Norderstedt. Beliebtes Ausflugsziel seit Monaten geschlossen. Pächter fordert Politik auf, zu helfen. Warum diese das nicht will.

Wenn zwei sich streiten, muss dann ganz Norderstedt akzeptieren, dass eines der beliebtesten Ausflugsziele der Stadt monatelang ungenutzt geschlossen bleibt? Anscheinend. Denn das Strandhaus im Stadtpark Norderstedt ist seit Monaten geschlossen.

Kein Kaffeetrinken, keine After-Work-Partys, keine Lesungen oder Konzerte, geschweige denn Hochzeiten oder Privat- und Firmenfeiern. Das alles, weil sich der Eigentümer, die Stadtwerke Norderstedt, und die Pächter des Strandhauses seit Monaten vor Gericht streiten. Die Stadtwerke wollen den Betreiber loswerden – dieser wiederum will sich nicht kampflos vertreiben lassen. Der mögliche Betrieb abseits der juristischen Auseinandersetzungen ist auf Eis gelegt. Eine Lösung im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer des Stadtparks, die „ihr“ Strandhaus vermissen, wurde bisher nicht gefunden

Stadtpark Norderstedt: Strandhaus-Zoff – Wer bereitet dem Trauerspiel ein Ende?

Nach dem jüngsten Urteil des Kieler Landgerichts fordert der kaufmännische Leiter des Strandhauses nun die Norderstedter Politik auf, im Strandhaus-Streit zu schlichten – weil er selbst offenbar nicht weiter weiß. „Die Politik muss als Mediator fungieren“, fordert Christoph Clauß. „Wenn alles so bleibt wie jetzt, zerfällt das Strandhaus irgendwann.“

Zwei Gäste posieren vor dem Strandhaus. Sie können nicht verstehen, dass die Gastronomie im Norderstedter Stadtpark wegen eines Streits mit den Stadtwerken geschlossen ist.
Zwei Gäste posieren vor dem Strandhaus. Sie können nicht verstehen, dass die Gastronomie im Norderstedter Stadtpark wegen eines Streits mit den Stadtwerken geschlossen ist. © Dennis Schack

Doch die Norderstedter Fraktionen der Stadtvertretung sehen sich in der Rolle des Vermittlers nicht richtig aufgehoben. „Wir sind die Stadt und damit auch die Stadtwerke“, sagt Marc Muckelberg, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Norderstedt. „Der Sachverhalt wurde uns im Stadtwerkeausschuss transparent dargelegt. Wir kennen alle Details. Wir können nicht neutral sein.“ Eine Mediation hält Muckelberg dennoch für eine gute Idee. „Aber Mediator kann nicht die Politik sein.“

Norderstedter Politik sieht sich als nicht neutral im Streit

Hier würden sich zwei Geschäftspartner streiten. „Das muss unter Verschluss geklärt werden“, sagt Miro Berbig, Chef der Fraktion Die Linke. Er hält den ganzen Fall für „tragisch“, aber damit habe die Politik erst einmal nichts zu tun. Jedoch sagt Berbig auch: „Den Pachtvertrag um so eine lange Zeit zu verlängern, war absurd.“

Grünen-Fraktionschef Marc Muckelberg hält den Strandhaus-Streit im Norderstedter Stadtpark nicht für eine Angelegenheit der Politik.
Grünen-Fraktionschef Marc Muckelberg hält den Strandhaus-Streit im Norderstedter Stadtpark nicht für eine Angelegenheit der Politik. © Michael Schick

Auch die SPD-Fraktion möchte sich aus dem Streit heraushalten. „Ich glaube, das ist nicht unser Job“, sagt der Fraktionsvorsitzende Nicolai Steinhau-Kühl. Für ihn gibt es nur zwei Wege, das Problem zu lösen: „Entweder raufen sich beide Seiten zusammen und finden eine gemeinsame Lösung – oder sie streiten weiter vor Gericht.“ Einen Mediator hält Steinhau-Kühl für durchaus sinnvoll. „Aber der Erfolg hängt davon ab, wie groß die Bereitschaft auf beiden Seiten ist.“

Norderstedter FDP: Muss Weg außerhalb des Gerichts geben

Reimer Rathje, Fraktionsvorsitzender von Wir in Norderstedt (WiN), möchte die Situation gemeinsam mit Werkleiter Jens Seedorff hinter verschlossenen Türen erörtern. Öffentlich möchte er sich erst einmal nicht dazu äußern. Nur so viel: „Sicherlich muss eine Lösung gefunden werden.“ Tobias Mährlein von der FDP ist der Meinung, dass es zu einer Einigung außerhalb des Gerichts kommen muss: „Immer weiter Prozesse zu führen, kann nicht die Lösung sein. Man muss sich zusammensetzen.“

WiN-Fraktionschef Reimer Rathje möchte mit Werkleiter Jens Seedorff ein Gespräch hinter verschlossenen Türen führen.
WiN-Fraktionschef Reimer Rathje möchte mit Werkleiter Jens Seedorff ein Gespräch hinter verschlossenen Türen führen. © Michael Schick

AfD-Fraktionschef Sven Wendorf spricht sich dafür aus, unabhängige Fachleute hinzuzuziehen, die zwischen den Stadtwerken und den Strandhaus-Pächtern vermitteln könnten. „Ich habe schon vor einem halben Jahr den Vorschlag gemacht, einen Mediator zu beauftragen“, sagt Wendorf. Er hält den jetzigen Zustand für „nicht haltbar“.

Für große Festlichkeiten im Strandhaus wie Hochzeitsfeiern seien viele Menschen aus der Umgebung nach Norderstedt angereist, hätten in Hotels geschlafen und wären in Restaurants essen gegangen. „Dem Norderstedter Gewerbe entgeht Umsatz. Das sollte ein Anreiz sein, um eine schnelle Lösung zu finden“, meint Wendorf.

Strandhaus ist geschlossen – Tagesgeschäft sei nicht wirtschaftlich

Zum Hintergrund: Seit mehr als zwei Jahren streiten sich die Stadtwerke Norderstedt mit den Pächtern des Strandhauses, an die sie ihre Räumlichkeiten am See vermietet haben. Wegen einer Uneinigkeit über das gastronomische Angebot im Norderstedter Stadtpark hätten die Stadtwerke im Herbst 2020 den Betreibern gerne den Pachtvertrag gekündigt – doch dieser wurde kurz vorher um 20 Jahre plus Option auf weitere zehn Jahre verlängert. Eine Kündigung war unwirksam.

Strandhaus Norderstedt, Christoph Clauß und Geschäftsführerin Janett Farhadi wollen im Strandhaus bleiben.
Strandhaus Norderstedt, Christoph Clauß und Geschäftsführerin Janett Farhadi wollen im Strandhaus bleiben. © Schulze | Frank Schulze

Ihr eigener Mitarbeiter, Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen, hatte den Vertrag eigenmächtig und ohne Wissen seines Arbeitgebers neu aufgesetzt. Er musste daraufhin das Unternehmen verlassen.

Stadtpark Norderstedt: Strandhaus-Pächter würden Vertragslaufzeit halbieren

Seitdem haben sich Pächter und Vermieter unzählige Male vor Gericht getroffen. Aktueller Stand des Streits: Private Veranstaltungen im Strandhaus müssen von den Stadtwerken genehmigt werden – was sie aktuell nicht tun. Laut Christoph Clauß hätten die Strandhaus-Betreiber den Stadtwerken zuletzt angeboten, die Vertragslaufzeit zu halbieren und den Pachtzins zu erhöhen.

Das Tagesgeschäft allein halten wiederum die Betreiber für nicht wirtschaftlich. Das Ergebnis: Die Gastronomie ist dicht. Hier kann derzeit weder gefeiert noch Kaffee getrunken werden.