Norderstedt. Pächter und Stadtwerke liegen im Clinch – darunter leiden alle, die in der Location feiern wollten. Nach Gerichts-Urteil fallen 60 Partys aus.
Womöglich könnte es die nächsten 30 Jahre verdammt ruhig im Strandhaus am Norderstedter Stadtparksee werden. Die Pächter der beliebten Hochzeitslocation dürfen keine privaten Veranstaltungen mehr ausrichten, ohne dass sie von den Stadtwerken Norderstedt als Vermieter geduldet werden.
Das hat das Landgericht Kiel entschieden. Das Strandhaus hatte versucht, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, um bereits geplante, aber nicht genehmigte Feiern doch noch durchführen zu dürfen. Der Versuch scheiterte.
Strandhaus-Zoff in Norderstedt: Was wird aus der Location?
Damit dürfte klar sein: Der Mietvertrag mit den Betreibern des Strandhauses läuft zwar noch 30 Jahre, doch weitere Hochzeits-, Geburtstags- und Firmenpartys wird es unter den jetzigen Pächtern wohl erst einmal nicht geben. Das Verhältnis zu den Stadtwerken ist inzwischen so beschädigt, dass diese die Veranstaltungen voraussichtlich nicht dulden werden. Was aber wird dann aus der schönen Location im Stadtpark? Bleibt sie weitestgehend ungenutzt? „Stand jetzt wird das Strandhaus die nächsten 30 Jahre leer stehen“, sagt Christoph Clauß, kaufmännischer Leiter des Strandhauses.
Zum Hintergrund: Schon seit eineinhalb Jahren tobt ein Streit zwischen dem Strandhaus-Team und den Stadtwerken Norderstedt. Im September 2020 hat das städtische Unternehmen den Mietvertrag mit dem Pächter wegen einer Uneinigkeit über das gastronomische Angebot im Stadtpark gekündigt. Das Strandhaus ist gegen die Kündigung gerichtlich vorgegangen. Während der rechtlichen Klärung haben Stadtwerke und Pächter im März des vergangenen Jahres einen Vergleich vor dem Landgericht Kiel geschlossen, der hält fest, dass bestimmte, bereits vereinbarte Feiern durchgeführt werden dürfen. Diese wurden in einer Liste dokumentiert. Sie enthält 75 Veranstaltungen für die Jahre 2021, 2022 und 2024. Damit sollte verhindert werden, dass unschuldige Dritte in den Streit hineingezogen werden.
Strandhaus-Pächter nahmen weiter Partybuchungen an
Nun gibt es allerdings doch Brautpaare, die kurz vorher erfahren müssen, dass ihre Traumhochzeit im Strandhaus aller Wahrscheinlichkeit nach platzt. Die Betreiber haben über die gerichtliche Vereinbarung hinaus weitere Veranstaltungen angenommen. Rund 60 Hochzeitspaare und vereinzelt Geburtstagskinder und Firmenchefs haben ihre Partys in der Stadtpark-Gastronomie gebucht und Verträge unterzeichnet – nun drohen sie auszufallen. Entgegen der Stadtwerke behaupten die Pächter, dass sie sich in den vergangenen zehn Jahren nie eine Veranstaltung hätten genehmigen lassen müssen. Vielmehr sei es gängige Praxis gewesen, gebuchte Termine in einer WhatsApp-Gruppe anzukündigen. Diesem Chat gehörte in der Vergangenheit auch Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen an. Doch dieser ist seit Anfang 2021 kein Mitarbeiter der Stadtwerke mehr. Swaen musste nach 26 Dienstjahren seinen Posten räumen, weil er den Pachtvertrag mit den aktuellen Betreibern des Strandhauses um 20 Jahre plus Option auf weitere zehn Jahre verlängert hat – ohne Wissen seines Arbeitgebers.
Laut eigener Aussage hat das Strandhaus Termine weiterhin in die besagte WhatsApp-Gruppe geschickt. Wer und ob jemand das Diensthandy von Ruud Swaen übernommen hat, ist allerdings unklar. Die Stadtwerke haben dem Strandhaus eine extra eingerichtete E-Mail-Adresse mitgeteilt, um darüber Veranstaltungen künftig anmelden zu können. In dem Postfach liegen bis heute keine Anträge für weitere Feiern vor, sagen die Stadtwerke.
Dass das Unternehmen die etwa 60 unangemeldeten Veranstaltungen doch noch genehmigen wird, ist unwahrscheinlich. Konkret wollte sich Stadtwerkesprecher Oliver Weiß nicht äußern. Nur so viel: „Die bereits bestehende und im März 2021 vor dem Landgericht Kiel vereinbarte Liste bleibt für uns maßgeblich.“ Alle gebuchten Termine darüber hinaus dürften hinfällig sein.
Strandhaus in Norderstedt: Stadtwerke arbeiten an Kündigung
Das Strandhaus-Team ist nun bemüht, die verärgerten Kunden anderweitig unterzubringen. „Ich habe mich über Ostern mit etwa 30 Paaren getroffen und ihnen Alternativlocations angeboten“, berichtet Christoph Clauß. Als Alternativen stünden das Seehaus Hamburg an der Außenalster und das Bootshaus Alster am Ballindamm zur Verfügung. „20 Paare haben schon zugesagt. Immer mit der Option, zurück ins Strandhaus zu kehren, sollte dort doch gefeiert werden dürfen. Unser oberstes Ziel ist erst einmal, dass alle ein Dach über dem Kopf haben.“ Abschreiben wollen die Pächter das Strandhaus aber noch nicht. „Wir kämpfen weiter vor Gericht“, betont Christoph Clauß. Gegen das Urteil des Landgerichts Kiel wollen die Pächter Widerspruch einlegen. Dann käme es erneut zu einer mündlichen Verhandlung.
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Diverse Male haben die Stadtwerke versucht, die im Mai 2020 von Ruud Swaen unterzeichnete Vertragsverlängerung unwirksam zu machen – bisher ohne Erfolg. Aufgeben wollen sie genau wie das Strandhaus aber nicht. Zuletzt haben sie gegenüber den Pächtern eine außerordentliche fristlose „Verdachtskündigung“ ausgesprochen. Der Grund: Die Stadtwerke hatten im Januar 2022 die „Formwirksamkeit“ der Verlängerung beanstandet. Daraufhin präsentierte das Strandhaus erstmals eine weitere, von Swaen unterzeichnete Fassung – ohne die kritisierten Mängel. Die Stadtwerke unterstellen den Pächtern nun, das Dokument gefälscht zu haben. Das Verfahren läuft noch.
Sollte das Gericht den Stadtwerken zustimmen, wären sie den ungeliebten Mieter los. Wenn nicht, dann dürfte das beliebte Strandhaus den Großteil der nächsten drei Jahrzehnte brach liegen.