 9. August 2021 in Norderstedt-Mitte mit einem Kernbohrer aus einer über der Bankfiliale gelegenen Wohnung in den Tresorraum eingedrungen. Mehr als 600 Schließfächer wurden ausgeräumt. Im Tresorraum befanden sich etwa 1200 Schließfächer.
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Die Haspa hatte nach dem Einbruch alle 600 Opfer entschädigt – aber mit der Höchstsumme von 40.000 Euro. Diese Haftungsbeschränkung war auch in den Verträgen vermerkt, die die Schließfachbesitzer mit der Bank abgeschlossen hatten.
Nur: Rechtsanwalt Hennemann hatte immer wieder argumentiert, dass der Tresorraum zum Zeitpunkt des Einbruchs nicht ausreichend gesichert gewesen sei. Und dass deshalb auch die Haftungsbegrenzung nicht gelte. Die Haspa hatte hingegen immer wieder beteuert, dass die Sicherungssysteme auf dem neuesten Stand der Technik gewesen seien.
Ziviljustizkammer: Haspa hätte den Tresorraum besser sichern müssen
Letztlich kam die Ziviljustizkammer des Hamburger Landgerichts zu einem ganz ähnlichen Schluss. Die Haspa habe sich einer „Pflichtverletzung“ schuldig gemacht, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Bank hätte den Tresorraum in Norderstedt besser sichern müssen, zumal es in Hamburg-Altona im Oktober 2020 einen ganz ähnlichen Einbruch gab.
Das Gericht verurteilte die Bank deshalb dazu, in den drei Fällen den vollen Schaden zu bezahlen. Das waren Summen von rund 110.000 bis 150.000 Euro. Es ist in der Tat zu vermuten, dass seitdem auch weitere der 600 ehemaligen Schließfach-Kunden mit dem Gedanken spielen, Klage gegen die Haspa einzureichen, um sich die vollständige Entschädigung zu holen.
Und das könnte für die Haspa dann teuer werden. Jürgen Hennemann spricht von einem Gesamtschaden von rund 40 Millionen Euro, die Haspa selbst beziffert den Schaden auf elf Millionen. So oder so: Verliert die Haspa weitere Gerichtsverfahren, könnten Millionenzahlungen auf sie zukommen. Der Verdacht ist nun, dass die Bank mit der Berufung nur auf Zeit spielt und dadurch den Schaden minimieren will.
Haspa betont noch immer, dass die Sicherheitstechnik ausreichend gewesen sei
Offiziell bleibt das Geldinstitut auch nach dem Urteil des Landgerichts bei seinem alten Standpunkt, dass die Sicherungssysteme auf dem aktuellen Stand der Technik gewesen seien. So hieß es in einer Mitteilung der Haspa: „Der für uns nicht nachvollziehbare Vorwurf, dass die in der Filiale verbaute Sicherheitstechnik nicht ausreichend gewesen sei, ist einer der Hauptgründe für unsere Berufungen. Bei dem verbauten Bewegungsmelder handelt es sich um ein Produkt der höchsten Sicherheitsklasse.“
Jürgen Hennemann sagt hingegen: „Ebenso wenig wie ein Gartenstuhl der höchsten Komfortklasse auf Dauer vor Rückenbeschwerden schützt, gilt dies für einen einzelnen Bewegungsmelder zum Schutz einer Tresoranlage mit insgesamt 1200 Wertschließfächern im Gesamtwert von etwa 70 bis 80 Millionen Euro. Dies gilt umso mehr, wenn ein solcher einzelner Bewegungsmelder der angeblich höchsten Sicherheitsklasse bereits Monate zuvor bei einem Einbruchversuch in die Altonaer Haspa-Filiale versagt hatte.“